Kehl - Goldscheuer

Goldscheuer will bei künftiger Ortsentwicklung mitreden

Michael Müller
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
03. April 2017

Auf diesem Grundstück im Eschenweg in Marlen sollen zwei große Mehrfamilien-Wohnhäuser entstehen. ©Michael Müller

Die geplante Bebauung eines Grundstücks im Eschenweg in Marlen ist dem Ortschaftsrat Goldscheuer nach wie vor ein Dorn im Auge. Nun fordert das Gremium für den Bereich einen Bebauungsplan und grünes Licht für ein Ortsentwicklungskonzept.

Schon seit Frühjahr/Sommer 2016 bereitet ein Bauvorhaben im Eschenweg in Marlen dem Ortschaftsrat Goldscheuer Kopfzerbrechen. Inzwischen haben zwei Investoren das Grundstück erworben und wollen dort zwei Mehrfamilienhäuser errichten. Auf dem Grundstück stand früher ein Wohnhaus mit angebauter Scheune.

Pläne leicht modifiziert
Die ursprünglichen Pläne sahen jeweils acht Wohneinheiten vor, doch dieser Antrag war nicht genehmigungsfähig. Am Donnerstag lag dem Ortschaftsrat nun eine leicht überarbeitete Planung vor: Jetzt sind ein Gebäude mit acht und eines mit sieben Wohneinheiten geplant; ein Teil der Stellplätze soll in einer Garage im Kellergeschoss eingerichtet werden; auch die Zufahrt wurde leicht verändert, sodass auch Müllfahrzeuge eine Wendemöglichkeit haben. Eine Stellungnahme der Feuerwehr, ob die Zufahrt im Brandfall ausreichend dimensioniert ist, steht noch aus. Es bleiben jedoch gravierende Bedenken: »massive« Baukörper, die Enge des Eschenwegs, die Frage, ob die Kanalisation die zusätzlichen Abwässer verkraften kann. Auch die Nachbarn lehnen das Vorhaben überwiegend ab. Die Baurechtsabteilung der Kehler Stadtverwaltung hält die überarbeiteten Pläne dagegen für grundsätzlich genehmigungsfähig. 

- Anzeige -

»Grenzwertige« Fälle der Vergangenheit
»Unser Dorf verliert seinen Dorfcharakter«, kritisierte Erwin Domhan (SPD) das Vorhaben. Auch Fraktionskollege Rolf Sigg lehnte ab: Würde der Antrag genehmigt, würde solch massive Bebauung zum Normalfall, wenn es darum geht, Baulücken im Ortskern zu schließen, so seine Befürchtung. Schon die Genehmigung der Reihenhäuser in der Schlossergasse sei »grenzwertig« gewesen, meinte Christine Muser (Freie Wähler), und auch in Kittersburg habe man Fehler gemacht, so Fraktionskollege Manfred Kruss. Allerdings ist das Baurechtsamt der Stadt Herr des Verfahrens; eine bloße Ablehnung des Bauantrags durch den Ortschaftsrat ändere am Verlauf des Verfahrens nichts, so Ortsvorsteher Richard Schüler (siehe Kasten).

35 Grundstücke mit Altbebauung
Laut Schüler gibt es allein in Goldscheuer 19 und in Marlen 16 Grundstücke mit Altbebauung, wo die Kinder der Besitzer nicht vor Ort sind und daher zu erwarten ist, dass die Grundstücke verkauft und später anders bebaut werden. Heinz Rith (CDU) erneuerte daher seine bereits in einer Anfrage an OB Toni Vetrano geäußerte Forderung, die Bebauung von Baulücken neu zu regeln und dabei auch eine Mitsprache der parlamentarischen Gremien festzuschreiben. Jetzt sei der Zeitpunkt, im Gemeinderat Farbe zu bekennen: »Wir brauchen fraktionsübergreifend die Erkenntnis, dass wir die Baulücken-Auffüllung nicht mehr weiter so schleifen lassen können wie bisher.«

Recht auf Ortsentwicklungskonzept
Der Ortschaftsrat beschloss schließlich, den Gemeinderat aufzufordern, für das Gebiet um den Eschenweg einen Bebauungsplan inklusive Veränderungssperre auf den Weg zu bringen. Rolf Sigg forderte zudem das Recht ein, für Goldscheuer ein Ortsentwicklungskonzept aufzustellen. Das Stuttgarter Büro »Schreiberplan«, das auch schon in Rheinau und Neuried tätig war, hatte der Ortschaftsrat mit der Erstellung eines Konzepts beauftragt, doch die Verwaltung hatte das Vorhaben einstweilen ausgebremst. Anders als andere Ortsteile sei die Ortschaft Goldscheuer als Siedlungsschwerpunkt Kehls ausgewiesen und bringe »ihren Obolus für die Gesamtstadt«, meinte Sigg. Sie habe daher auch »ein Recht auf ein eigenes Siedlungskonzept«.

