Gemeinderat : Anträge der Fraktionen zum Doppelhaushalt
Die Fraktionen haben am Mittwochabend im Gemeinderat ihre Änderungsanträge zum Doppelhaushalt 2017/18 gestellt. Dabei gab es Kritik an die Adresse der Verwaltung, des Oberbürgermeisters und des Baubürgermeisters
Bei der Einbringung des Doppelhaushaltes 2017/18 im Dezember hatte OB Vetrano angekündigt, die »Reißleine« zu ziehen: Wegen der Personalnot im Rathaus sollen Projekte zeitlich »gestreckt« oder verschoben werden, so der OB.
CDU-Fraktionschef Richard Schüler bezeichnete es im Gemeinderat als »nicht diskutabel«, einerseits den zeitlichen Rahmen von längst beschlossenen Kindergarten-Vorhaben in Frage zu stellen, andererseits neue Projekte in Millionenhöhe wie das Radhaus und die Mediathek nachzuschieben. Schüler kritisierte die Kommunikation zwischen der Verwaltung und den Ortschaften bei der Entwicklung des Haushaltes: »Ein Meinungsaustausch mit Ergebnisfindung findet nicht mehr statt.« Was von den Anmeldungen der Ortschaften übrig geblieben sei, würden die Ortsvorsteher beim Gespräch mit dem Kämmerer erfahren. Hier gelte es künftig, ein für alle Beteiligten, auch für den Gemeinderat, »verständliches Verfahren« anzubieten.
Kritische Töne
Kritik gab es ebenfalls von SPD-Fraktionssprecher Werner Müll: »Wenn der Gemeinderat in Abstimmung mit der Verwaltung Projekte beschließt und diese in den Haushalten finanziert, darf der Gemeinderat davon ausgehen, dass diese Projekte durch die Verwaltung leistbar und in einem zeitlichen Kontext umsetzbar sind.« Hierfür seien der OB und der Baubürgermeister verantwortlich. Die SPD-Fraktion beantragte, dass Projekte wie die Josef-Guggenmos-Schule, die Kindergärten in Auenheim und Zierolshofen, der zweite Rettungsweg der Grundschule Auenheim, die Entwicklung des Kindergartens und des Werkrealschulgebäudes in Bodersweier sowie die Fortschreibung des Flächennutzungsplanes »energisch« weiterverfolgt werden, dass personelle Spielräume für »eine Beschleunigung der Projekte genutzt werden und keine weiteren Projekte dazwischen geschoben werden«. Müll nannte ein Beispiel: Wenn seine Fraktion gewusst hätte, dass der Kindergarten Auenheim in der von der Verwaltung angegebenen Zeit nicht gebaut werden kann, dann hätte die SPD dem Rathaus-Anbau nicht zugestimmt. Denn Kindergärten und Schulen hätten Priorität. »Das hat uns heftig geärgert«, kommentierte Müll.
Wohin will die Stadt?
Wolfgang Maelger, Sprecher der Fraktion Grüne/Frauen/Jugend, meinte, dass »strukturell« einiges geändert werden müsse. »Es geht darum, dass jetzt endlich über Ziele gesprochen werden soll, wohin die Stadt will«, erklärte Maelger später gegenüber der KEZ. Er warnte zudem – mit Blick auf die Arbeitsaufträge der Fraktionen – davor, dass jetzt wieder »Erwartungen geweckt werden, die wir nicht befriedigen können«. Maelger analysierte durchaus selbstkritisch: »In vielen Haushaltsjahren haben wir nicht erledigte Beträge, Dinge geschoben – von einem Haushaltsjahr ins andere. Es war uns damals schon klar, dass es so nicht weitergehen kann. Wir haben es aber trotzdem gemacht.« Statt einer weiteren Belastung mit weiteren Aufträgen gelte es, so die Ansicht seiner Fraktion, den »Ball etwas flacher zu halten«.
Seiner Fraktion sei bewusst, sagte Freie-Wähler-Sprecher Horst Heitz, dass es »schwierig« sei, die vielen Projekte mit dem bestehenden Personal umzusetzen. »Daher sehen wir die Notwendigkeit, über konkrete Personaleinstellungen zu sprechen«, so Heitz. Deshalb mache es für seine Fraktion auch »keinen Sinn, zusätzliche Maßnahmen einzubringen. Darum müssen die Prioritäten anders gewichtet werden.«
Die Anträge in der Übersicht (Auszüge)
CDU-Fraktion
Kindergärten: Auenheim: zeitnaher Beginn 2017, Fertigstellung Mitte 2018; Umsetzung des Kindergartens Bodersweier in die ehemalige Werkrealschule (dafür 1,6 Millionen Euro Haushaltsmittel 2017), die weitere schulische Nutzung des Gebäudes soll im Rahmen des Nachtragshaushalts 2018 thematisiert werden; Haushaltsmittel 2017 für die Kindergärten Zierolshofen und Odelshofen (Um- und Anbau).
Tulla alt: Prüfung, ob für die Fertigstellung des Projekts eine Fremdvergabe möglich ist.
