Kein Osterhase weit und breit
Kein Osterhase, aber Ostereier werden in Frankreich auch gesucht. Im Elsass wiederum ist die Ausnahme die Regel. Die Italiener hingegen essen ihre »Taube« – und verschenken überdimensionale Ostereier.
»Die Kinder in Frankreich suchen auch Ostereier, aber die werden nicht vom Osterhasen gebracht, sondern von den Glocken, außer im Elsass, da kommt auch der Osterhase«, erklärt Armelle Aubier, Sie ist in Paris aufgewachsen, lebt in Straßburg und arbeitet seit 2008 in Kehl. »Den Kindern erzählen wir, dass die Glocken an Gründonnerstag nach Rom fliegen, dort gesegnet werden und auf dem Rückflug am Sonntag überall in unseren Gärten Schokolade und Ostereier verteilen.« Ihre Großeltern selbst hatten keinen Garten, erzählt Aubier. »Die haben dann die Fenster ganz weit aufgemacht und die Glocken sind reingekommen«. Im Gegensatz zu Deutschland ist der Karfreitag in Frankreich kein gesetzlicher Feiertag. Ausnahme wieder: das Elsass.
1905 wurde in Frankreich die Trennung von Kirche und Staat eingeführt, »la läicité«. Franzosen zahlen keine Kirchensteuer, haben keinen Religionsunterricht, zumindest nicht an staatlichen Schulen, wo Kreuze an den Wänden ebenso wie Kippas und Schleier verboten sind. Wissen ist für alle da und Glauben Privatsache, so will es das Gesetz. Nur das Elsass und das Département Moselle haben eigene Regeln – eine Spätfolge deutscher Besatzung. Demnach sind öffentliche Einrichtungen wie Rathäuser im restlichen Frankreich weniger geschmückt. Auch der Osterstrauß zu Hause oder das Bemalen von Ostereiern ist in Frankreich untypisch. »Die Franzosen legen weniger Wert auf Deko als die Deutschen. Bei uns ist das Essen wichtiger«, lacht Aubier. Wahrscheinlich aus diesem Grund feiert Aubier das Osterfest mit ihrem deutschen Ehemann und der Tochter lieber mit ihrer französischen Familie. Ansonsten gibt es bei Armelle Aubier eine bunte Mischung der Ostertraditionen: ein bisschen Osterstrauß hier, ein obligatorisches Osterlamm, das »gigot d’agneau«, auf dem Tisch.
Ostermontagspicknick
Solch eine Auswahl hat Gabriele Cavalleri aus Willstätt nicht. Der zugezogene Italiener findet die in Italien traditionelle »Colomba Pasquale«, den Hefekuchen in Form einer Taube, nicht mal eben in einem Kehler Geschäft. Auch das riesige Schokoladenei, das mit zusätzlichen Überraschungen gefüllt ist, muss er seinen Kindern hier vorenthalten. »Aber Süßigkeiten gibt es hier ja auch en masse, da sind die Deutschen nicht viel anders als wir«, schmunzelt Cavalleri.
Das italienische Ostern, »Pasqua«, unterscheidet sich dennoch etwas vom deutschen Osterfest. Katholiken beginnen die Osterfeiern am Karfreitag in vielen Orten Italiens mit einer traurig-besinnlichen Prozession. Zur mahnenden Erinnerung an den Leidensweg Christi wird das Kirchenkreuz langsam durch die Straßen getragen. »Traditionell segnet der Priester die Eier, anschließend werden die Eier gegessen«, erklärt Cavalleri. In Italien ist durch die Christianisierung das Ei jedoch als österliches Symbol in den Hintergund getreten, denn die Taube als Symbol für Jesus steht hier an erster Stelle. »In Italien gibt es keinen Osterhasen. Das Färben von Eiern und auch die Eiersuche im Garten gehören nicht zur italienischen Ostertradition«, so Cavalleri. Stattdessen verschwinden die Eier, um im Osterkuchen wieder aufzutauchen: Die »Colomba«, eine Art Gugelhupf und auch als Ostertaube bezeichnet, wird in vielen Familien Ostersonntags gegessen.
»Natale con i tuoi, pasqua con chi vuoi – Weihnachten mit der Familie, Ostern mit wem du willst – das ist bei uns Motto«. Cavalleri hat das Osterfest in Italien vor allem mit Freunden verbracht. »Viele fahren auch ans Meer, in eine andere Stadt oder in die Berge, Ostern wird eben wie ein Kurzurlaub genutzt.« Am Ostermontag bricht man in Italien zu einem gemeinsamen Picknick, »Pasquetta«, auf. Der beginnende Frühling wird vollends ausgekostet. Dann wird es sich sicher auch Cavalleri mit Frau und Kindern auf der Terrasse einer italienischen Eisdiele in Kehl gemütlich machen.