Hintergrund

Bauen ohne Bebauungsplan

Bauvorhaben in bebauten Gebieten, für die kein Bebauungsplan existiert, sind nach Paragraf 34 Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilen. Demnach ist ein Bauvorhaben zulässig, wenn es sich »nach Art und Maß der baulichen Nutzung (…) in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist (…) das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.«
Dies zu beurteilen, obliegt in Kehl dem Baurechtsamt. Denn als Große Kreisstadt ist die Stadt Kehl auch Baugenehmigungsbehörde. 
Die im Grundgesetz garantierte Selbstverwaltung der Gemeinden und damit die Ausgestaltung der Planungshoheit steht den Gemeinden zu, nicht jedoch den kommunalen Organen (also Gemeinde- oder Ortschaftsräten). Zwar regelt Paragraf 36 BauGB die Mitwirkung von Gemeinden, doch laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dient dieser Paragraf nur der Sicherung der Planungshoheit von Gemeinden, die nicht zugleich untere Baurechtsbehörde sind. 
Für eine Große Kreisstadt hingegen bedarf es keines zusätzlichen Schutzes der Planungshoheit, weil sie ja selbst prüft, ob ein Bauvorhaben baurechtskonform ist, und somit »den Zweck des (gemeindlichen) Einvernehmens selbst erfüllen« kann. Es sei aber »Sache der Gemeinde selbst oder des Landesgesetzgebers, durch kommunalverfassungsrechtliche Regelungen dafür zu sorgen, dass die Belange der Planungshoheit hinreichend gewahrt bleiben«, heißt es in dem Urteil des Gerichts weiter. (Az: BVerwG 8 B 50.12)

