Am späten Donnerstagnachmittag war es so weit: Zum ersten Mal nach 2007 musste die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) für Baden-Württemberg eine Ozon-Warnung an die Medien verschicken, weil an der Messstation Baden-Baden der kritische Wert von 240 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten wurde. Kurze Zeit darauf rutschten auch die von der LUBW-Station am Kehler Yachthafen gemessenen Werte in den roten Bereich. Bereits einen Tag zuvor, so Sebastian Scheinhardt, Mitarbeiter im Referat Luftqualität der LUBW, war Kehl mit 228 Mikrogramm Ozon/Kubikmeter Luft landesweit Spitzenreiter und überschritt bei weitem die sogenannte »Informationsschwelle«, ab der die Öffentlichkeit erstmals über steigende Ozon-Werte in Kenntnis gesetzt wird. 

Spätestens jedoch ab Erreichen der Alarmschwelle sollten sich gebrechliche Menschen und vor allem diejenigen, die unter Atemwegserkrankungen leiden, keinem Sport im Freien mehr zuwenden, rät der Kehler Hausarzt Ulrich Köhrle, der erst am Donnerstag wieder eine Asthma-Patientin in der Praxis betreute, die über verstärkte Atemprobleme klagte. Außerdem kann das Gas Ozon beim Menschen Kopfschmerzen hervorrufen.

Das Gas Ozon spielt nicht nur in der Erdatmosphäre eine Rolle, sondern kommt auch am Boden in geringer Konzentration vor, informiert die LUBW. Bei hohen Temperaturen bildet sich aber aus Sauerstoff, Stickstoffoxiden und flüchtigen organischen Verbindungen neues Ozon.

50 Messstationen

Am häufigsten wurden laut Scheinhardt die Grenzwerte in den 1990er-Jahren (damals wurde mit den Messungen begonnen) überstiegen. Nachdem Maßnahmen eingeleitet worden waren, flüchtige organische Stoffe aus Benzin, Reinigungs- und Lösungsmitteln zu verbannen und auch Autos (sie sind für Stickstoffoxide verantwortlich) mit Katalysatoren ausgestattet wurden, sank im Trend auch die über in langjährigen Messreihen festgestellte Ozonkonzentration wieder. »2015 wird unsere Jahresreihe aber wieder kaputt machen«, ist sich Scheinhardt mit Blick auf die bislang vorliegenden Daten sicher.

Rund 50 Messstationen besitzt die LUBW im Land. Trotz der Nähe zur Großstadt Straßburg nimmt Kehl in Sachen Ozonbelastung allerdings keinen Spitzenplatz ein. Eine Messstation im Südschwarzwald meldet Scheinhardt zufolge meist die höchsten Werte im Land. Was auf den ersten Blick widersprüchlich klingt, erklärt der Experte: Das in Autoabgasen ebenfalls enthaltende Stickstoffmonoxid reagiert mit Ozon und baut es dadurch ab. Außerdem würden viele an der Ozonbildung beteiligten Vorläuferstoffe über den Wind aus den Städten abtransportiert. Deshalb ächzen laut dem LUBW-Wissenschaftler ländliche Räume oft unter einer höherer Ozonbelastung als Innenstädte.