Kinzigtal
»Ausbildung – wie macht man das?«
Sabine Schwendemann
19. August 2002
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»Sie haben noch einen Ausbildungsplatz zu vergeben und wir haben vielleicht den passenden Jugendlichen dazu!« Mit diesen wenigen Worten suchte Mathias Beisiegel, Leiter der Kommunalen Jugendarbeit, im Frühsommer Ausbildungsplätze für Jugendliche, die für September keine Lehrstelle hatten. Der beachtliche Erfolg: drei Ausbildungsplätze.
»Sie haben noch einen Ausbildungsplatz zu vergeben und wir haben vielleicht den passenden Jugendlichen dazu!« Mit diesen wenigen Worten suchte Mathias Beisiegel, Leiter der Kommunalen Jugendarbeit, im Frühsommer Ausbildungsplätze für Jugendliche, die für September keine Lehrstelle hatten. Der beachtliche Erfolg: drei Ausbildungsplätze.
Von Sabine Schwendemann
Haslach. Eigentlich hatte Mathias Beisiegel »dem Arbeitsamt nicht die Arbeit wegnehmen«. Vor ein paar Monaten kam der Leiter der kommunalen Jugendarbeit im Haslacher Jugendhaus mit Schülern ins Gespräch, die mitten in den Realschul- und Hauptschul-Abschlussprüfungen steckten. Und die nicht wussten, wie es danach weitergehen sollte. »Einige haben begeistert berichtet, dass sie nach der Schule jobben wollen«, berichtet er.
Er hakte nach, weshalb sie keine Lehre anstreben. Und stieß auf eine riesige Wissenslücke. Eine Lehre – was ist das, wo macht man das, wie kommt man an Adressen, wie sieht eine Bewerbung aus, was passiert beim Vorstellungsgespräch – lauter offene Fragen, vor allem bei jungen Aussiedlern.
Viele Jugendliche sind schlichtweg überfordert«, meint Beisiegel. Die vielen Möglichkeiten der Berufsfindung kennen sie nicht, oder sie verwirren die jungen Menschen. Sprachschwierigkeiten tun ihr Übriges, weshalb sie sich nicht ins Berufsinformationszentrum nach Offenburg oder zum Arbeitsamt trauen. Berufsfindung – das ist für sie etwas Bedrohliches. Was für vielfältige Möglichkeiten es gibt, wenn jemand beispielsweise »was mit Metall machen will«, ist ihnen völlig unbekannt. »Andere Jugendliche sehen das als Chance. Sie freuen sich, dass sie selbst entscheiden dürfen«.
Besonders die Sprache ist oft ein Problem bei Bewerbungen. Junge Aussiedler sprechen zwar oft fließend Deutsch. »Aber sie schreiben, wie sie sprechen«, berichtet Beisiegel. Es hapert an korrekten Formulierungen. Bei Bewerbungen ein k.-o.-Kriterium Das Jugendhaus-Team war der erste Ansprechpartner für die Ratsuchenden – das nennt sich im Fachjargon übrigens »Niedrigschwelligkeit«.
Wertvolle Tipps
Unter den Jugendlichen sprach sich herum, dass Beisiegel hilft, Tipps gibt, vermittelt, zuhört. Das ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit als Leiter der kommunalen Jugendarbeit und nennt sich offiziell »Jugendberatung«. »Darunter kann man alles und nichts verstehen«, verdeutlicht er den schwammigen Begriff. Beisiegel verstand darunter »alles«. Er setzte sich mit den Jugendlichen stundenlang zusammen und schrieb Bewerbungen. Er führ mit ihnen nach Offenburg ins Berufsinformationszentrum, suchte nach Lehrstellen.
Nach der kleinen Meldung im »Bürgerblatt« und dem Offenburger Tageblatt riefen auch tatsächlich Firmen im Jugendhaus an, die noch Lehrstellen zum 1. September zu vergeben hatten. Gesucht wurden Handwerker: Zimmerleute, Maler, Lackierer und Gastronomie-Azubis.
Beisiegel schrieb die freien Stellen am Schwarzen Brett aus, informierte sich, wie der Arbeitsplatz aussieht, was von den Bewerbern gefordert wird – und gab das weiter. Das motivierte die Schüler. Eine Bewerbung war plötzlich nicht mehr so bedrohlich, Beisiegel kannte »die Leute da« ja schließlich.
Drei Jugendliche wurden so vermittelt. »Nicht viel, aber bemerkenswert für so eine spontane Aktion«, meint er dazu. Und ist auch ein bisschen stolz darauf. Schließlich habe eine groß angelegte Lehrstellen-Aktion in Offenburg mit viel Geld und Aufwand nur acht Stellen ergeben, erinnert er sich.
Eine Stelle in der Gastronomie ist noch frei. Dass sie besetzt wird, glaubt Beisiegel nicht. Es sei zu spät, die Jugendlichen hätten sich meist nach Alternativen umgesehen, manche gehen weiter zur Schule. »Das ist ein heimeliger Ort. Das kennt man und da muss man sich um nichts kümmern«, beschreibt Beisiegel die Sicherheit, die viele nicht aufgeben wollen.
Neues festes Angebot?
Nachdem die eher ungeplante Aktion so großen Zuspruch gefunden hat, will Beisiegel im Frühling noch intensiver auf Beratung und Betreuung setzen. Bewerbungstraining, Rhetorikkurs, Anzeigen schon ab März oder April schweben ihm vor. »Vielleicht wird es ein festes Angebot. Mal schauen, was draus wird.«