Interview mit Lokführer Hermmann Schmid

»Die GDL gefährdet Arbeitsplätze«

Claudia Ramsteiner
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08. November 2014
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Lokführer Hermann Schmid vor seinem Heimatbahnhof in Hausach. Er ist in einer Zeit Lokführer geworden, als diese noch verbeamtet wurden. Dennoch ist er Mitglied in der Gewerkschaft Deutscher Lokführer.

Lokführer Hermann Schmid vor seinem Heimatbahnhof in Hausach. Er ist in einer Zeit Lokführer geworden, als diese noch verbeamtet wurden. Dennoch ist er Mitglied in der Gewerkschaft Deutscher Lokführer. ©Claudia Ramsteiner

Hermann Schmid (64) aus Hausach ist noch Lokführer der Deutschen Bahn AG, auch wenn er in der letzten Phase seiner Altersteilzeit keine Lok mehr fährt. Und er ist noch Mitglied der Gewerkschaft Deutscher Lokführer, auch wenn er sich derzeit über deren Boss ärgert. Wir sprachen  mit Hermann Schmid über die Arbeitsbedingungen der Lokführer und den Sinn der Gewerkschaftsarbeit.

Wollten Sie schon als Bub Lokführer werden?
Hermann Schmid: Nein, das war eher Zufall. Ich habe nach der Bundeswehr noch ein halbes Jahr in einem Hornberger Betrieb gearbeitet und habe dann durch einen Freund mitbekommen, dass die Bahn Lokführer sucht. Es war die richtige Entscheidung, und ich würde mich auch wieder so entscheiden.

Sie wurden in einer Zeit Lokführer, als diese noch verbeamtet wurden. Sie durften also nie streiken?
Schmid: Bis zur Wende 1989 waren alle Lokführer Beamte. Dann wurde die Deutsche Bahn mit der Reichsbahn verbunden, wo es keine Beamte gab. In der Folge wurde auch bei uns der Beamtenstatus abgeschafft. Ja, und dann hat man plötzlich gemerkt: Hoppla, die dürfen jetzt ja streiken.

Das heißt, die älteren Lokführer müssen auch jetzt während des Streiks fahren.
Schmid: Ja. Das führt aber manchmal zu so kuriosen Situationen, dass ein Güterzug irgendwo stehenbleibt, weil die Übergabe daran scheitert, dass der übernehmende Lokführer gerade streikt. Bei Reisezügen wird darauf geachtet, dass auf der gesamten Strecke Lokführer fahren, die nicht streiken dürfen.

Sie sind als Beamter trotzdem Mitglied der Gewerkschaft für Lokführer – obwohl Sie Arbeitskämpfe gar nicht mit dem letzte Mittel unterstützen dürfen. Warum?
Schmid: Weil ich es wichtig gefunden habe, dass es eine Institution gibt, die die Arbeitsbedingungen mit dem Arbeitgeber verhandelt. Und die GDL hat auch durchaus viel herausgeholt. Speziell für Lokführer mit wechselnden Schichten. Die große Gewerkschaft, die sich jetzt EVG nennt, hat die Arbeitsbedingungen für alle DB-Mitarbeiter ausgehandelt.

Sprechen wir über die Arbeitsbedingungen. Was verdient denn ein Lokführer?
Schmid: Das Anfangsgehalt für einen ausgebildeten Lokführer liegt bei rund 1800 Euro brutto. Das ist in der Tat wenig im Vergleich zu dem, was ein ausgebildeter Facharbeiter in der Industrie verdient.

Und dabei hat ein Lokführer recht unregelmäßige Arbeitszeiten?
Schmid: Die Arbeitszeiten sind quasi rund um die Uhr, es gibt keinen geregelten Schichtdienst wie sonst bei fast allen Schichtarbeitern. Die Arbeitszeiten sind an den Fahrplan gekoppelt. Die Abfahrt steht fest, der Dienstantritt beginnt etwa eine halbe Stunde vorher. Die Schichtlänge ist auf maximal zwölf Stunden begrenzt, wenn mindestens zwei Stunden Pausen enthalten sind. Es gibt zwar Wochenpläne mit einer gewissen Gleichmäßigkeit. Aber man beginnt an einem Tag mal um 22.10 Uhr, am nächsten um 0.10 Uhr und am übernächsten um 3.15 Uhr. Nach 56 Stunden gesamter Schichtlänge ist ein Ruhetag angesagt.

Das macht das Familienleben und ein Freizeitengagement in einem Verein sicher nicht einfach?
Schmid: Das Engagement in einem Verein kann man vergessen. Ich hatte das Glück, dass ich tagsüber immer schlafen konnte und dass mir meine Frau den Rücken freigehalten hat. Aber die gesundheitlichen Folgen durch die unregelmäßigen Schichten sind nicht zu unterschätzen, viele Kollegen sind dadurch krank geworden.

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Es geht aber bei diesem Streik jetzt gar nicht mehr nur um Geld oder Arbeitsbedingungen?
Schmid: Nein, jetzt geht es um Machtspiele. Die GDL will auch die Zugbegleiter vertreten. Ich weiß nicht, was sich Weselsky dabei denkt und was er wirklich will. Klar, Zugbegleiter haben ähnliche Bedingungen. Aber ich meine, die GDL müsste sich auf die Lokführer konzentrieren.

Was meinen Sie, wie es nun weitergehen kann nach dem langen Streik? Finden GDL und Bahn zueinander?
Schmid: Die Gespräche sind so festgefahren, da will keiner Nachgeben. Da müssen dringend neutrale Schlichter kommen, die den Karren aus dem Dreck ziehen. Die Forderungen, die die GDL stellen, sind verkehrt. Wenn sie zwei Stunden weniger Arbeitszeit für die Lokführer wollen, kommen alle anderen auch. Ich könnte mir das eher als Zeitgutschrift vorstellen für jene, die auch wirklich nachts arbeiten. Die Deutsche Bahn steht unter großem Konkurrenzdruck. Das wird schon ein Argument sein, nicht zuviel Zugeständnisse zu machen. Sonst kommen die irgendwann auf die Idee, dass es lohnender ist, nur für die Trassen zu kassieren als selbst Züge zu fahren. Der Streik gefährdet Arbeitsplätze bei der Deutschen Bahn. Da gibt es genügend andere, die nur darauf warten, dass sie die Züge übernehmen können.

Können Sie die Empörung der Bahnkunden verstehen?
Schmid: Auf jeden Fall. Warnstreik ja, aber man darf einen Konflikt nicht auf diese Art auf dem Rücken der Kunden austragen.

Dann können Sie auch Andrea Nahles verstehen, die nur noch eine Gewerkschaft pro Betrieb will?
Schmid: Ich bin für das Streikrecht, und es muss auch kleine Gewerkschaften geben. Ich glaube auch nicht, dass der Nahles-Vorstoß beim Bundesverfassungsgericht durchgeht. Dann kann man das Streikrecht der kleinen Gewerkschafet gleich kippen. Dann gibt es nur noch große Gewerkschaften, und die kungeln dann wieder mit der Betriebsleitung. Das kann nicht die Lösung sein.

Ich weiß nicht, ob heute Buben immer noch Lokführer werden wollen. Würden Sie’s Ihnen empfehlen?
Schmid: Nicht uneingeschränkt.

 

ALLE INFORMATIONEN zum LOKFÜHRERSTREIK DER GDL finden Sie hier. 

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