BI gegen Geothermie zieht Bilanz
Die Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie im südlichen Oberrheingraben will eine grenzüberschreitende Anlaufstelle beantragen, an die sich Bürger im Schadensfall wenden können. Den Fortgang der verschiedenen Projekte am Rhein will man weiter aufmerksam beobachten und weitere Nadelstiche setzen.
»Es war ruhig – fast zu ruhig.« So fasste Goldscheuers Ortsvorsteher Richard Schüler, Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie im südlichen Oberrheingraben, bei der Hauptversammlung am Freitag in der »Kulturfabrik« die Lage zusammen.
Diese Einschätzung gilt aber nur für die Entwicklung auf der deutschen Seite. Das Landesbergamt hat zwar als Konsequenz aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Frühjahr 2015 eine Umweltverträglichkeits-Vorprüfung für die geplanten Probebohrungen bei Goldscheuer eingeleitet. Das Ergebnis steht jedoch nach wie vor aus. Derweil ist die Genehmigung für die Probebohrungen zum 31. Dezember 2014 abgelaufen. Der Rechtsbeistand der Stadt Kehl, Werner Forkel, hatte daher die Klage der Stadt Kehl umgestellt und beantragt nun, die Unwirksamkeit des Zulassungsbescheids für die Probebohrungen festzustellen. Doch auch hier sei nicht absehbar, wann es zu einem Ergebnis kommt, so Schüler: Das Verwaltungsgericht Freiburg halte sich sehr bedeckt.
Auf der Hut
Funkstille auch in Landau: Das dortige Geothermie-Kraftwerk ist seit März 2014 nach verschiedenen, vermutlich durch austretendes Thermalwasser verursachten Bodenhebungen außer Betrieb. Die Betreiberfirma, die zu 90 Prozent im Besitz der Daldrup & Söhne AG ist, die auch bei Goldscheuer bohren will, arbeite jedoch daran, das Kraftwerk wieder anzufahren, berichtete BI-Vize Hans Roser. Es gelte daher die Entwicklung weiter aufmerksam zu beobachten.
Umso mehr tut sich auf der anderen Rheinseite, berichtete Jean Daniel Braun, Chef der Association de Défense des Intérêts de la Robertsau (ADIR), die unter anderem den Widerstand gegen die Bohrungen im Straßburger Ölhafen organisiert hat. Die zuständige Präfektur hat dieses Projekt zwar abgelehnt; dafür jedoch sind andere Projekte genehmigt. Laut Braun will die Electricité de Strasbourg (EDS) Anfang 2017 bei Illkirch-Graffenstaden zu bohren beginnen. Auch die Bohrungen bei Eckbolsheim sind bewilligt; allerdings hat die benachbarte Gemeinde Oberhausbergen dagegen Klage eingereicht.
Auch bei Reichstett im Straßburger Norden soll gebohrt werden – obwohl auch hier, ähnlich wie im Straßburger Ölhafen, gefährliche Schadstoffe im Boden schlummern. Und schließlich ist das Geothermie-Kraftwerk in Soultz-sous-Forêts inzwischen keine Forschungsanlage mehr, sondern hat den regulären Betrieb aufgenommen. Tiefen-Geothermie gelte in Frankreich als Zukunftstechnologie, so Braun; entsprechend intensiv laufe die Lobby-Arbeit der Firmen, die damit ihr Geschäft machen wollen, bei den Politikern und Behörden.
Für neue Anlaufstelle
Auch in Deutschland dürfte Tiefen-Geothermie weiter lukrativ bleiben, glaubt Roser. Denn die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sehe keinerlei Einschränkungen bei der Förderung von Geothermie-Strom vor. Damit können Betreiber von Anlagen, die bis 2019 die erforderlichen Bohrgenehmigungen erhalten haben, weiter mit hohen garantierten Einspeisevergütungen rechnen.
Die Risiken bleiben aus Sicht der BI also weiter bestehen – und eine Lösung der Streitfälle etwa in Landau ist nicht in Sicht. Die BI will daher nun beantragen, eine grenzüberschreitende Anlaufstelle zu schaffen, an die sich Bürger im Schadensfall wenden können. Dafür, schlug Richard Schüler vor, will man auch den Oberrheinrat einschalten.
Es bestehe jedenfalls kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen, meinte Hans Roser: Die BI müsse informieren und klar machen, dass sie »weiterhin da ist«. Auch die Kooperation mit der ADIR will die BI weiter intensivieren.
BI setzt auf bewährtes Team
Die Führungsmannschaft der BI für die nächsten zwei Jahre weitgehend unverändert. Richard Schüler wurde als Vorsitzender ebenso wiedergewählt wie seine Stellvertreter Ralf Kuderer (Altenheim), Amalie Lindt-Herrmann (Eckartsweier), Hans Roser (Goldscheuer) und Arno Wolter (Schutterwald). Bestätigt wurden auch Schatzmeister Stefan Blank und dessen Stellvertreterin Reinhilde Roth sowie Schriftführerin Doris Schlenstedt und Gerhard Hügel. Lediglich bei den Beisitzern gab’s ein kleines Stühlerücken. Ausgeschieden sind Bernd Stocker, Erwin Domhan, Volker Mehne und Florian Meyer. Neu im erweiterten Vorstand sind Roland Rück und Klaus Huber. Bestätigt wurden Thomas Hagmeier, Manfred Kruss, Uli Meyer, Christine Muser, Heinz Rith und Jochen Strosack.