Serie "25 Jahre Centrum am Markt"

Das Alte Gymnasium

Klaus Gras
Lesezeit 4 Minuten
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13. Dezember 2016
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Fast 100 Jahre stand das Schulgebäude hinter der Friedenskirche in der Stadtmitte, als in Kehl in den 80er-Jahren heftig diskutiert wurde, was was auf dem Gymnasiumsge- lände passieren soll. ©Archiv

Seit 25 Jahren gibt es das »Centrum am Markt« in Kehl. Das Geschäfts- und Wohnhaus mit Tiefgarage wurde am 7. Dezember 1991 eingeweiht. Allerdings war seit 1983 diskutiert worden, was auf dem Areal »Marktplatz Nord« mit dem alten Gymnasium passieren soll. In unserer Serie blicken wir auf die Ereignisse zurück. Heute: Das alte Gymnasium und seine bewegte Historie.

Das Kehler Einstein Gymnasium ist bereits 46 Jahre an der Vogesenallee. Nach nur 21 Monaten Bauzeit konnten die Gesamtkosten von knapp unter 5 Millionen Mark eingehalten werden. Aber in welchem Schulhaus waren die Schüler vor 1970?
Die Überlegungen zu einem Schulstandort reichen bis ins Jahr 1815 zurück. In dieser Zeit wurde die Kehler Festung geschleift, und es musste eine neue Stadt entstehen. Zum kulturellen Mittelpunkt einer Stadt gehörten neben Kirche, Rathaus und Markt auch ein neues Schulhaus für eine höhere Schule, so plante der Karlsruher Friedrich Weinbrenner.

1894 wurden die vierklassige Bürgerschule und eine sechsklassige Realschule gegründet. 1897 wurde auf dem Areal des jetzigen »Centrum am Markt« ein neues zweistöckiges Gebäude hinter der damaligen Simultankirche gebaut. 1906 klagte der Schulleiter über unhaltbare Zustände, da es zu wenig Schulräume gab. 1907 begannen die Arbeiten für eine Erweiterung. Die Schule wurde um ein Stockwerk erhöht. Im Ersten Weltkriegs diente das Schulgebäude als Lazarett. Danach nannte sich die Schule »Oberrealschule«, mit einem Abitur als Abschluss. 1937 erhielt die Oberrealschule den Namen »Erwin-von-Steinbach-Schule«, benannt nach dem Erbauer der Westfassade des Straßburger Münsters. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Schule  in »Hanauer Schule« umbenannt. Nach der Rückgabe der Stadt Kehl im Jahr 1952 und danach blieb die Schule namenlos und nannte sich einfach »Gymnasium Kehl«. Gestartet wurde der Unterricht mit vier Klassen der früheren Oberrealschule. Das erste Abitur der Nachkriegszeit legten 1957 insgesamt 17 Schüler ab. Kontinuierlich wurde auf- und ausgebaut bis 1970.

Nach Fertigstellung des Neubaus an der Vogesenallee 1970 begann die Namenssuche. 17 Namen  standen zur Auswahl und im Stadtrat gab es schier endlose Diskussionen. Am 13. Juli 1970 war es soweit: Mit 13:5 Stimmen wurde beschlossen, das neue Gymnasium solle »Albert-Einstein-Gymnasium« heißen. 

Spannend ist, dass sich das Gremium zuvor mit 15:2 Stimmen für den Namen »Wernher-von-Braun-Gymnasium« ausgesprochen hatte. Doch mit Schreiben vom 26. Juni 1970 lehnte von Braun diese Ehrung ab. Begründung: Man solle von solchen Ehrungen für ihn absehen, solange er noch aktiv in der Raumfahrt tätig sei.