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kehl

Wie lebt es sich in Kehl? Bis zum 20. April kann abgestimmt werden.
vor 2 Stunden
Umfrage zur Lebensqualität
Ortenauweite Umfrage der Mittelbadischen Presse: Noch bis 20. April kann teilgenommen werden.
Bei Intersport Hahn läuft der Insolvenzverkauf. Auch das Inventar kommt unter den Hammer.
vor 3 Stunden
Insolvenz
Das Ende ist besiegelt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens läuft noch bis Ende April der Ausverkauf in Frank Riebels traditionsreichem Kehler Sport-Hahn.
Kundige Gästeführer wie Stefan Woltersdorff (rechts) führt durch Ecken von Straßburg, in denen man die die Geschichte förmlich atmen hört. 
vor 5 Stunden
Kehl
Die öffentliche Gästeführungssaison startet am 18. April. Auf insgesamt 49 Touren, darunter vier neue, können Interessierte Kehl und den Nachbarn überm Rhein erkunden.
Egal ob es galt, Fahrräder wieder flottzumachen oder Staubsauger wieder zum Laufen zu bringen: Für (fast) alle Probleme fanden die ehrenamtlichen Helfer bei der Premiere des Willstätter Repair-Cafés eine Lösung.
vor 11 Stunden
Willstätt
Am Samstag öffnete im Begegnungszentrum „Treffpunkt“ in Willstätt zum ersten Mal das Willstätter Repair-Café. Ins Leben gerufen es vom Verein „Jung & Alt“. Die Nachfrage war groß.
Auf diesem Wiesengrundstück und dahinter liegenden Flächen sowie den benachbarten bebauten Grundstücken ist das neue Seniorenzentrum Goldscheuer geplant. 
vor 23 Stunden
Kehl - Goldscheuer
Der Bau eines Seniorenzentrums mit Ärztehaus, Seniorenwohnungen und Pflege-Infrastruktur in Goldscheuer wird konkreter. Doch erst einmal muss ein Bebauungsplan her.
Roberto Legnani und Ariana Burstein.
15.04.2024
Kehl
Das Duo Burstein/Legnani begeisterte das Publikum
Claudio Versace begeisterte im Hafen 17 die Gäste mit italienischem Charme und Balladen.
15.04.2024
Kehl
Tenor Claudio Versace ließ am Samstag im Hafen 17 musikalisch den Zauber einer italienischen Frühlingsnacht ausbrechen.
Der neu gewählte Vorstand der Auenheimer Schützen (v.l.): Sanja Tömmes mit Simeon Mannßhardt, Johann Mannßhardt, Wilfried Roß, Frank Honauer, Ivo Lang, Oliver Wirth und Henry Rupp.
15.04.2024
Kehl - Auenheim
Weder finanzielle noch Nachwuchs-Sorgen plagen die Mitglieder des Auenheimer Kleinkaliber Schützenvereins. Das stellte sich bei der Jahreshauptversammlung heraus.
Die Feuerwehr Willstätt hatte ein unterhaltsames Programm für Kinder organisiert - Kletterparcours inklusive.
15.04.2024
Willstätt
Unter dem Motto „Mediathek meets Feuerwehr und JuZe“ fand am Freitag in und um die Mediathek bei der Moscherosch-Schule ein abwechslungsreicher Nachmittag für Kinder statt.
Ehrungen (von links): Vorne: Alexander Heitz, Franziska Erhardt; 2. Reihe: Heiko König, Klaus Erhardt; 3. Reihe: Jutta Doms-Arbogast, Kathrin Kiefer, Elke Schilli, Hansjürgen Mannßhardt. Hinten: Simon Müll, Frank Albrecht (stellvertretender Vorsitzender) und Lars Heitz (Vorsitzender).
15.04.2024
Kehl - Bodersweier
Am vergangenen Samstag veranstaltete der Musikverein Bodersweier sein Jahreskonzert in der Festhalle, welches unter dem Motto „The Greatest Show“ stand.
Die Bodersweierer Schüler werden weiterhin in Leutesheim zur Schule gehen. Die Betreuung kann aber im Ort stattfinden.
15.04.2024
Ortschaftsrat
Ganztagsschule hin oder her: Die Kinder aus Bodersweier gehen weiterhin in Leutesheim zur Schule. Die Betreuung kann aber im Ort stattfinden, wie es kürzlich in der Sitzung des Ortschaftsrates in Bodersweier hieß.
Das Improtheater Karlsruhe hat als stabilen Kern und Leiter die Profischauspieler Mirjam Mayr und Manuel Spech (untere Reihe von rechts), am Klavier der Profimusiker Simon Brunn (oben links). Die anderen Protagonisten sind Laien: Emily Huber (Sozialarbeiterin, unten links), Biologe Bernd Föhr (obere Reihe, Zweiter von links), die Doktorandin in Chemie Sarah Jöstl (oben, Zweite von rechts) sowie der IT-Abteilungsleiter Robin Sticher (rechts oben).
14.04.2024
Kehl
Das Improtheater aus Karlsruhe gastierte zum zweiten Mal im Kehler Kulturhaus. Das Publikum tobte, bekam Zugaben. Die Vorfreude auf die neue Show im Oktober ist groß, war überall zu hören.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Auch das Handwerk zeigt bei der Berufsinfomesse (BIM), was es alles kann. Hier wird beispielsweise präsentiert, wie Pflaster fachmännisch verlegt wird. 
    13.04.2024
    432 Aussteller informieren bei der Berufsinfomesse Offenburg
    Die 23. Berufsinfomesse in der Messe Offenburg-Ortenau wird ein Event der Superlative. Am 19. und 20. April präsentieren 432 Aussteller Schulabsolventen und Fortbildungswilligen einen Querschnitt durch die Ortenauer Berufswelt. Rund 24.000 Besucher werden erwartet.
  • Der Frühling steht vor der Tür und die After-Work-Events starten auf dem Quartiersplatz des Offenburger Rée Carrés.
    12.04.2024
    Ab 8. Mai: Zum After Work ins Rée Carré Offenburg
    In gemütlicher Runde chillen, dazu etwas Leckeres essen und den Tag mit einem Drink ausklingen lassen? Das ist bei den After-Work-Events im Rée Carré in Offenburg möglich. Sie finden von Mai bis Oktober jeweils von 17 bis 21 Uhr auf dem Quartiersplatz statt.
  • Mit der Kraft der Sonne bringt das Unternehmen Richard Neumayer in Hausach den Stahl zum Glühen. Einige der Solarmodule befinden sich auf den Produktionshallen.
    09.04.2024
    Richard Neumayer GmbH als Klimaschutz-Pionier ausgezeichnet
    Das Hausacher Unternehmen Richard Neumayer GmbH wurde erneut für seine richtungsweisende Pionierarbeit für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Die familiengeführte Stahlschmiede ist "Top Innovator 2024".
  • Sie ebnen den Mitarbeitern im Hausacher Unternehmen den Weg zur erfolgreichen Karriere (von links): Linda Siedler (Personal und Controlling), Patrick Müller (Teamleiter Personal), Arthur Mraniov (Pressenführer Schmiede) und Heiko Schnaitter (Leiter Schmiede und Materialzerkleinerung).
    09.04.2024
    Personal entwickelt sich mit ökologischer Transformation
    Als familiengeführtes Unternehmen baut die Richard Neumayer GmbH auf Transparenz, kurze Wege und Nähe zu den Mitarbeitern. Viele Produkthelfer und Quereinsteiger haben es auf diese Weise in verantwortungsvolle Positionen geschafft.