Kehl

Nach dem Krieg: Die Zeit der Provisorien

Alexander Gehringer
Lesezeit 3 Minuten
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07. Dezember 2016

Bahnhof Nummer vier: Kehls »Tor zur Welt« nahm sich in den 50er- und frühen 60er-Jahren eher schlicht und unscheinbar aus. Den Autoverkehr aus Straßburg leiteten die Wegweiser damals noch mitten durch die Innenstadt. ©Archiv Angelika Walter

Vor 50 Jahren sprangen die Signale des heutigen Kehler Bahnhofs erstmals auf Grün. In unserer zehnteiligen Serie laden wir zur großen Reise in die Kehler Eisenbahngeschichte ein: von 1844, als der erste Dampfzug die Stadt erreichte, über die Zeit legendärer Fernzüge bis zur Gegenwart des Bahnhofs im vereinten Europa.

Der Zweite Weltkrieg war noch nicht zu Ende, da verschwand bereits ein Großteil des bisherigen, beim Angriff im November 1944 schwer beschädigten Bahnhofsbaus: Schon im Winter 1944/45 wurde das malerische Empfangsgebäude vollends dem Erdboden gleichgemacht. Später folgte auch der dreistöckige Westtrakt; nur dessen Pendant östlich der Eingangshalle, das Eisenbahner-Wohngebäude, blieb bis 1962 stehen.

Da Kehl nach dem Krieg französisch besetzt war, fuhren die Züge für die deutschen Einwohner der Region zunächst nur bis Kork. Für die Besatzung lief der Bahnverkehr über Kehl reibungslos, nachdem amerikanische und französische Pioniere 1945 die Brücken über Rhein und Kinzig behelfsmäßig hergerichtet hatten. Das Rheinbrücken-Provisorium, in nur 76 Tagen erstellt, bestand aus sieben Teilen, darunter zwei ehemaligen Militärbrücken.

Mit der Freigabe Kehls ab 1949 konnten die heimkehrenden Bewohner dann auch wieder in der Stadt ein- und aussteigen – zunächst an der eigens errichteten Behelfsstation »Kehl-Kinzigbrücke«. Am 1. Januar 1952 gaben die Franzosen schließlich den eigentlichen Bahnhof frei, der danach wieder deutsch-französischer Gemeinschaftsbahnhof mit Fernzughalten und Zollkontrollen wurde.

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Nüchterner Behelfsbau
Von seinem einstigen schmucken Erscheinungsbild war freilich nichts geblieben. Statt einer Arkaden-Fassade empfing den Fahrgast jetzt ein nüchterner eingeschossiger Behelfsbau. Die französische Besatzung hatte diesen ursprünglich für Zoll und Polizei geschaffen; nunmehr beherbergte er neben dem Schalterraum immerhin auch eine Gaststätte. Die Deutsche Bundesbahn – 1949 gegründet – verzichtete vorläufig auf eine repräsentativere Visitenkarte in Kehl: Nachdem ein deutsch-französisches Abkommen 1953 die Rheinbrücken-Durchfahrtshöhe für Schiffe neu regelte, zeichnete sich ab, dass Gleise und Brücke in Kehl bald höhergelegt werden mussten; somit bahnte sich ohnehin ein komplett neues Gebäude an.

Indes erhielt der wieder normal laufende Grenzzugverkehr umgehend einen dauerhaften Rheinübergang. Nach zweijährigem Bau ging am 21. August 1956 die neue Dreiecksfachwerk-Brücke in Betrieb, wie das vorherige Provisorium nur eingleisig; ein geplantes zweites Bauwerk, das den Übergang wieder doppelspurig machen sollte, wurde letztlich nicht realisiert. Bei der Errichtung hatten Kräne und Bagger noch viele Trümmer der Ur-Brücke aus dem Wasser geborgen. »Nun wollen wir hoffen, dass die Brücke nicht mehr militärischen Aktionen zum Opfer fällt, sondern eine verbindende Brücke zwischen den Völkern diesseits und jenseits des Rheines ist und bleibt«, schrieb damals die Kehler Zeitung. 54 Jahre lang rollten die Züge über diese Brücke, bevor sie 2010 für den TGV durch die heutige ersetzt wurde – die wiederum zwei Gleise führt.

Schon am 1. Juni 1958 folgte der nächste Meilenstein im Kehler Bahnbetrieb: Die Oberleitungen bis Appenweier standen erstmals unter Spannung, nachdem die Strecke von Straßburg schon zuvor elektrifiziert war. Moderne Loks mit Stromabnehmer ersetzten nun nach und nach die alten Dampfrösser – auch auf der Rheintal-Hauptbahn. Als 1960 schließlich die endgültige Kinzigbrücke den Hilfsübergang aus den 40ern ablöste, präsentierte sich die Bahnstrecke rund um Kehl wieder auf der Höhe der Zeit – nur die neue Gleis- und Brückenhöhe ließ noch auf sich warten.

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