Zeremonie für französische Widerstandskämpfer
Kinder von zwei der neun in Kehl ermordeten Widerstandskämpfer des »Réseau Alliance« haben am Freitag bei einer würdevollen Zeremonie rote Rosen an der Grenzrose bei der Falkenhausenschule niedergelegt.
Arlette Mauger, Tochter von Louis Helault, konnte sich ihrer Tränen nicht erwehren. Sie war dreieinhalb Jahre alt, als ihr Vater in Kehl ermordet, entkleidet und in den Rhein geworfen wurde. Sie hat ihn nie wirklich kennengelernt. Stéphane Robert hat am 23. November 1944 in Kehl seinen Vater André Coindeau und seinen Onkel Maurice Mandin verloren. Auch er war noch ein Kind, als sie sterben mussten.
Zusammen mit 72 weiteren Angehörigen von in Deutschland ermordeten Widerstandskämpfern waren sie zum ersten Mal an den Ort zurückgekehrt, an dem ihre Väter am Tag der Befreiung Straßburgs von den Nazis am Rheinufer auf bestialische Weise getötet worden waren. Louis Helault und André Coindeau gehörten damals dem »Réseau Alliance« an. Gemeinsam beteten die Angehörigen vor der Grenzrose an der Falkenhausenschule, in deren Sockel die Namen der neun Widerstandskämpfer eingraviert sind, das »Vaterunser«, bevor die Generalbevollmächtigte des Vereins »Souvenir Français«, Mireille Hincker, die Namen der neun Männer verlas und hinzufügte: »Gestorben für Frankreich«. Für jeden der neun Widerstandskämpfer wurde eine rote Rose am Fuße der Grenzrose abgelegt.
Im Namen der Stadt Kehl hatte Oberbürgermeister Toni Vetrano ein Blumengebinde am Sockel der Grenzrose ablegen lassen. Weil die französische Gruppe von der Gedenkfeier für die im Köpfertal bei Heilbronn von der Wehrmacht erschossenen 24 Mitglieder des »Réseau Alliance« viel später aufgebrochen war als vorgesehen, hatte sich ihre Ankunft in Kehl so sehr verzögert, dass Vetrano bei der Zeremonie nicht mehr dabei sein konnte.
In seiner Rede hatte er die Geschichte der Grenzrosen erläutert und auch auf die Gedenktafel für die Widerstandskämpfer an der Europabrücke hingewiesen. Er dankte den Angehörigen, dass sie nach Kehl gekommen waren, »an den Ort, wo einige unserer Vorfahren diese schrecklichen Morde begangen haben. Wir können das Unrecht nicht mehr ungeschehen machen, aber wir können dafür sorgen, dass es nicht vergessen wird. Das sehe ich als unsere Verpflichtung.«
»Réseau Alliance«
"Réseau Alliance« war eine französische Widerstandsgruppe, die sich gegen die Besatzung ihrer Heimat durch Nazi-Deutschland wandte. Ihre über 3000 Mitglieder kundschafteten geheime Rüstungsfabriken in Deutschland aus, übermittelten Nachrichten an die Alliierten – etwa über Truppenbewegungen der Wehrmacht oder Fahrten von Versorgungsschiffen und U-Booten –, stellten falsche Papiere her für politisch Verfolgte oder Juden zur Fluchthilfe oder zum Untertauchen in der Illegalität, halfen Gefährdeten über die Grenzen und unterstützten Familien von Verfolgten oder Inhaftierten. Die Organisation hatte auch Beziehungen zu den Offizieren des 20. Juni um Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Von den rund 3000 Mitgliedern des »Réseau Alliance« wurden 439 an verschiedenen Orten in Deutschland von den Nazis ermordet.