Straßburger Stadtrat lehnt Tiefengeothermie-Projekt ab
Nach dem Kehler Gemeinderat hat sich auch der Stadtrat von Straßburg am Montagabend einstimmig gegen das geplante Tiefengeothermie-Projekt im Straßburger Ölhafen ausgesprochen. Grund: Es gebe große Risiken für die Anwohner beiderseits des Rheins, weil der Standort in der Nähe von sogenannten »Soveso- Industriebetrieben« liege, die mit gefährliche Stoffen arbeiten.
»Die Stadt Straßburg gibt eine negative Stellungnahme zur Verwirklichung des Tiefengeothermieprojektes im Straßburger Rheinhafen ab, das Fonroche vorgelegt hat«, heißt es in der Stellungnahme, die die Straßburger Rathausspitze dem Stadtrat am Montagabend zur Abstimmung vorgelegt hatte.
In dem Text, den das Plenum einstimmig verabschiedete, fordert die Stadt den Präfekten auf, der Firma Fonroche Géothermie, »die Genehmigung für die Bohrungen und den Betrieb« an dem geplanten Standort im Straßburger Ölhafen »nicht zu genehmigen«. Es gebe »Unsicherheiten, was die möglichen Risiken für die in unmittelbarer Nähe stattfindenden Industrieaktivitäten betrifft, die als technologische Risiken eingestuft sind.«
Das von der Firma Fonroche ins Auge gefasste Grundstück befindet sich direkt gegenüber dem Raiffeisen-Kraftfutterwerk im Kehler Hafen auf deutscher Seite. Bereits vor der Sitzung des Stadtrates hatte der Erste Beigeordnete Alain Fontanel jedoch darauf hingewiesen, dass Straßburg trotz der Ablehnung des Erdwärmeprojektes im Hafen generell ein großes Interesse am Ausbau der regenerativen Energien habe, zu denen man auch die Geothermie zähle. Bis 2030 will die Eurometropole Straßburg mehr Energie erzeugen als verbrauchen.
Für Fonroche bedeutet die Ablehnung einen herben Rückschlag. Das Unternehmen ist eine Tochter der Fonroche-Gruppe aus Pau bei Toulouse, die sich auf Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien spezialisiert hat und seit zehn Jahren Geld mit dem Verkauf von Photovoltaikanlagen verdient. Fonroche wollte im Hafen eine der ersten Probebohrungen für vier geplante Blockheizkraftwerke auf dem Gebiet der Eurometropole starten. Die vier im Raum Straßburg geplanten Kraftwerke – neben dem Ölhafen in den Randgemeinden Eckbolsheim im Westen und in Hoenheim und Vendenheim im Norden – sollen aus 160 bis 200 Grad heißem Grundwasser, das aus 3500 bis 4500 Metern Tiefe an die Oberfläche gepumpt wird, Wärme und Strom liefern.
Insgesamt 240 Millionen Euro, so war der ursprüngliche Plan, sollen bis 2024 in den Bau dieser vier Blockheizkraftwerken in und um Straßburg investiert werden. Dazu hat sich Fonroche mit dem deutschen Tiefbohrunternehmen Herrenknecht Vertical GmbH, eine Tochter des Tunnelbauspezialisten Herrenknecht AG aus Schwanau, und dem Tiefbohrunternehmen H. Anger’s Söhne aus Hessisch-Lichtenau, in dem französisch-deutschen Firmen-Jointventure »Foragelec« zusammengeschlossen.
Sollten die Foragelec-Projekte erfolgreich sein, könnte damit nach Angaben der Firmenvertreter 80 Prozent des Heizwärmebedarfs im Raum Straßburg gedeckt werden. »Die Heizkosten wären 30 bis 40 Prozent unter den heutigen Gaspreisen«, sagte Jean-Philippe Soulé von Fonroche bei der Vorstellung der Projekte im vergangenen November.
Über die geplanten Geothermie-Kraftwerke in Straßburg hat die Präfektur das letzte Sagen. Beobachter gehen davon aus, dass das Projekt in Eckbolsheim die größten Chancen hat, genehmigt zu werden. Die öffentliche Anhörung dafür hatte zum gleichen Zeitpunkt wie für den Standort im Ölhafen stattgefunden.