Kürzlich kaufte sich eine Kehlerin ein Navi-Gerät bei einem Online-Händler. Preis: 100 Euro. Die Lieferung klappte. Doch dann fehlten die lebenslangen Updates, die das Gerät haben sollte. Eine Beschwerde beim Verkäufer blieb erfolglos. Die Frau bat den Online-Schlichter in Kehl um Hilfe. Der nahm sich der Sache an: Der Verkäufer wandte sich schließlich an den Händler. Und die Kehlerin bekam ihre Updates.

Das ist nur ein Fall von mehreren Tausend, die der Online-Schlichter seit seiner Gründung 2009 geschlichtet hat. Allein 2014 hat die Einrichtung im Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz mehr als 1500 Fälle bearbeitet. Das waren 33 Prozent mehr als im Vorjahr. Zwei Drittel der über 1500 Fälle wurden erfolgreich geschlichtet. Dabei dauert das kostenlose Verfahren im Schnitt gut sechs Wochen.

Gestartet war der Online-Schlichter als ein baden-württembergisches Pilotprojekt. Nach und nach machten weitere Bundesländer und Partner aus der Wirtschaft mit. Hessen, Bayern, Berlin, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein haben sich – neben dem Stammland Baden-Württemberg – dem Projekt angeschlossen und unterstützen es finanziell.

Schlichter unverzichtbar

Seit 2013 profitieren auch die Verbraucher aus Rheinland-Pfalz vom Online-Schlichter in Kehl. Deshalb informierte sich am Wochenende Hannes Kopf, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Justiz- und Verbraucherschutzministerium, vor Ort über die Arbeit der Kehler Schlichter: »Wir wollen in Rheinland-Pfalz der Anbietermacht etwas entgegensetzen, damit die Verbraucher dieser Macht nicht ungeschützt ausgeliefert sind«, erklärte Kopf gegenüber der Kehler Zeitung. Die Online-Schlichtung bezeichnete der SPD-Politiker als »unverzichtbar« in einer digitalen Welt.

Er selbst habe kürzlich einen Handy-Vertrag über das Internet abgeschlossen, erzählt Kopf. Dann habe es Probleme gegeben, das falsche Gerät sei ausgeliefert worden. »Da war selbst ich als Jurist irgendwann am Ende meines Lateins«, berichtet der Staatssekretär.

73 Prozent mehr Fälle

Felix Braun, Projektleiter des Online-Schlichters, hob hervor: »Wir haben innerhalb eines Jahres eine Steigerung von 73 Prozent der Fälle mit Bezug zu Rheinland-Pfalz verzeichnet.« Dies zeige, dass die Entscheidung des Bundeslandes, bei dem Projekt mitzumachen, richtig gewesen sei, so Braun. Besondere Bedeutung hat der Online-Schlichter im aktuellen Gesetzgebungsprozess zur Verbraucherschlichtung. Diese muss es künftig in Deutschland für fast alle Bereiche geben. So schreibt es die europäische ADR-Richtlinie vor. Ziel ist es dabei, Stellen zu schaffen, mit deren Hilfe verbraucherrechtliche Streitigkeiten künftig außergerichtlich beigelegt werden können. Derzeit liegt dazu ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Der Online-Schlichter in Kehl sei aufgrund seiner Erfahrungen und seines Modellcharakters in Deutschland und in Brüssel in die Diskussionen auf den unterschiedlichsten Ebenen eingebunden gewesen, erklärt Felix Braun.