Franz Untersteller wirbt in Wolfach für Energiewende
Ein klares Bekenntnis zur Energiewende gab Landes-Umweltminister Franz Untersteller am Montag beim Besuch im Rathaus Wolfach ab. Dabei beschränkte er sich aber nicht allein auf Strom und die Windkraft – auch Wärme und Verkehr müssten Thema werden.
»Wir werden keinen Erfolg mit der Energiewende haben, wenn wir nicht auch den Wärme- und Verkehrssektor einbeziehen«, betonte Landes-Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Montag bei einem Pressegespräch im Wolfacher Rathaus.
Auf Einladung der Landtagsabgeordneten Sandra Boser (Grüne) war Untersteller gestern ins Kinzigtal gekommen. Nach einer ausgiebigen Besichtigung bei Duravit, bei der das Thema Ressourceneffizienz im Fokus stand, galt der nächste Halt dem Wolfacher Rathaus. Die Energiewende im Allgemeinen und die Windkraft im Speziellen waren die Themen, die Untersteller dort erörtern wollte – zunächst eine knappe Stunde mit der Presse, danach waren noch einmal knapp 30 Minuten für einen Austausch mit den Bürgermeistern Thomas Geppert und Matthias Bauernfeind hinter verschlossenen Türen geplant.
Der Ausstieg aus der Atomkraft einerseits, die Beschlüsse der Weltklimakonferenz 2015 in Paris andererseits stellten hohe Herausforderungen dar, die es zu erfüllen gelte, resümierte der Minister: 2019 soll das Kernkraftwerk Philippsburg II vom Netz gehen, Ende 2022 Neckarwestheim II – wenn es nicht vorher schon Anlass gebe, einzuschreiten. »Einen solchen Anlass sehe ich aber im Moment nicht.«
Stromgewinnung sinkt, der Verbrauch steigt
Rund zehn Milliarden Kilowattstunden Strom würden durch das Abschalten eines Kernkraftwerks wegfallen, rechnete Untersteller vor. Etwa 80 Milliarden Kilowattstunden würden in Baden-Württemberg jährlich verbraucht, dagegen im Land aber schon jetzt gerade 59 Milliarden Kilowattstunden Strom gewonnen. »Tendenz sinkend«, sagte Untersteller – im Gegensatz zum Verbrauch, der eher steige.
Die Ziele der Weltklimakonferenz bedeuteten für ein Industrieland wie Deutschland eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 80 Prozent oder mehr bis Mitte des Jahrhunderts. Massive Änderungen seien die Folge, bei Kraftwerken und im Verkehr. Obendrein schwebe die Frage nach dem Kohleausstieg – und was nach Atom und Kohle komme.
Teil der Lösung ist für Untersteller im Mix der regenerativen Energien die Windkraft (siehe Kasten). Die Wasserkraft in der Region sei dagegen eher ausgeschöpft: 107 Megawatt Leistung lieferten die Anlagen in der Ortenau –allein 96 Megawatt davon das Wasserkraftwerk Gambsheim, der Rest verteile sich auf eine Vielzahl kleiner Anlagen. »Davon kommt nicht die Rettung der Energiewende.«
Fragen und Antworten rund um die Windkraft
- Der Anteil der in Baden-Württemberg durch Windkraft gewonnenen Energie liegt unter zwei Prozent – ist Windenergie da also der richtige Weg?
»Die Windkraft ist ein Weg. Sie ist nicht der Königsweg, aber sie ist einer«, erklärte Franz Untersteller. »Es geht um sowohl als auch.«
- Wie groß ist die Hintertür, die eine Ausnahmegenehmigung zum Bau von Windkraftanlagen am Gütschkopf Oberwolfach ermöglichen würde?
Das Regierungspräsidium müsse entscheiden. »Ich werde den Teufel tun, dieser Entscheidung vorzugreifen«, betonte Untersteller. Es gelte, abzuwägen, was überwiege – der strenge Artenschutz oder das öffentliche Interesse. Investoreninteressen hätten auf den Prozess keine Auswirkung, hob der Minister auf Nachfrage hervor: »Geld spielt keine Rolle für die Genehmigungsbehörden.«
- Ein direkter Austausch mit der Bürgerinitiative vor Ort?
»Ich lade Sie gern mal ein, nach Oberwolfach zu kommen«, sagte Bürgermeister Matthias Bauernfeind und regte einen direkten Austausch, auch mit Vertretern der Bürgerinitiative »Radlos«, an. »Das wäre ein gutes Zeichen in dieser angespannten Lage, die wir haben.«
»Das nehme ich gerne mit«, entgegnete Untersteller – ein Austausch mit Fachleuten aus dem Umweltministerium sei aber sinnvoller. »Es ist politisch schwierig, einen Austausch zu bekommen«, sagte Sandra Boser – zumal der aus Erfahrung seitens der Kritiker auch nicht immer erwünscht sei. Ein konkretes Angebot des Landes an die Kommunen sei das »Forum Energiedialog«, ergänzte Untersteller. »Ich glaube, dass das ein guter Weg ist.«
- Lässt sich der von den Kommunen geforderte »substanzielle Beitrag« zur Windkraft konkretisieren?
»Die heiße Frage ist ja immer dieser substanzielle Beitrag«, resümierte Thomas Geppert. Er wollte daher wissen, ob es zumindest ein kleines Signal von Untersteller gebe, ob die Verwaltungsgemeinschaft ihren Beitrag gegebenenfalls auch ohne das Gebiet am Gütschkopf erfülle: »Was nicht da ist, kann man nicht herzaubern.«
»Nein«, entgegnete Untersteller – er könne dazu nichts sagen. »Alles andere wäre Ihnen ein X für ein U vorgemacht.« Das sei eine juristische Einschätzung. Er empfahl den Bürgermeistern, nach der Entscheidung zum Gütschkopf den Kontakt zu den Verwaltungsrechtlern im Regierungspräsidium zu suchen.
Konkreter formulieren lasse sich die Forderung nach dem »substanziellen Beitrag« nicht, erwiderte Untersteller auf Nachfrage des Offenburger Tageblatts: Das sei Bundesrecht.
Zu wenig Konkretes
Es war zu erwarten: Wirkliches Licht ins Dunkel der Windkraft-Debatte an Wolf und Kinzig vermochte Franz Untersteller gestern nicht zu bringen. Kein klares Wort zum substanziellen Beitrag, keine Rückendeckung für den immer wieder verzögerten Flächennutzungsplan-Prozess, keine Vision, wie der Energie-Mix der Zukunft neben der Windkraft aussehen soll. Immerhin: Untersteller nahm sich mehr Zeit als geplant. Die wäre angesichts der verhärteten Fronten in der öffentlichen Debatte aber im direkten Austausch – auch mit den Kritikern – besser investiert.