Hausach

Fahrrad-Lesung des Stadtschreibers im strömenden Regen

Claudia Ramsteiner
Lesezeit 4 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
08. Mai 2017

(Bild 1/2) Stadtschreiber Joachim Zelter liest im Saal des Gasthauses »Hirsch« in Einbach nach der ersten kurzen Radtour aus Kolumnen und Büchern, die allesamt etwas mit dem Radfahren zu tun haben. ©Claudia Ramsteiner

Die Leselenz-Stadt Hausach ist immer wieder für eine Überraschung gut. Wie die erste »Fahrrad-Lesung« mit Joachim Zelter. Trotz strömenden Regens radelten mehr als 30 Besucher mit dem Stadtschreiber von Lesung zu Lesung.

Es war wohl eine Mischung aus radfahrenden Literaturfreunden, bücherverliebten Radfahrern und Ski-clubradlern, die mit Joachim Zelter schon unterwegs waren und jetzt miterleben wollen, wie der Typ denn so liest. Der Typ liest klasse. Der liest so, dass man vom Hören seiner Kolumen, die er fürs Offenburger Tageblatt geschrieben hat, dreimal so viel hat wie nur vom Lesen. 

Doch von vorn, denn die Stadtschreiberlesung am Sonntagnachmittag  musste man sich erst einmal verdienen. Gut 30 Besucher waren mit dem Fahrrad zur Stadthalle gekommen – selbst Leselenz-Leiter José F. A. Oliver ist nach rund zehn Jahren mal wieder aufs Rad gestiegen. Und das Wetter? »Hausach ist ein Fasentstädtle, und die Katzenmusik oder die Elfemess fallen auch nicht aus, wenn’s regnet«, gab Oliver als Losung aus, und ab ging’s feucht-fröhlich zum  ersten »Aufstieg« zur »Monika« ins Einbachtal.

Mehr Schriftsteller als Brillengeschäfte

Im Gespräch mit José Oliver verrät Joachim Zelter dort, dass er »eigentlich gar kein sportlicher Mensch« sei, dass er Hausach als »wunderbare Erleichterung des Berufs« erlebe, und dass dagegen Tübingen eine »Wüste der Einsamkeit und ein Dschungel der Schlangengruben« sei. Aber immerhin habe Tübingen mehr Schriftsteller als Brillengeschäfte. »Bleiben Sie doch hier, dann hat Hausach auch mehr Schriftsteller als Brillengeschäfte«, versucht ihn Bürgermeister Manfred Wöhrle abzuwerben.

Mit seiner »Ode an den Matscher«, wie man seine erste gelesene Rad-Kolumne auch überschreiben könnte, gewinnt Joachim Zelter die Herzen der Skiclub-Radler im Sturm. »Matscher« ist Matthäus Schmider, der schon mal 600 Kilometer am Tag mit dem Rad runterspult, jeden Winkel des Schwarzwalds kennt und der, so flachst Oliver, gut als Sportbeauftragter des Hausacher Leselenzes taugen würde.

Die Geister, die man rief . . .

- Anzeige -

Und dann kommen die Hausacher in den Genuss einer Lesung aus einem Roman, der noch gar nicht erschienen ist – aber, wie könnte es anders sein an diesem Tag – vom Radfahren handelt. Und im übertragenen Sinn vom Mitläufertum, vom Leistungsdruck und darum, wie man es schafft, Menschen ohne Stacheldraht in einem System zu halten. 

Der Stadtschreiber liest von Klaus Urspring, der die »mittleres Gruppe« eines Radtreffs leitet und diese zu Höchstleistungen anspornt. Und dann lernte Joachim Zelter hier Matthäus Schmider kennen und fühlte Oscar Wilde bestätigt und dessen Zitat, dass nicht die Literatur ein Abbild der Realität sei, sondern umgekehrt die Realität ein Abbild der Literatur: »Man hat da was geschrieben, und dann kommen die Geister, die man rief . . .«

»Ich suche den Stoff nicht aus, der sucht mich aus«

Joachim Zelter gesteht, dass alles, was er schreibt eigene Obsession ist: »Ich suche den Stoff nicht aus, der sucht mich aus.« Ein Zelter-Buch durchläuft zwei Phasen. Eine ungestüme, in der er drauf los schreibt, und eine kritische Phase der Überarbeitung. In dieser Phase sei er hier in Hausach gerade mit mehreren Werken gewesen.

Mittlerweile regnet es draußen Bindfäden und man beschließt, die zweite Lesung nicht in Gutach-Turm, sondern gleich hier in Einbach anzufügen. Auch dafür hat Zelter eine Passage aus seiner Politsatire »Der Ministerpräsident« herausgesucht, die vom Radfahren handelt – und wie auf dem Rennrad die Rückkehr eines Politikers nach schwerer Erkrankung inszeniert wird.

»Die Würde des Lügens«

Klatschnass kommt die Gruppe dann zur letzten Lesung im Molerhiisle an – um zu sehen, wie so ein Stadtschreiber lebt – und  eher nicht, um kleine Pfützen auf seinem Fußboden zu hinterlassen. In der kurzen Lesung aus »Die Würde des Lügens« kommt kein einziges Fahrrad vor. Aber Joachim Zelter erfüllte damit einen Wunsch von José Oliver, für den dieses Buch eines der besten Sittengemäldes der 70er-Jahre ist. Das hätte auch Gisela Scherer gefallen, deren Namen das Stipendium Joachim Zelters trägt. Dass die Veranstaltung nach einer Verschiebung genau auf ihren Namenstag fiel, empfand Oliver als glückliche Fügung. 