Josef-Guggenmos-Schule: Die vom Gemeinderat 2011 beschlossene Sanierung und Erweiterung soll 2017/18 »durchgezogen« werden.
Neubaugebiete »Hühnerbühnd« u. »Im Hanfplatz II«:
Bebauungspläne sollen 2017 erarbeitet werden, Erschließung und Bauplatzvergabe 2018 (eventuell Fremdvergabe).
Spielplatz »Im Mättel II«: Endausbau 2017.
Straßenbegleitmaßnahmen im Zuge des L 75-Ausbaus (Goldscheuer): Einbringung des Betrags aus dem Verkauf des Geburtshauses »Georg Krämer« (rund 250 000 Euro) in die Finanzierung.
Neuordnung der Bäderlandschaft: Der Hinweis auf eine mögliche Schuldenaufnahme (18 Millionen Euro) reiche nicht aus; »stufenweise Lösung« im Rahmen des Nachtragshaushalts 2018.
Verbesserungen im Ergebnishaushalt: Die CDU stimmt einer Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuer zu, höhere Kindergarten-Gebühren lehnt die Fraktion ab.
»Blitzer«: für »Kehl-Dorf und Sundheim« sowie für Kehl.
Die SPD-Fraktion
Zeitplan: vierteljährlicher Bericht der Verwaltung an den Rat, wie weit die Projekte sind.
Fortschreibung des Flächennutzungsplans (FLNP): Die SPD fordert dessen zügige Fortschreibung und betont dessen »hohe Bedeutung, geht es doch um die Weiterentwicklung von Kehl«, so Fraktionssprecher Müll. »Im Norden von Kehl gibt es keine zu vergebenden Gewerbeflächen mehr, obwohl im FLNP zwei Bereiche, nämlich in Kork und Neumühl, als solche ausgewiesen sind.«
Wohnungsbau: Dabei setzt die SPD auf mehr Innenentwicklung, weniger Neubaugebiete. »Hier müssen wir besser steuern, was wir beim Wohnungsbau zulassen«, so Müll. Seine Fraktion beantragt, neue Bebauungspläne und solche, »die noch keinen entsprechenden Planungsstand (z. B. Bürgerbeteiligung) erreicht haben, »erstmal auf Eis zu legen« .
Radwegemaßnahmen: 100 000 Euro für 2018.
»Blitzer«: für die obere Hauptstraße in Kehl.
Kreisverkehr L 75 Hauptstr.: Streichung der Verpflichtungsermächtigung von 700 000 Euro (auf später verschieben).
Medienkonzept an Schulen: zeitlich strecken.
Sporthaus Kork: gebäudeschützende Maßnahmen.
WC-Anlage Bahnhof: ohne das Radhaus bauen.
Mediathek: Beschaffung von Regalen ermöglichen.
Umgestaltung Blumenstraße: 250 000 Euro streichen.
Ganzjahresbad: Wegen der zu erwartenden Haushaltssituation nach 2019 geht die SPD davon aus, dass das Regierungspräsidium die Kreditaufnahme nicht genehmigt. »Es wäre fahrlässig, Erwartungen zu wecken, die wir im Anschluss nicht decken können«, sagt Müll.
Grüne/Frauen/Jugend (GFJ)
Kita Auenheim: Baubeginn 2017 (450 000 Euro für 2017; 1,3 Millionen für die weiteren Bauarbeiten (insg. 1,8 Millionen).
Mediathek: Gekürzte Mittel von fast 100 000 Euro 2017 wieder aufnehmen. Durch ein »Mediengate« eine Möglichkeit schaffen, den Garten zum Altrhein zu nutzen. 75 000 Euro davon für die Möblierung einer Kinderabteilung und der damit verbundenen Umstrukturierung. »Die Aufenthaltsqualität würde für die wichtigste Zielgruppe der Mediathek und alle anderen Nutzer deutlich steigen«, so GFJ-Sprecher Maelger. Dazu Geld für Arbeitsräume und ein Sozialraum.
Verkaufserlöse 2018 für das Zollhofareal: geplant rund 3,4 Millionen Euro. Dies hält die GFJ für »unrealistisch«.
Freie Wähler (FW)
Kitas Auenheim, Bodersweier, Zierolshofen, Odelshofen: Die Umsetzung bzw. den Beginn des Umbaus 2017 ermöglichen. Sollte das Personal in der Stadtverwaltung hierfür nicht ausreichen, könnten ggf. mehr Planungsphasen extern vergeben werden.
2. Rettungsweg Grundschule Auenheim: »unbedingt
zeitnahe Umsetzung.«
Josef-Guggenmos-Schule: »Hier sehen wir die Notwendigkeit, dass Schüler nicht in Containern unterrichtet werden. Sie sollen das Recht haben auf Unterricht in einem Schulgebäude haben«, sagt FW-Sprecher Horst Heitz und fordert die Stadtverwaltung zur Umsetzung des Projekts im Doppelhaushalt 2017/18 auf.
Neubau des Feuerwehrgerätehauses Bodersweier: Mittel für 2018 einstellen.
Tulla alt (Kulturhaus): Die Planung und Bauleitung extern vergeben, wie von der CDU-Fraktion beantragt.