Radtour entlang der Tram-Trasse
Im Rahmen der trinationalen Architekturtage konnten sich Bürger beider Rheinseiten an zwei Sonntagen bei einer geführten Radtour über die städtebaulichen Entwicklungen in Straßburg und Kehl informieren. Herzstück und verbindendes Element ist dabei die Tram.
Straßburg und Kehl wachsen zusammen, worauf nicht nur die rege Bautätigkeit entlang der Tramstrecke hinweist. Für beide Städte eröffnen sich dadurch ungeahnte Möglichkeiten, wovon sich die rund 40 Teilnehmer der Radtour am Sonntag selbst ein Bild machen konnten. Auf französischer Seite erläuterte Yves Ayrault, ehemaliger Direktor der ENSAS (Hochschule für Architektur Straßburg), die städtebaulichen Dimensionen.
So sei Straßburg zwar immer schon eine Hafenstadt gewesen, doch es war vornehmlich die Ill, auf der die kommerzielle Schifffahrt stattfand. Mit dem Bau des Straßburger Rheinhafens und der Aufgabe des alten Hafens am Rande der historischen Innenstadt konnte ein großes Areal städtebaulich überplant werden. Ein schönes Beispiel, wie sich Konservierung und Modernisierung vereinen lassen, sei die Mediathèque André Malraux, so Yves Ayrault.
Östlich davon schließt sich – ebenfalls auf altem Hafengelände – das Eco-Quartier Danube an. Hier sollen auf sechs Hektar 650 Wohneinheiten entstehen. Herzstück wird der 16-stöckige Tour Elithis sein, der neben Wohnungen auch eine Schule beherbergen wird. Innenstadtnähe und Tramanbindung sollen die Bewohner dazu bringen, auf das Auto zu verzichten.
Citadelle und Starlette
Die Tour ging weiter über die neue Trambrücke am Vaubanbecken, das von unbebautem Niemandsland umgeben ist. Hier werden die Quartiere Citadelle und Starlette entstehen: »Eine Spielwiese für Architekten in the middle of nowhere«, schwärmte Yves Ayrault. »Und eines der wenigen Beispiele, wo die Verkehrsplanung der Wohnbebauung vorausgeht.« Die Tram werde der Motor der Stadtentwicklung in Richtung Osten sein.
Großes Entwicklungspotenzial zeitigte der Architekturprofessor auch dem ehemaligen Coop-Gelände, dem nächsten Stopp. Möglichst viele der alten Bestandsbauten sollen erhalten werden, um den rauen Industriecharme zu bewahren. Der bekannte französische Stadtplaner Alexandre Chemetoff wurde damit beauftragt, in den nächsten 15 Jahren aus dem halbrunden Industrieareal eine lebendige Symbiose aus Wohnen, Arbeiten und Kultur zu schaffen.
Zollhof wird neu gestaltet
Anschließend ging es auf die deutsche Rheinseite, wo Stadtplaner Matthias Kaufhold die zu großen Teilen französischsprachige Radlergruppe übernahm. Auch er betonte die städtebauliche Chance, die sich mit dem Tramprojekt eröffne. »Auch Kehl entwickelt sich zum Rhein hin«, sagte er. »Das Stück zwischen Tram-und Eisenbahnbrücke ist die einzige Stelle, wo die Stadt bis ans Ufer herangebaut werden kann.« Ein erster Entwurf sieht auf dem Zollhofareal eine Achse vom Bahnhof bis zum Rheinufer vor, mit einem Hotel, Gastronomiebetrieben und Sitzplätzen am Wasser. 2017 soll ein Investorenwettbewerb zur genauen Nutzung ausgeschrieben werden. Auch das Gelände der ehemaligen Großherzog-Friedrich-Kaserne und der Bereich am Yachthafen werden neu überplant. »Damit werden ufernahe Bereiche, die durch militärische oder staatliche Nutzung nie zugänglich waren, für die Öffentlichkeit erschlossen«, so Kaufhold.
Danach besichtigten die Teilnehmer die Baustelle der alten »Tulla«, in der das neue Kultur- und Bildungszentrum entsteht. Zum Abschluss der rund vierstündigen Tour ging es zum Aufwärmen ins Rathaus, wo die Möglichkeit zum weiteren Austausch bestand.