Burkini-Streit: Schlagabtausch zwischen Tömmes und Müll
Die Diskussion um die umstrittene Burkini-Abstimmung im Gemeinderat ist noch nicht zu Ende: In offenen Briefen werben Auenheims Ortsvorsteherin Sanja Tömmes auf der einen und die versammelte SPD-Gemeinderatsfraktion auf der anderen Seite für ihre Positionen.
Der Kehler Gemeinderat hat sich bei seiner jüngsten Sitzung gegen ein Verbot von Burkinis in öffentlichen Bädern ausgesprochen (die Kehler Zeitung berichtete in ihrer Pfingstausgabe). Die Abstimmung sorgt weiter für Diskussionen. Nachdem sich zuletzt zahlreiche Leserbriefverfasser zu Wort gemeldet hatten und Hunderte Kommentare bei Facebook abgegeben worden waren, äußerten sich gestern die Auenheimer Ortsvorsteherin Sanja Tömmes sowie die SPD-Fraktion des Kehler Gemeinderats in Form offener Briefe zur Debatte.
Tömmes, deren Ortschaftsrat sich im Zusammenhang mit der Neufassung der Bäderordnung einstimmig gegen Burkinis ausgesprochen und in der Folge im Gemeinderat um Unterstützung geworben hatte, legt in ihrem Schreiben, mit dem sie sich an ihre »Auenheimerinnen und Auenheimer« richtet, noch einmal ihre Beweggründe dar: »Im Winter kam es im Kehler Hallenbad zu der Situation, dass der verantwortliche Bademeister entscheiden musste, ob er einer Burkiniträgerin das Baden erlauben darf. Diese Entscheidung ist auf Grund einer fehlenden klaren Anweisung durch die Bädersatzung nicht möglich. Sicher gibt es Burkinis, die aus dem gleichen Stoff wie Badeanzüge sind, doch leider ist für das verantwortliche Bäderpersonal nicht sofort ersichtlich, ob der Burkini die stofflichen Voraussetzungen erfüllt [und] unter dem Burkini Unterwäsche etc. getragen wird.«
Wiederholt macht Tömmes darauf aufmerksam, dass es ihr und dem Ortschaftsrat nur um Fragen der Hygiene und der Wasserqualität gegangen sei. Man habe »zukünftigen Problemen vorbeugen« wollen. »Es war dem Gremium bewusst, dass diese Entscheidung zu heftigen Diskussionen führen wird. Gerade in Bezug auf Badeshorts, die bisher verboten waren und weiterhin verboten sind.« Dass der Gemeinderat dem Votum des Ortschaftsrats nicht gefolgt ist, bedauert Tömmes, mehr noch: »Was für eine Ohrfeige für den Auenheimer Ortschaftsrat!«, schreibt die Lokalpolitikerin auf ihrer Facebook-Seite. Dass es Oberbürgermeister Toni Vetrano nicht einmal zu einer Abstimmung habe kommen lassen, kommentiert sie dort mit gleich drei Ausrufezeichen.
Ärger auch um Shishas
Außerdem verteidigt die Ortsvorsteherin die Empfehlung des Ortschaftsrats, ein Shisha-Verbot in Freibädern auszusprechen; Hintergrund ist laut Tömmes der »Trend zum Shisha-Rauchen« gerade bei Jugendlichen. Aus den Wasserpfeifen stammendes Kohlegut sei häufig auf der Liegewiese entsorgt worden: »Verbrennungsgefahr für andere Badegäste«. Der Gemeinderat folgte hier grundsätzlich dem Votum des Ortschaftsrats, erweiterte das Verbot aber auf das Rauchen an sich.
»Wir leben in einer Stadt, die trotz des einen oder anderen Problems, mit seinen professionellen und vielen ehrenamtlichen Helfern eine beispielhafte Integrationsarbeit leistet. Wir sind eine bunte Stadt [...]«, schreibt die Kehler SPD-Fraktion in ihrem offenen Brief. »Die Diskussion um das Randproblem ›Burkini in Kehler Bädern‹ zeigt auf Grund der Emotionalität, mit der sie geführt wird, dass es trotz der guten Arbeit, die schon geleistet wurde, noch viele Barrieren in den Köpfen von Bürgern, Gemeinderäten und Ortschaftsräten zu überwinden gilt. Barrieren, die zu Mauern werden können, die aussperren anstatt zu integrieren«, sind die Unterzeichner, allen voran der Fraktionsvorsitzende Werner Müll, überzeugt.
»Burkinis sind anerkannte Badekleidung. Nichts deutet derzeit darauf hin, dass es wegen der Burkinis zu hygienischen Problemen in den städtischen Bädern kommt. Deshalb halten wir die hygienischen Argumente vorgeschoben. Die SPD-Fraktion geht davon aus, dass hinter dem Antrag (gestellt durch Klaus Heß von den Freien Wählern, Anm. d. Red.) auf ein Verbot von Burkinis in den Bädern der Stadt Kehl, weltanschauliche Gründe stehen.«
Müll und seine Fraktionskollegen Markus Sansa, Hans-Jürgen Sperling, Erwin Domhan, Heinz Faulhaber, Wolfram Britz und Patric Jockers machen auf die besondere Situation Kehls als Grenzstadt aufmerksam, in der nach Ende des Zweiten Weltkriegs »Ressentiments, Mauern, Grenzen abgebaut beziehungsweise gefallen sind«. Dass in Kehl so viele Nationalitäten friedlich zusammenlebten, sei »ein hohes Gut, das wir bewahren und weiterentwickeln müssen. Zurück zur Ausgrenzung, wie es die Antragsteller mit dem Burkiniverbot bezwecken, ist für uns keine Option.«