Interkultureller Dialog per Übersetzungs-Software
Die Beruflichen Schulen Kehl beherbergen zwei Flüchtlingsfamilien aus Syrien beziehungsweise Mazedonien. Moderne Kommunikationstechnik erleichtert hier das Miteinander: Eine Smartphone-App dient als Dolmetscher.
Zwei fünf- respektive 15-köpfige Flüchtlingsfamilien aus Mazedonien beziehungsweise Syrien sind seit etwa einem Monat in der ehemaligen Hausmeisterwohnung auf dem Gelände der Beruflichen Schulen Kehl (BSK) untergebracht. Der Kreis, der Träger der Bildungseinrichtung ist, ließ das zuvor fünf Jahre leerstehende Gebäude wieder herrichten.
Für Peter Cleiss, den Leiter der Beruflichen Schulen, ist das Schulzentrum an der Vogesenallee eine perfekte Adresse, da sechs der insgesamt elf Flüchtlingskinder im schulpflichtigen Alter sind und neben der benachbarten Hebelschule auch die BSK besuchen: ein 17-jähriges syrisches Mädchen und ihr 16-jähriger Bruder, die mit 16 weiteren Schülern eine Vorqualifizierungsklasse Arbeit/Beruf (VAB) besuchen und bei ihrer Ankunft in Kehl kein Wort Deutsch verstanden haben. Da über ihren Status im Rahmen des deutschen Asylrechts noch nicht entschieden wurde, scheuen die beiden Familien noch das Licht der Öffentlichkeit.
Übersetzung per App
»Vorrangig ist es, ihnen so schnell wie möglich Deutsch beizubringen, dass sie ein soziales Netz finden und verstehen, wie unsere Gesellschaft tickt«, sagt Cleiss. »Das Wichtigste passiert aber en passant: der Kontakt zu Menschen in ähnlichem Alter, das Lernen am Vorbild«, sagt der Pädagoge, während er sein iPhone aus der Jackentasche zieht und es vor sich auf den Tisch legt – ein Gerät, das ihm beim ersten Kontakt zu der 17-jährigen Syrerin sehr geholfen hat: Das Mädchen, berichtet der Schulleiter, trug selbst ein älteres Smartphone mit sich herum, auf dem die junge Frau eine Übersetzungs-App installiert hatte: Deutsch-Arabisch/Arabisch-Deutsch.
»Die ersten, wichtigen Absprachen konnten wir auf diesem Weg erledigen«, sagt Cleiss, immer noch staunend über den Segen der modernen Technik. Früher wäre ohne einen Dolmetscher wohl nicht viel gegangen.
Großes Lob spricht Cleiss auch seinen Schülern aus, die die Flüchtlingsfamilien in ihrer Nachbarschaft mit offenen Armen begrüßt hätten. Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, dass es vielerorts Vorbehalte gegen »Asylanten« gibt, das weiß er sehr gut. Stattdessen opferten die jungen Damen und Herren der Oberstufe sogar ihren Sozialraum – damit die Syrer und Mazedonier hin und wieder herauskommen aus den beengten Verhältnissen der 70 Quadratmeter an der Iringheimer Straße, die sie für unbestimmte Zeit ihr Zuhause nennen dürfen.
Fehlende Ressourcen
Integration liegt Cleiss sehr am Herzen. Wenn er die Ressourcen hätte, sagt er, würde er für Schüler, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, einfach besonders viel Musik- und Sportunterricht anbieten: »An Ideen fehlt es uns also nicht, nur an den Ressourcen«, bedauert er und zieht dennoch ein erstes, in seinen Augen positives Fazit aus dem interkulturellen Experiment: »Wenn man offensiv aufeinander zugeht und diese Menschen spüren lässt, dass sie willkommen sind, verändert es auch sie in ihrem Umgang mit uns. Und davon profitieren beide Seiten.«