Familie mit zwei Mamas: Sunny und Bettina Harter im Porträt
Vor fünf Jahren haben die ersten homosexuellen Paare auf Standesämtern in Baden-Württemberg geheiratet. Davor war das in den Rathäusern nicht möglich. Sunny und Bettina Harter aus Kehl haben sich im Juli das Ja-Wort gegeben. Das Paar erzählt von seinen Widrigkeiten und Erfolgen.
Es ist der ganz normale Alltag, wie in jeder anderen Familie auch. Die Kinder besuchen die Schule, die Eltern führen den Haushalt, gehen arbeiten. Der einzige Unterschied: Es gibt zwei Mütter:.Sunny (38) und Bettina Harter (40) aus Kehl sind seit Juli verheiratet. Auf dem Kehler Standesamt haben sie sich das Ja-Wort gegeben, ganz schlicht und einfach. Lediglich ein Trauzeuge und ihre Kinder waren dabei.
Drei Töchter haben sie, die älteste ist 25 Jahre alt und selbst schon Mutter. Die beiden jüngeren sind 12 und 8 Jahre alt. Bettina Harter war vor ihrer Beziehung mit Sunny bereits 19 Jahre verheiratet – mit einem Mann. Als sie ihm von ihrer Zuneigung zu Frauen erzählte, hat er sie und ihre Kinder auf die Straße gesetzt. »Er hat zu mir gesagt, ich sei keine gute Mutter«, erinnert sie sich. »Ich glaube, er akzeptiert es heute noch nicht, obwohl er eine neue Partnerin hat.« Ihre Kinder haben seit etwa einem Jahr keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater.
Ihr Ex-Mann hat ihrer Familie davon erzählt. Daraufhin nahm sie sich eine Auszeit. Jetzt ist alles wieder normal. Sie hat eine gute Beziehung zu ihrer Familie, ihre Homosexualität wird akzeptiert. Auch Sunnys Familie steht hinter ihr. »Mein Vater sagt immer: So lange ihr glücklich seid, ist alles in Ordnung.« Bloß ihre Stiefmutter scheint nicht ganz damit zurecht zu kommen. »Sie ist streng katholisch.«
»Pfui, geht’s noch?«
Ihre Freunde haben kein Problem mit ihrer Beziehung. Auf der Straße allerdings wird ihnen immer wieder nachgeschaut. »Es kommen auch schon mal dumme Sprüche. Da stehen wir drüber«, sagt Bettina Harter. Es seien vor allem junge Leute, die ihnen sagen: »Pfui, geht’s noch?«
»Mein Vater hat uns so erzogen, dass der Respekt gegenüber anderen zählt«, sagt Sunny. Doch gerade daran mangele es vielen Jugendlichen. Für ihre 12-jährige Tochter ist es in der Schule nicht einfach. Wenn sie von ihren Mamas spricht, kommen öfters blöde Sprüche. Doch sie hat gelernt, sich zu wehren, sich nicht alles gefallen zu lassen. »Ich bin enttäuscht, dass die Lehrer nicht durchgreifen«, sagt Bettina. Sie reagieren ihrer Meinung nach zu wenig.
Gemeinsamer Weg
Im Oktober 2013 sind sich Sunny und Bettina zum erste Mal begegnet. Über eine Bekannte haben sie sich kennengelernt. Bettina hatte zu dieser Zeit aber eine Freundin. Erst als 2015 die Beziehung beendet war, kamen sie und Sunny sich näher. Sunny lebte in Bochum, Bettina in Kehl. Im November 2015 zog Sunny dann zu ihrer Freundin. Sie hatte in Offenburg ein Jobangebot bekommen: »Ich kann hier arbeiten, soll ich gleich da bleiben?«, habe sie damals gefragt. »Da stand es schon fest, dass wir einen gemeinsamen Weg gehen wollen.«
Die beiden sind auf der Suche nach einer größeren Wohnung, damit jeder mehr Platz hat. »Das ist aber nicht einfach.« Vermieter hätten durchaus Probleme, wenn zwei Frauen zusammen wohnen.
Ende Mai, Anfang Juni wollen sie dann mit allen Freunden und der Familie die kirchliche Trauung groß feiern. »Es wird eine ganz traditionelle Hochzeit, nur, dass wir eben zwei Frauen sind«, sagt Bettina Harter. Die Hochzeit wird in einer evangelischen Kirche in Kehl gefeiert – Sunny hat sich extra umtaufen lassen. Vor Pfarrerin Claudia Baumann wollen sie sich dann ein zweites Mal »Ja« sagen.
Eingetragene Lebenspartnerschaft
Gleichgeschlechtliche Paare können seit Januar 2012 in Baden-Württemberg eine eingetragene Lebenspartnerschaft auch auf dem Standesamt schließen. Davor konnten sich homosexuelle Paare auf Landratsämtern trauen lassen. In Hamburg haben sich die ersten schwulen und lesbischen Paare im Mai 1999 auf den Standesämtern der Stadt das Ja-Wort gegeben.