Geothermie-Projekt Neuried: Klage der Stadt Kehl unzulässig
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat gestern auf Nachfrage der Kehler Zeitung mitgeteilt, dass das Gericht die Klage der Stadt Kehl gegen die bis zum 31. Dezember 2014 befristete Zulassung von Geothermie-Probebohrungen in Neuried als unzulässig abgewiesen hat. Geothermie-Unternehmer Josef-Daldrup wertet dies als Erfolg.
Das Regierungspräsidium Freiburg – Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau – hatte am 11. Juli 2013 den Hauptbetriebsplan der Firma Geysir Europe für Probebohrungen in Neuried (bei Goldscheuer) zugelassen – mit einer Befristung bis zum 31. Dezember 2014.
Die Stadt Kehl hatte dagegen Klage erhoben und dabei auf die Gefahren für die Infrastruktur und die städtischen Grundstücke verwiesen. Das Land trat der Klage unter anderem mit der Begründung entgegen, dass die Zulassung bereits abgelaufen sei. Über eine Verlängerung werde erst nach einer Umweltverträglichkeitsvorprüfung entschieden.
Erneute Prüfung
Das Gericht sah dies auch so und erklärte die Klage der Stadt Kehl für »unzulässig«. Für eine Aufhebung des Bescheids liege »kein »Rechtsschutzinteresse (mehr) vor«, da die Zulassung des Hauptbetriebsplans nur bis zum 31. Dezember 2014 gültig gewesen sei, so die Begründung. Das Regierungspräsidium habe bei der Entscheidung über den Verlängerungsantrag erneut zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Bewilligung vorliegen. Damit könne offen bleiben, ob die Stadt Kehl überhaupt klagebefugt sei – etwa im Hinblick auf die von ihr befürchteten Schäden an ihren eigenen Grundstücken und Gebäuden. Sollte die Zulassung verlängert werden, könne die Stadt dies mit einer weiteren Klage anfechten, hieß es.
Reaktion: Daldrup zufrieden
Josef Daldrup, der Vorstandsvorsitzende der Daldrup & Söhne AG, die eine 75-Prozent-Beteiligung an der Firma Geysir Europe hat, sagte gestern zum Urteil: »Wir sehen uns in unserer bergrechtlichen Rechtsauffassung bestätigt. Das Gericht hat in seiner Urteilsbegründung sehr deutlich gemacht, dass ein berechtigtes Interesse der Stadt Kehl an einer Versagung der Zulassung des Hauptbetriebsplans nicht erkennbar ist.« Und er fügte hinzu: »Die Motive der Stadt Kehl zu dieser Klage bleiben unklar. Insbesondere, weil die Stadt Kehl gegen das Geothermieprojekt der Nachbarstadt Straßburg keine Vorbehalte oder Anfechtungen erhoben hat.« Geysir Europe will das Projekt in Neuried »zügig weiterentwickeln«, heißt es in einer Pressemitteilung der Firma von gestern.
Umweltverträglichkeitsprüfung
Der Europäische Gerichtshof hatte im Februar 2015 entschieden, dass Behörden bei Tiefengeothermie-Probebohrungen vorab untersuchen müssen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)nötig ist. Eine solche Vorprüfung gab es in Neuried nicht. Inzwischen sagt auch das Regierungspräsidium, dass die Genehmigung für die Probebohrungen wegen der unterlassenen UVP rechtswidrig gewesen sei.
Die Stadt Kehl weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass das Gericht Ausführungen zum Erlaubnisverlängerungsverfahren mache. Dabei komme es zum Ergebnis, »dass das Bergamt auch vor einer Verlängerungsentscheidung eine vollständige Neuprüfung des Antrags der Geysir Europe GmbH, der bisher nicht einmal vollständig vorliege, durchführen müsse. (...) Damit könne die Stadt eine zukünftige Verlängerungsentscheidung vollumfänglich der gerichtlichen Überprüfung unterziehen«.
Noch nicht rechtskräftig
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können innerhalb eines Monats einen Antrag auf Berufung stellen. Die Stadt Kehl will nun nach eigener Aussage prüfen, »ob es sinnvoll ist, gegen das Urteil vorzugehen, oder ob, was die Urteilsbegründung nahelegt, die neue Entscheidung des Bergamts zum Erlaubnisverlängerungsverfahren abgewartet wird«.
Das meint die Bürgerinitiative
Goldscheuers Ortsvorsteher Richard Schüler, Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie im südlichen Oberrheingraben, sieht – auch wenn die Klage »unzulässig« ist – einen »Teilerfolg« im Kampf gegen das Tiefengeothermie-Projekt in Neuried. Wichtig ist für ihn: »Es gibt ein neues Verfahren«, so Schüler gegenüber der Kehler Zeitung. In diesem Verfahren müsse die Stadt Kehl beteiligt werden. Die Stadt und die betroffenen Bürger könnten in einem solchen Verfahren ihre Bedenken und Einwendungen gegen das Projekt abermals vorbringen, so Schüler weiter.
Geothermie-Projekt: neues Spiel, neues Glück
Man muss nicht alle juristischen Winkelzüge verstehen, um den Kern des Urteils zu erfassen: Weil die Bohrgenehmigung abgelaufen ist, hat sich die Klage der Stadt Kehl erledigt.
Dennoch schöpfen die Gegner des Neurieder Tiefengeothermie-Projekts neue Hoffnung – zurecht: Denn das Verwaltungsgericht Freiburg ist der Auffassung, dass das Bergamt vor einer weiteren, neuen Entscheidung pro oder contra Neuried erst einmal alles – und zwar vollständig – auf den Prüfstand stellen muss. Derzeit läuft noch die Umweltverträglichkeitsvorprüfung.
Sollte es eine weitere Genehmigung für Geothermiebohrungen geben, kann die Stadt Kehl abermals den Klageweg beschreiten. Richtig so, denn Neuried darf nicht zum zweiten Landau werden. Und so heißt es
ja vielleicht bald schon wieder: neues Spiel, neues Glück. Klaus Körnich