Auerwild-Revier: Gütschkopf-Windräder vor dem Aus?
Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt wertet den Gütschkopf in Oberwolfach als Balz-, Brut- und Aufzuchtgebiet für Auerwild – und damit als Windkraft-Ausschlussgebiet. Was das für das Badenova-Projekt bedeutet, prüft das Regierungspräsidium Freiburg aber noch.
Der Gütschkopf in Oberwolfach ist nach Auffassung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) und des Amts für Umweltschutz im Landratsamt Ortenaukreis Balz-, Brut- und Aufzuchtgebiet von Auerwild. Ob diese Einschätzung das Aus für die drei geplanten Windräder der Badenova bedeutet, muss das Regierungspräsidium Freiburg als höhere Naturschutzbehörde klären.
Am 9. Februar schickte das Offenburger Naturschutzamt seine Einschätzung, die der Redaktion vorliegt, gemeinsam mit der ergänzten Stellungnahme der FVA ans Regierungspräsidium, bestätigte Pressesprecher Kai Hockenjos gestern. Weitere Adressaten: Die Ökostrom Consulting Freiburg als Antragsstellerin nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSch) sowie die Verwaltungen von Oberwolfach und Wolfach.
Alle drei Anlagen betroffen
Die FVA habe mit Schreiben vom 19. Januar ihre bisherige naturschutzfachliche Stellungnahme ergänzt, heißt es im Brief aus dem Landratsamt. »Daraus geht hervor, dass sich alle drei geplanten Windenergieanlagen auf Flächen befinden, die als Balz-, Brut- oder Aufzuchtgebiet des Auerhuhns eingestuft und somit der Auerhuhnkategorie eins zugeordnet werden.« Die Kot- und Federfunde vom Juni, »die zu dieser Einstufung führen, werden als sicherer Reproduktionsnachweise gewertet«.
Die Bewertung habe zur Folge, dass durch Bau und Betrieb der Windräder der »artenschutzrechtliche Verbot-Tatbestand« nach Paragraf 44 des Bundesnaturschutzgesetzes erfüllt sei, folgert das Amt, »da wild lebende Exemplare des streng geschützten Auerhuhns während der Fortpflanzungs- und Aufzuchtzeiten erheblich gestört würden«.
Die Einschätzung bedeutet aber noch nicht das Aus für die drei Windräder. Das Landratsamt übergab die Frage, ob eine Ausnahme vom Verbot zugelassen wird oder nicht, an das Regierungspräsidium Freiburg als höhere Naturschutzbehörde. Eine Ausnahme sei etwa »aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art« möglich.
Entscheidung im März erwartet
Die Einschätzung des Landratsamts liege vor und werde geprüft, sagte Markus Adler, Pressesprecher im Regierungspräsidium, gestern. Einen konkreten Zeitplan gebe es nicht. Aber: »Ich rechne im Laufe des Monats mit einer fachlichen Entscheidung durch uns.« Zwar müsse die Frage, ob eine Ausnahme möglich sei, vom Regierungspräsidium geklärt werden. Das formal letzte Wort über den BImSch-Antrag habe danach aber wiederum das Landrats-amt, sagte Adler.
Oberwolfachs Bürgermeister Matthias Bauernfeind geht davon aus, »dass es auf jeden Fall letztlich von irgendwelchen Gerichten entschieden werden wird«. Er sei kein Experte und könne die Einschätzung der FVA nicht bewerten. »Ich denke, das Regierungspräsidium wird zur richtigen Entscheidung kommen.« Wichtiger erachtet Bauernfeind das Thema Abstände zur Wohnbebauung, wenn diese geringer ausfallen dürften als zum Auerwild. »Das ist etwas, was man kritisch hinterfragen muss.« Der Flächennutzungsplan bleibt damit aber vorerst weiter in der Schwebe. »Wir warten, warten und warten.«
Einschätzung der FVA
Ausschlaggebend für die Neubewertung des Gütschkopfs durch die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) sind die Funde von Kot und Federn von Auerwild vom 23. Juni 2016.
Schon zuvor wurde das Umfeld der geplanten Anlagen als Verbreitungsgebiet des Auerwilds eingestuft. Ein Brut-, Balz- und Aufzuchtgebiet war 555 Meter entfernt von einem der Windräder gelistet. Trotzdem war das Areal nur den weniger strengen Auerhuhnkategorien zwei beziehungsweise drei zugeordnet. »An dieser Stelle wäre der Bau der geplanten Anlagen mit der Auflage eines naturschutzrechtlichen Ausgleichs genehmigungsfähig gewesen«, lautete die Einschätzung zur Situation vor den Funden.
Dass auch Spuren von Küken gefunden wurden führe aber zu einer Neubewertung des Gebiets. Innerhalb eines Kilometers um den Fundort gelte das Areal nun als Brut-, Balz- und Aufzuchtgebiet (BBA). »Aus fachlicher Sicht liegen damit alle drei geplanten Anlagen innerhalb eines BBA-Gebiets.« Eine Manipulation der Funde »kann nicht nachvollzogen werden«.