Der Kehler Manfred Hohmann, Abiturjahrgang 1962, erinnert sich noch gut an den Sportunterricht. Am alten Gymnasium gab es keine Gelegenheit, Sport zu treiben. »Wir mussten auf das Gelände des Kehler Fußballvereins laufen, das befand sich in der heutigen Straße ›Am alten Sportplatz‹ in Richtung Friedhof«, erzählt er. »Im Winter mussten wir in die Jahnhalle der Kehler Turnerschaft, die sich heute noch in der Oberländerstrasse befindet.«
Weiter erinnert sich Hohmann an die Abschlussfeiern. Eine Aula gab es im Gymnasium nicht. So wurde kurzerhand der Kinosaal des Union-Theaters in der Kinzigstraße in einen Festsaal verwandelt, wie Sieglinde Metzler noch sehr gut weiß. Der Abiturjahrgang 1962 war dann der erste, der in der neu errichteten Stadthalle feiern durfte.

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Schulhof zu  klein

In einem Rechenschaftsbericht des Schulleiters Lüder von 1959 ist zu lesen: »Musikalische Veranstaltungen konnten im Festsaal der benachbarten Gewerbeschule und auch im neu erbauten Versammlungsraum der evangelischen Gemeinde durchgeführt werden. Aufführungen im kleineren Rahmen fanden auch im geräumigen Zeichen- oder Musiksaal der Schule selbst statt.«

Der Schulhof hinter dem Hause war so klein, dass er nur von den Schülern der Unterstufe benutzt werden konnte. Der Platz vor dem Haus diente der Tertia; Sekundaner und Primaner dagegen durften sich von der Schule entfernen und die Wege um die Kirche herum begehen. Bereits 1960 kam ein Drittel aller Schüler aus den Landgemeinden, bei insgesamt 261 Schülern (106 Mädchen und 155 Jungen).

Nach dem Umzug des Gymnasiums an die Vogesen­allee diente das alte Schulhaus bis 1984 als Unterkunft für die »Hilfsschule«, so nannte sich diese Schuleinrichtung, später Sonderschule und heute »Albert-Schweitzer-Förderschule«. Der Neubau für die »Albert-Schweitzer-Schule« wurde 1984 im Baugebiet »Niedereich« bezugsfertig. Noch heute gibt es zwei Trinkbrunnen in der Förderschule, die vom alten Gymnasium stammen und somit eine Verbindung zum ehemaligen Schulgebäude an der Schulstraße darstellen.

1989 wurde das alte Gymnasium abgerissen. Das alte Eingangsportal wurde auf Bitten der Schule und der Vereinigung der ehemaligen Kehler Ober­realschüler und Gymnasiasten zunächst auf dem Bauhof aufbewahrt und später am »Einstein-Gymnasium« an der Vogesenallee aufgestellt. Wie einem Artikel von Fritz Godenschwege in der Broschüre »100 Jahre Gymnasium Kehl« zu entnehmen ist, haben erst 1995, also im Jubiläumsjahr, Mitglieder des Elternbeirats das Thema »Altes Portal vom alten Gymnasium« wieder angestoßen. Mit Sponsoren aus dem Ehemaligenkreis und Kehler Firmen beschloss die Schulkonferenz die Aufstellung als Eingangstor an der Vogesen­allee. Dort steht es noch heute – das einzige Zeugnis vom alten Gymnasium Kehl!

Stichwort

Ausgezeichneter Unterricht

In der Broschüre zur 100-Jahr-Feier 1995 des Gymnasiums in Kehl zitiert Fritz Godenschwege, ehemaliger Lehrer am »Einstein«, einen Brief einiger mutiger, frecher und anspruchsvoller Schüler an den Englischlehrer:
»Mit diesem Schreiben möchten wir sie weder schädigen noch reizen oder verärgern: Bei uns ist der gute Wille vorhanden, mit Ihnen und nicht gegen Sie zu arbeiten. Wir alle wollen und müssen Englisch lernen. Sie haben letzte Woche eine ausgezeichnete Unterrichtsstunde abgehalten. Beweisen Sie uns, dass Sie das immer können und wir werden mehr als dankbar sein. Wir wünschen von Ihnen: 
1. gerechtere Notengebung in Klassenarbeiten, 2. weniger persönliche Beleidigungen im Englischunterricht, 3. keine Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Schüler/innen, 4. Einhaltung der Satzung und Konferenzbeschlüsse, 5. Mitbestimmung und Mitgestaltung des Unterrichts.«
Und dieses Schreiben datiert aus dem Jahre 1972. Wäre dies heute noch aktuell? 

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