Mindestens eine der Werkrealschulen bald überflüssig
Der Sachstandsbericht zur Kehler Schullandschaft, der am Mittwoch Thema im Gemeinderat war, macht deutlich, dass mindestens eine der drei Kehler Werkrealschulen künftig überflüssig ist.
47 Schüler sind für das kommende Schuljahr für die fünften Klassen an den drei Kehler Werkrealschulen angemeldet worden. Das macht zwei fünfte Klassen. Die größte Zahl an Schülern haben derzeit die neunten Klassen an allen drei Werkrealschulen zu verzeichnen: 113 Schüler besuchen die neunten Klassen. Das heißt, in Kehl werden maximal vier Züge an allen Werkrealschulen benötigt. »Zwei Schulen könnten weiter bestehen«, heißt es in der Vorlage der Verwaltung für den Gemeinderat. Heißt im Umkehrschluss: Eine muss geschlossen werden – welche, darüber wurde im Gemeinderat am Mittwoch noch nicht diskutiert. Nanine Delmas, Bildungschefin der Stadt, stellte den Bericht zur Schullandschaft vor. An das »heiße Eisen«, welche Schule dicht gemacht werden muss, wagten sich die Verwaltung und die Stadträte nicht – noch nicht.
Fakt ist: Die wenigsten Anmeldungen (9) für die fünfte Klasse hat die Werkrealschule Nord-Ost. Da diese Zahl zum zweiten Mal unter 16 liegt, ist die Schule in ihrem Bestand gefährdet. So will es das Kultusministerium, das die Mindestzahl von 16 Schülern für eine Klasse festgelegt hat. »Es muss da was passieren«, mahnte Nanine Delmas im Gemeinderat. »Das Schulamt bat uns, dass wir im Herbst gemeinsam an das Thema drangehen.«
Die Kehler Wilhelmschule
hat 16 Anmeldungen für die fünfte Klasse, bei der Hebelschule gibt es 22 Anmeldungen. Bemerkenswert: 22 Kehler Kinder besuchen im kommenden Schuljahr die Willstätter Gemeinschaftsschule. Auch in Zukunft wird es an den Werkrealschulen nicht mehr als zwei Eingangsklassen geben. Das geht aus einer Hochrechnung der Stadtverwaltung hervor. Das heißt: Langfristig gesehen könnte es sein, dass nur noch eine Werk-realschule in Kehl überlebt.
Die Übergangsquoten
Bei den Übergangsquoten auf die weiterführenden Schulen verliert die Werkrealschule die meisten Kinder, vor allem die Zahl der Realschüler nimmt zu. 27 Prozent der Kehler Viertklässler erhielten im Schuljahr 2013/2014 eine Empfehlung für die Werkrealschule. Doch nur 17 Prozent wechselten dorthin. Damit steht Kehl aber immer noch besser da als das Land: Da liegt die Übergangsquote auf die Werk-realschule bei nur 12 Prozent.
Bei der Realschule ist der Trend andersherum: 28 Prozent der Viertklässler erhielten hier die Empfehlung, 40 Prozent wechselten auf diese Schulform. Die Übergangsquote ans Gymnasium: 43 Prozent (empfohlen: 45 Prozent). Laut Bericht der Stadtverwaltung kommen im laufenden Schuljahr 323 Schüler, die Kehler Schulen besuchen, nicht aus Kehl. Mehr als 200 Kinder werden dabei aus Willstätt (Gymnasium und Realschule) aufgenommen. 40 französische Kinder gehen aufs »Einstein«, 26 französische Schüler besuchen die Falkenhausenschule.
Allerdings verliert die Stadt auch 336 Schüler ans Umland. Hinzu kommen noch mal rund 200 Schüler, die französische Schulen besuchen. Kehl gibt 32 Kinder an die Gemeinschaftsschule Willstätt ab, 175 Schüler gehen auf die Rheinauer Realschule oder aufs Gymnasium. 42 Kinder gehen auf Realschulen in Neuried oder Offenburg. Auf Offenburger Gymnasien wandern 71 Kinder aus. Durch diese hohe Zahl an »Auspendlern« besteht laut Verwaltung kein Platzmangel bei Gymnasium und Realschule. Interessant auch: Fürs kommende Schuljahr gibt es schon 98 Schulwechsel von Kindern. In den Vorjahren waren es wesentlich weniger. Das heißt: Der Elternwille spielt bei der Schulauswahl eine immer größere Rolle, so Nanine Delmas.
»Schule wird stiefmütterlich behandelt«
Manfred Kropp, Ortsvorsteher von Bodersweier, hat im Gemeinderat die Aussagen der Stadtverwaltung zur Werkrealschule Nord-Ost im Sachstandsbericht zur Kehler Schullandschaft scharf kritisiert. Während dort die Aktivitäten und Projekte der Hebel- und Wilhelmschule relativ ausführlich zur Sprache kommen, seien in dem Bericht der Verwaltung nur drei Zeilen zur Werkrealschule Nord-Ost aufgeführt – »drei negative Aussagen«, so Kropp, die zudem »tendenziös« seien.
Solche Aussagen von der Stadtverwaltung habe es schon häufiger gegeben: »Vielleicht sind es ja deshalb nur neun Anmeldungen in der Schule«, sagte Kropp, »weil dies zu einer Verunsicherung der Eltern geführt hat.« Stadtrat Andreas Hopp aus Bodersweier pflichtete ihm bei: »Was hier im Bericht zur Werkrealschule Nord-Ost drinsteht, ist diskreditierend für diese Schule. Ich finde das unmöglich. Hier wird eine Schule stiefmütterlich behandelt und schlecht gemacht.«