Kehl

Zweiklassengesellschaft beim Europass

Alexander Gehringer
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24. Mai 2017

Sie muss als Leutesheimerin draufzahlen, was sie sehr ärgert: Tram-Fahrgast Margarete Schnackenberg. ©Alexander Gehringer

Dass Kehl und Straßburg durch die Tram enger zusammenrücken, dazu will auch der »Europass Mini« beitragen. Doch in manchen Fällen ist er dann doch zu mini: Wer aus einigen Nord-Stadtteilen Kehls nach Straßburg fahren will, muss draufzahlen – im Gegensatz zu Fahrgästen aus der Kernstadt oder den übrigen Ortschaften.

»Diese Einteilung ist unsinnig und ungerecht. Ein Missstand.« Margarete Schnackenberg, Leserin der Kehler Zeitung, kritisiert in einer Mail an die Redaktion den »Europass Mini«  für den öffentlichen Nahverkehr zwischen Kehl und Straßburg. Grenzenloses Fahren verspricht diese Karte, die es seit 2011 gibt und die durch die Tram sicher an Bedeutung gewinnen wird. Mit dem Bus bis ins Zentrum Kehls und dann weiter mit der Tram oder dem Zug nach Straßburg, dort einen Tag lang freie Fahrt und abends zurück: Das ist mit einem Fahrschein für 6,60 Euro (Einzelperson) beziehungsweise 10,90 Euro (Familien) möglich.

Nicht grenzenlos

Aber nicht für alle Bürger der Gesamtstadt Kehl. Denn so grenzenlos der »Europass Mini« auf den ersten Blick auch scheint – mitten durch Kehl verläuft eine Grenze: Das Ticket umfasst aufseiten des Tarifverbundes Ortenau (TGO) nur die Tarifzone 20, nicht die Zone 21. Das bedeutet: Zwar können Bewohner der Kernstadt, Auenheims, Querbachs sowie der östlichen und südlichen Kehler Ortsteile quasi von der Haustür bis ins Herz Straßburgs fahren – Passagiere aus Bodersweier, Zierolshofen und Leutesheim müssen jedoch draufzahlen. Denn diese Ortschaften liegen in der eigenständigen Tarifzone 21, für die der »Europass Mini« nicht gilt. Daher ist der Fahrschein hier teurer (s.  Stichwort ). 

Für Margarete Schnackenberg, die in Leutesheim wohnt, ist dieser Zwei-Klassen-Tarif ein Ärgernis – und das nicht erst, seitdem die Tram nach Kehl kommt: »Ich habe das Problem schon vorher bei der Tourist-Info angesprochen. Und die Stadt macht ja viele Bürgergespräche, damit man den öffentlichen Nahverkehr mehr nutzt – aber dann gibt es so eine Ticket-Regelung«, beschwert sie sich. »Und ich gehe ja auch davon aus, dass wir die gleichen Steuern zahlen wie die Bürger in der Tarifzone 20. Warum werden wir im Norden dann benachteiligt?« 

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Im Sinne des Umweltschutzes sei dies schon gar nicht; »außerdem sollte man auch an die älteren Menschen aus den Dörfern denken, die nicht mehr Auto fahren können, oder an Leute, die sich aus finanziellen Gründen kein Auto leisten können«. Als Vermieterin einer Ferienwohnung sieht Margarete Schnackenberg auch noch einen zusätzlichen Standortnachteil: »Ich kann – im Gegensatz etwa zu Vermietern in Auenheim – bei meinen Gästen nicht damit werben, dass sie zum Fahrpreis von nur 6,60 Euro eine Straßburg-Tagestour machen können.«

"Ungerecht"

Der TGO-Tarifzonen-Zuschnitt ist der Leutesheimerin ohnehin ein Rätsel. »Wir sind ja räumlich viel näher an der Kernstadt dran als zum Beispiel Hohnhurst – und trotzdem liegt Hohnhurst in der gleichen Zone wie Kehl und damit im ›Europass Mini‹-Bezirk, Leutesheim aber nicht.« 

Bei aller Kritik gebe es auch einen Fortschritt bei den Tarifregelungen, seit die Tram den Rhein überquert: »Die TGO-Wochen- und Monatskarten der Zonen 20 und 21 gelten jetzt auch in der Tram-Linie D in Straßburg; das ist gut«, findet Margarete Schnackenberg. »Allerdings wundert mich, dass bei dieser Gelegenheit die ›Europass Mini‹-Regelung nicht auch gleich verbessert wurde.«
 

Stichwort

Extrakosten

Ein einzelner Fahrgast, der ein »Europass«-Tageskarte zwischen der Tarifzone 21 (Bodersweier/Zierolshofen/Leutesheim) und Straßburg benötigt, muss die ortenauweit gültige Version dieses Fahrscheins für 9,30 Euro wählen; der Passagier aus der Zone 20 (Kernstadt und übrige Ortsteile) kommt dagegen mit dem »Europass Mini« für 6,60 Euro aus, zahlt also 2,70 Euro weniger. Wollen mehrere Personen ab Zone 21 den »Europass Family« nutzen, so zahlen sie 14 Euro für dessen netzweite Ausführung – 3,10 Euro mehr, als ab Zone 20 für den Mini-Family-Pass fällig wären. Und wer ein Monatsticket bis Straßburg braucht, muss in den betroffenen drei Nord-Stadtteilen gleich zur normalen »Europass-Monatskarte« für 76 Euro greifen – während im übrigen Raum Kehl die »Europass-Monatskarte Mini« für nur 60 Euro genügt. 

Stichwort

Das sagt die TGO

Warum erfasst der »Europass Mini« die Zone 20, aber nicht die Zone 21 – und somit nicht ganz Kehl? 

»Als dieses Ticket 2011 eingeführt wurde, lautete die Idee, dass es maßgeschneidert für den unmittelbaren Grenzraum Kehl-Straßburg sein sollte«, erklärt Stefan Preuss, Geschäftsführer der Tarifverbund Ortenau GmbH (TGO). »Und als unmittelbarer Grenzraum wurden eben nur die beiden Tarifzonen von Kehl-Stadt und Straßburg gesehen – auch damit der ›Europass Mini‹ nicht zu teuer würde.« Weitere Argumente seien damals gewesen, »dass die Zone 20 schon recht groß ist, dass alle Bahnhalte der Gesamtstadt Kehl in dieser Zone liegen und dass man nur aus dieser Zone umsteigefrei nach Straßburg fahren kann, nicht aber aus der Zone 21«, so Preuss. 

Da der »Europass Mini« von den Städten finanziell nicht unterstützt werde, ergebe sich nicht zwangsläufig der Anspruch aller Stadtteile, hier gleichgestellt zu sein. Dennoch zeigt Preuss auch Verständnis für die Problematik im Kehler Umland: »Ich kann den Unmut persönlich nachvollziehen, und man kann das sicherlich in die nächsten TGO-Gespräche einbringen, die im Herbst stattfinden.« Sollte sich die TGO dann entscheiden, die Gültigkeit des Mini-Passes auf die nördlichsten Kehler Stadtteile auszudehnen, könne die Neuregelung frühestens im Juli 2018 in Kraft treten. Das größte Problem dabei aus Sicht von Preuss: »Wenn man den Geltungsraum vergrößert, muss das Ticket eventuell teurer werden – und das wollen wir eigentlich vermeiden.

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