Kehl

Heimvorteil ist bald Geschichte

red/mmü
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05. September 2014

Bald ist Schluss mit dem »Papierkrieg«: Mit etwas Wehmut im Blick zeigen Daniela Decker und Martina Lienert einen Folianten und ein Loseblatt-Grundbuch. ©Stadt Kehl

Am 9. März 2015 wird das Kehler Grundbuchamt geschlossen. Wer ein elektronisches Grundbuch einsehen möchte oder einen Ausdruck daraus benötigt, kann dies aber auch danach weiterhin in Kehl erledigen: bei einer Grundbuch-Einsichtsstelle im Bürgerservice.

Genau wie die anderen 661 Grundbuchämter im Land wird das Kehler Grundbuchamt in eines von landesweit 13 grundbuchführenden Amtsgerichte eingegliedert. So sieht es die Reform des Grundbuchwesens vor, die der Landtag 2010 beschlossen hatte. Laut Stadtverwaltung gibt es in Kehl 17.880 offene, also aktuell gültige Grundbücher. Sie werden ab 10. März 2015 am Amtsgericht Achern geführt.

Weil dort nur noch mit elektronischen Akten gearbeitet wird, versuchen die sieben Mitarbeiterinnen des Kehler Grundbuchamtes vorher noch möglichst viele Grundbücher zu digitalisieren. »Damit haben wir schon 2003 begonnen«, sagt Amtsleiterin Daniela Decker. »Das macht viel Arbeit, da nicht alle Textbausteine für alle Grundbücher passen und sie daher manuell geändert werden müssen.« Bislang sind rund 12 000 Grundbücher erfasst, also etwa 67 Prozent.

Grundbuch 3.0
Die digitalen Akten sind schon die dritte Form von Grundbüchern, mit denen Daniela Decker arbeitet: Bislang gab es die »Loseblatt-Grundbücher« – einzelne, mit Schreibmaschine getippte und in Mappen eingeordnete Blätter, nach Ortschaften und fortlaufenden Ziffern geordnet. Noch früher wurden Grundbücher handschriftlich geführt, in sogenannten Folianten – großen Büchern in einem Format, das etwa DIN A3 entspricht. Rund 300 alte Folianten bewahrt das Grundbuchamt in zwei Archivräumen auf. Die ältesten stammen etwa von 1900. »Leider ist im Krieg vieles verloren gegangen«, sagt Daniela Decker.

Folianten und Loseblatt-Grundbücher werden mit Schließung des Grundbuchamtes ins neue Zentralarchiv in Kornwestheim überführt. Dort stehen knapp 19 000 Quadratmeter Lagerfläche zur Verfügung. Grundbücher, die bis dahin nicht elektronisch erfasst sind, werden zur Digitalisierung an eines der Erfassungszentren gegeben, die in Heilbronn, Stuttgart und Villingen-Schwenningen angesiedelt sind.

Für den Transport müssen die Grundbücher verpackt werden. Die Arbeit wird den Mitarbeiterinnen nicht leicht fallen. Daniela Decker ist seit 27 Jahren in Grundbuchamt tätig, Kollegin Martina Lienert sogar schon 35 Jahre. »Wir haben ein sehr gutes Betriebsklima«, sagt Decker. Sie mag den Publikumsverkehr und ihr gefällt es, Ansprechpartnerin für Bürger, Banken, Versicherungen und Ämter zu sein, ergänzt Martina Lienert. »Und es gibt immer noch Sachen, die man nie zuvor gemacht hat.«

Ihr tägliches Geschäft besteht aus der Vorbereitung von Eintragungen ins Grundbuch – Eigentumsänderungen, Vormerkungen, Grundschulden, Löschungen und Dienstbarkeiten. Zudem gewähren sie jedem, der ein berechtigtes Interesse hat, Einsicht in die Grundbücher und fertigen Ablichtungen und Kopien an – etwa für Eigentümer, Gläubiger oder Kaufinteressenten.

