Streit um Küchenflurhaus in Bodersweier
Darf man ein historisches Gebäude baulich verändern, wenn man es dadurch erhält? Um diese Frage streiten sich im Fall des Bodersweierer Küchenflurhauses die Geister.
Durch die Haustür betrat man damals unmittelbar die Küche, die sich die Bewohner mit der Stube teilten. Im »Obergeschoss«, das aufgrund der Dachschrägen kaum Platz zum Stehen bot, befand sich das Schlafzimmer. Einen Keller gab es nicht.
In sogenannten Küchenflurhäusern wohnten früher arme Leute. Das letzte seiner Gattung im Hanauerland steht seit 1992 im Bodersweierer Feschmattweg, nur wenige Meter vom ursprünglichen Standort in der Langstraße entfernt. Nachdem der Eigentümer gestorben war, hatte es die Stadt Ende der 1980er-Jahre gekauft, mit Unterstützung ehrenamtlicher Helfer restaurieren und als Kleinwohnung wieder aufstellen lassen. Nur weil es nicht mehr an seinem ursprünglichen Standort steht, fehlt ihm der Denkmalschutz, kulturhistorisch bedeutsam ist es aber dennoch.
Der Zahn der Zeit nagte weiter am Küchenflurhaus, das mit Fäulnis am um 1830 errichteten Fachwerk zu kämpfen hat, eine Sanierung wäre teuer. Also verkaufte die Stadt das Gebäude für schlappe 20 000 Euro an einen Ortsansässigen – einen Mann »vom Fach«, wie Ortsvorsteher Manfred Kropp betont.
Dass dieser nun aus Gründen der Wirtschaftlichkeit Veränderungen an der ursprünglichen Gestalt des Häuschens vornehmen und an beide Seiten des Daches verhältnismäßig große Gauben anbauen möchte, erregte jüngst im Gemeinderat, dem das Bauvorhaben vorgestellt wurde, helle Aufregung; schließlich sei es mit der Vorgabe verkauft worden, es »sachgerecht« zu sanieren, wie auch Baubürgermeister Harald Krapp betonte. Der Oberbürgermeister sprach gar von einer »Katastrophe«, das Vertrauen sei missbraucht worden, wertete Toni Vetrano, und der CDU-Fraktionsvorsitzende Richard Schüler schloss auch eine Rückabwicklung des Kaufvertrags nicht aus.
Davon indes hält der Ortsvorsteher wenig: »Wenn wir es zurückkaufen, müssen wir auch bereit sein, 120 000 Euro in die Hand zu nehmen«, so Kropp bei einem gemeinsamen Vor-Ort-Termin mit der Kehler Zeitung. Zu den Dachgauben sagt er: »Wenn das die einzige Möglichkeit ist, das Gebäude zu erhalten und einer Nutzung zuzuführen, ist es okay.«