"Backbonenetz wird für die Bürger schon bald spürbar werden"
Der flächendeckende Breitbandausbau kommt (wir berichteten auf der Ortenauseite). Am Donnerstag stellten Diana Kohlmann und Klaus Beck vom Landratsamt die Pläne in der Hausacher Stadthalle vor und beantworteten die Fragen der Kinzigtäler Kommunalpolitiker.
Es war am Donnerstagabend der zweite von insgesamt neun Informationsabenden, an denen Diana Kohlmann für die vom Kreistag beschlossene »Breitband Ortenau GmbH & Co.KG« wirbt, den Breitbandausbau im Detail vorstellt und die Fragen der Verwaltungsspitzen und Gemeinderäte beantwortet.
Und davon gab es in der Hausacher Stadthalle eine ganze Menge an die Stabsstelle Breitband beim Landratsamt Ortenaukreis, die zuvor das Backbone-Netz und die GmbH mit vielen Zahlen detailliert vorstellte (siehe Stichwort).
Nachteile für den Ländlichen Raum?
So stieß sich der Oberwolfacher Bürgermeister Matthias Bauernfeind daran, dass die Rückflüsse über die Pacht an den Anschlüssen festgemacht werden und nicht am Kilometer Leitungsbau. Seine einfache Rechnung: »Der ländliche Raum wird dabei wieder benachteiligt, weil wir viel mehr Leitungen für viel weniger Anschlüsse zu verlegen haben«.
Dort, wo viele Anschlüsse seien, gebe es gar kein »Marktversagen«, dürfe der Landkreis somit gar nicht eingreifen. Das ländliche Gebiete mit wenigen Anschlüssen für diese wenigstens den gleichen Pachtbetrag bekämen, sei ein kleines Trostpflaster. Dass es in der GmbH kein »gegenseitiges Einstehen« geben könne, sei aber Vorgabe der Rechtsaufsicht.
Der Hornberger Bürgermeister Siegfried Scheffold nannte es »einem normal denkenden Bürger kaum vermittelbar«, dass durchs lange Gutachtal ein teures Parallelnetz gebaut werden muss, wo doch Telekom-Glasfaser bereits im Boden liegt. »Mir auch nicht«, gab Diana Kohlmann lakonisch zu. Man könne die Telekom aber nicht zwingen, ihre Leitungen zu verpachten: »Land und Bund verhandeln noch«, so Kohlmann.
Betreiber kommt ins Tal
Hornberg habe bereits eine Ortsnetzplanung – 100 Anschlüsse in den Außenbereich seien für einen Betreiber nicht gerade prickelnd, befürchtete Scheffold, dass nach Hornberg gar keiner kommt. Hier konnte ihn Kohlmann beruhigen: Das Netz werde für die ganze Ortenau ausgeschrieben und vom Betreiber deshalb auch als Ganzes gesehen.
Dass andere Gesellschaften sich jetzt noch »die Rosinen aus dem Kuchen picken« und dort schnelles Internet noch hinbringen, wo eine Rentabilität in wenigen Jahren zu erwarten ist, müsse man hinnehmen, dagegen gebe es keine gesetzliche Handhabe. Die Schreiben, die viele Bürger aber gerade bekämen, dass »alle beglückt« würden, seien sehr unrealistisch. Man könne die Versprechen nämlich gar nicht einfordern.
Das Breitband Ortenau GmbH plane, überall Glasfaser hinzubringen, nicht wie beim »Modell Telekom«, so das Glasfaser nur bis zu einer Verteilstation, wo es dann mit Kupfer weitergeht – mit den bekannten Leitungsverlusten. Andere Landkreise nähmen für den Hausanschluss 2000 Euro, »dann macht aber keiner mit«, prophezeite Diana Kohlmann Anschlussgebühren von 300 bis 500 Euro.
Kalkulationsgrundlage
Genaue Kostenberechnungen werde es erst mit der Planung geben, aber die Zahlen, die die Gemeinden inzwischen bekommen hätten, seien belastbare Zahlen aus der Kalkulation: »Damit können Sie pro Ausbaugebiet kalkulieren, und wenn Sie 50 Prozent Förderung annehmen, haben Sie’s nicht schöngerechnet«, beantwortete Kohlmann eine Frage des Hausacher Bürgermeisters Manfred Wöhrle.
Ihre wichtigste Antwort für die Bürger: Die Ortsnetze werden nach und nach ausgebaut, in den Jahren 2017 bis 2019 werden »einige Bürger etwas spüren«. Sie rechnet damit, dass auf 15 Jahre der gesamte Ortenaukreis versorgt sein wird.
Die Ortsnetzplanung für 39 Orte (andere hatten bereits eine) sei als Gesamtpaket ausgeschrieben. Nach der ersten Stufe hatten sich vier Interessenten gemeldet. Nächste Woche starte die zweite Stufe, in der diese ihre Preisvorstellungen abgeben.
Breitbandausbau Ortenau
◼ Backbone: aus 700 Kilometer Glasfaser, davon 284 Kilometer Neubau (21,8 Mio. Euro) und 417 Kilometer Synergietrasse (10,8 Mio. Euro)
◼ Ziel: mindestens 50 Mbit/sec asymetrisch für privat und symetrisch für gewerblich.
◼ Zeitplan: Juli 2017 Ausschreibung erste Bausegmente Backbone und Ortsnetzbau, Förderantrag für diese Bausegmente, September 2017 Vergabe und Baubeginn.
◼ Investitionen: Backbone 38,7 Millionen Euro für die ersten drei Jahre, elf Millionen Euro ab dem 4. Jahr für Erweiterungstrassen, Längs- und Verbindungstrasse über 15 Jahre 264 Millionen Euro, Hausanschlusstrasse über 15 Jahre 104 Millionen Euro. Die Investition hat sich in etwa 34 Jahren amortisiert.
◼ Laufende Kosten: 432 000 Euro jährlich für vier Mitarbeiter und Sachkosten.
◼ Förderung: für die ersten drei Jahre 48 Millionen Euro fürs Ortsnetz und 23 Millionen Euro fürs Backbone-Netz.
◼ Finanzierung der Restsumme und der laufenden Kosten: 50 Prozent Ortenaukreis, 50 Prozent die Kommunen, gestaffelt nach Einwohnerzahlen. Stammkapital ein Euro pro Einwohner.