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kinzigtal

Xxxxxxxxx Foto: Xxxxxxxxx
vor 3 Stunden
Haslach im Kinzigtal
Die Freien Wähler im Wahlkreis Haslach/Zell haben ihre Kandidaten für die Kreistagswahl vorgestellt. Mühlenbachs früherer Bürgermeister Karl Burger tritt nach 30 Jahren nicht mehr an.
Der Roboter ist Geschichte: Josef Vetterer (von links), Oliver Kiefer, Michael Schönauer, Lucas Bächle und Bürgermeister Thomas Geppert stellten am Mittwoch den nagelneuen Grillo-Rasentraktor vor. Zum Entladen kann der den Fangbehälter in die Höhe recken. 
vor 3 Stunden
Wolfach - Halbmeil
Der Roboter ist Geschichte: Ein Aufsitz-Mäher soll die Pflege des Halbmeiler Sportplatzes effizienter machen und auch besser für den Rasen sein.
Zwischen Liebich-Villa und der Firma Brüstle ist genug Platz für gutes Wohnen, hat die provisorische Absteckung der Baugrenzen gezeigt. 
vor 9 Stunden
Gutach
Für alle Interessenten des genossenschaftlichen Bauens auf dem Liebich-Areal findet am Montag, 29. April ein erster Workshop statt, in dem die Ziele der Planungsgemeinschaft diskutiert werden.
Künftig erhalten die Feuerwehrleute für einen Einsatz 15 statt zwölf Euro.
vor 12 Stunden
Schenkenzell
Für Schenkenzells Feuerwehrleute gibt es künftig mehr Geld. Der Gemeinderat hat die Feuerwehr-Entschädigungssatzung angepasst. Die letzte Erhöung gab es 2013.
Die Pflege des Brauchtums ist eine der Aufgaben des Bundes Heimat und Volksleben. Regelmäßig werden daher Kreistrachtenfeste ausgerichtet, wie etwa 2016 in Ottenhöfen. 
vor 15 Stunden
Oberwolfach
Der Oberwolfacher Martin Welle ist seit Kurzem Vorsitzender des Bundes Heimat und Volksleben, dem größten Trachtenverband Deutschlands. Er erzählt, wie es dazu kam und was er alles vor hat, um die Tradition aufrecht zu erhalten.
Im Dachgeschoss des gemeindeeigenen Gebäudes in der Straße Heilig Garten wird das Badezimmer für rund 20.000 Euro saniert. 
vor 19 Stunden
Schenkenzell
Das Bad in einer gemeindeeigenen Schenkenzeller Wohnung ist in die Jahre gekommen und soll bis zum Sommer saniert werden. 20.000 Euro wird die Sanierung kosten.
Ehrung beim DRK-Ortsverein Bad Rippoldsau-Schapbach (von links): Stefan Günther (stellvertretender Präsident des DRK-Kreisverbands), Dietmar Rebell (zweiter Vorsitzender des Ortsvereins), Gisela Lobmiller (Kreisbereitschaftsleiterin), Erna und Ludwig Kern sowie Bürgermeister Bernhard Waidele.
vor 20 Stunden
Bad Rippoldsau-Schapbach
In der Hauptversammlung des DRK-Ortsvereins Bad Rippoldsau-Schapbach wurde der Vorsitzende Ludwig Kern für 50-jährige Mitgliedschaft geehrt.
Der Jahresausflug der Hausacher Landfrauen führt am 21. September nach Heidelberg. 
vor 20 Stunden
Kinzigtal
Der Landfrauenverein stellt sein abwechslungsreiches Programm vor, das allen Frauen offensteht. Schon am kommenden Dienstag geht es in die „Shower World“ nach Schiltach.
"Die ist voll flauschig", sagt die neunjährige Kim (rechts). Völlig angstfrei lassen die Kinder die Vogelspinne von Kevin Sperlich über ihre Hände krabbeln.
vor 20 Stunden
Kinzigtal
Eine sehr große Resonanz erfuhr die Ausstellung "Die Welt der Riesenspinnen" am Sonntag im katholischen Pfarrheim. Viele Familien nutzen die Chance, sich die exotischen Tiere anzuschauen.
Der neue Vorstand des Verschönerungsvereins (sitzend, von links): Gabriele Haubner, Andrea Brucher, Alexandra Vollmer-Himmelsbach und Albert Lienhard. Hinten, von links: Bernhard Obert, Günther Benz, Klaus Matt, Thomas Obert und Bürgermeister Nicolai Bischler.
vor 20 Stunden
Steinach
Der Verschönerungsverein Steinach hat den langjährigen Vorsitzenden Berthold Obert aus seinem Amt verabschiedet. Nun sind jüngere Mitglieder am Zug, die offen für neue Ideen seien.
Das Parken in der Wolfacher Innenstadt und ob es künftig dazu noch Parkautomaten braucht ist eins der wesentlichen Themen im geplanten Verkehrskonzept. 
27.03.2024
Wolfach
Parkautomaten, Stellplätze, E-Mobilität und mehr: Mit der Beauftragung des Büros Fichtner Water & Transportation legte Wolfachs Gemeinderat den Grundstein für ein umfangreiches Projekt.
Ein Mobilfunkmast im Hofstetter Außenbereich soll Funklöcher schließen (Symbolfoto). 
27.03.2024
Hofstetten
Der Gemeinderat Hofstetten zeigte sich in seiner Sitzung am Dienstagabend zuversichtlich, was das Thema Mobilfunkversorgung angeht: Zwei mögliche Mast-Standorte favorisiert die MIG nach Untersuchungen.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.