Gottesdienst zum Luther-Jubiläum
Im Oktober 1517 hatte Martin Luther seine 95 Thesen in Umlauf gebracht. Zum Auftakt des Jubiläumsjahres gab es am Sonntag einen großen Festgottesdienst in der Martin-Luther-Kirche in Kehl.
»500 Jahre Reformation – alter Hut oder neue Aufgaben«, fragte Pfarrer Raimund Fiehn zu Beginn des Reformationsgottesdienstes. Als eine mögliche Antwort verlas Jürgen Fischer vom Kehler Männertreff eine Definition des Wortes »Beruf« von Martin Luther. »Beruf bedeutet ein gottgefälliges Leben in der weltlichen Welt zur Förderung des Gemeinwohls.« Also schon Martin Luther sah den Beruf als Berufung zum Dienst an der Allgemeinheit. »Für mich bedeutet Reformation eindeutig neue Aufgaben«, erklärte Dekan Günter Ihle. »Neue Aufgaben, die uns alle angehen, egal welcher Religion oder Nationalität wir angehören.«
Gnädiger Gott
In seiner Predigt führte der Dekan aus, dass Glauben zu Zeiten von Martin Luther geprägt war von der Angst vor der Strafe Gottes. Luther habe durch seine Bibelstudien entdeckt, dass Gott ein gnädiger Gott sei, der die Menschen frei mache, auch frei von der Angst.
Ein weiteres wichtiges Thema der Reformation war die Forderung nach Bildung für alle. »Luther entdeckte Gott neu als barmherzigen Gott«, so Ihle. Deshalb ist für den Dekan auch klar, dass Reformation kein Eigentum des Protestantismus ist. »Auch in der heutigen Zeit macht uns vieles Angst, deshalb sollten wir uns gemeinsam auf die Suche nach Gott in unserer Zeit machen. Liebe üben, vergeben und Vergebung zulassen sind weiß Gott keine veralteten Aufgaben.«
Als Stellvertreter der weltlichen Seite der Reformation nahm Oberbürgermeister Toni Vetrano am Festgottesdienst teil. In seinen Überlegungen, wie politisch Kirche sein dürfe, kam er zu dem Schluss, dass die Kirchengemeinde ein unverzichtbarer Teil der Gesamtgemeinde sei. »Wir Menschen müssen zusammenkommen und uns als Wertegemeinschaft verstehen«, appellierte er. Dabei spiele der Ort der Begegnung keine Rolle. Vetrano verglich die Gesellschaft heute mit einem großen Markt, auf dem es hauptsächlich um einen Warenaustausch gehe. »Wir bezahlen den Leuten, die unser Geld verwalten mehr als den Menschen, die sich um unsere Kinder und um alte Menschen kümmern«, gab er zu bedenken. »Wir sollten Geben und Nehmen als einen Akt der Nächstenliebe verstehen.« Musikalisch wurde der Gottesdienst festlich begleitet vom Posaunenchor Kehl unter der Leitung von Annette Tafler und Dorothea Hilberath auf der Flöte.
Im Anschluss versammelte sich die Gemeinde vor der Martin-Luther-Kirche zur Einweihung des Bildes von Philipp Melanchthon, einem Weggefährten von Martin Luther und wesentlich an der Reformation beteiligt. Als »alter Sundemer« übernahm Georg Hornung die Enthüllung. Im Anschluss wurden an der Christuskirche Martinus Bucer enthüllt, Martin Luther an der Friedenskirche und Johannes Calvin an der Johanneskirche.
Im Laufe des Jahres gibt es weitere Veranstaltungen zum 500-Jährigen.