Die häufigsten Anfragen kommen durch Immobiliengeschäfte zustande, manche basieren aber auch auf Streitigkeiten zwischen Nachbarn oder Wohnungseigentümern: »Dann soll geklärt werden, welcher Keller oder welcher Stellplatz zu welcher Wohnung gehört oder wer ein Überfahrtsrecht über welches Grundstück hat«, so Lienert.

Banken und Versicherungen wiederum interessiert oft, wie ein Grundstück belastet ist. Rechtsanwälte, die sich mit Erbstreitigkeiten befassen, wünschen ebenfalls oft Einsicht ins Grundbuch. 2013 hat das Kehler Grundbuchamt allein 1181 solcher Auskünfte oder Ablichtungen bearbeitet, 2014 sind es bislang rund 800.

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Notar muss prüfen
Wenn eine neue Immobilie gebaut oder ein Haus in mehrere Eigentumswohnungen aufgeteilt wird, müssen neue Grundbücher angefertigt werden – und zwar für jede Wohnung eines. Die Änderungen werden ebenso wie neue Grundbücher anschließend von einem Notar geprüft und unterschrieben. Aus Sicht von Daniela Decker waren diese Aufgaben bei den Kommunen bislang gut aufgehoben. »Wir kennen uns hier aus und wissen meist sofort, um welches Haus es sich handelt. In dringenden Fällen wird ein Anliegen auch mal bevorzugt behandelt.« Dies sei in Achern künftig wohl kaum noch möglich. »Wir hatten eben den Heimvorteil.«

Als »Ersatz« will die Stadt eine Grundbuch-Einsichtsstelle einrichten, die beim Bürgerservice angesiedelt wird. Dies hat der Gemeinderat im Juli beschlossen. Dort können Bürger Grundbücher einsehen und Kopien davon anfertigen. Nach wie vor werden auch Unterschriften für Löschungen, Dienstbarkeiten oder auch für Grundschulden ohne Unterwerfungsklausel öffentlich beglaubigt.

Diese Aufgaben möchten Daniela Decker und Martina Lienert nach Möglichkeit übernehmen, auch wenn sie dann nur noch einen geringen Anteil ihrer Arbeitszeit ausmachen. »Dann«, sagt Daniela Decker, »haben wir wenigstens noch ein bisschen mit den Grundbüchern zu tun.«

 

Verpacken nach strikten Vorgaben

Wer noch Grundbuch-Angelegenheiten zu regeln hat, sollte dies noch 2014 tun, empfiehlt die Stadtverwaltung. Im Januar sollen die Grundbücher und Akten verpackt werden – und das bedeutet viel Arbeit.

Denn dabei sind exakte Vorgaben des Landes zu beachten. Ein Eingliederungsmanager entscheidet, welche Unterlagen ans Landesarchiv geschickt werden müssen, welche ans Grundbuchamt Achern gehen und welche in Kehl bleiben. Etwa 50 Paletten werden beim Grundbuchamt angeliefert; darauf müssen jeweils 24 Kartons gestapelt werden. Wie viele Grundbücher in welcher Reihenfolge pro Karton verpackt werden, ist genau vorgeschrieben.

Die Verpackung, an der zwei Teams parallel arbeiten werden, dauert voraussichtlich sechs Wochen. Bei eingehenden Grundbuchanträgen müssen die Akten zur Bearbeitung wieder aus den Kartons herausgenommen werden, dies wiederum müssen die Mitarbeiterinnen auf den Packlisten dokumentieren.

Stichwort

Grundbuch

Das Grundbuchblatt besteht aus der Aufschrift, dem Bestandsverzeichnis und drei Abteilungen. Die Aufschrift bezeichnet das Amtsgericht, den Grundbuchbezirk und die Blatt-Nummer. Im Bestandsverzeichnis sind Flurstücksnummer, Wirtschaftsart, Lage und Grundstücksgröße verzeichnet. Diese Daten erhält das Grundbuchamt vom Amt für Vermessung und Geo-Information beim Landratsamt. In Abteilung I wird der Eigentümer eingetragen. Abteilung II enthält Infos über alle Belastungen des Grundstücks außer Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden. Diese sind in Abteilung III eingetragen.

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