Für die Muslime ist heute der erste Fasttag des Ramadan
Gestern Abend begann der Ramadan, der Fastenmonat der Muslime. Heute ist der erste Fasttag. Viele Muslime, die hier im Kinzigtal leben, halten diese Fastenzeit ein – ob in der Schule oder am Arbeitsplatz. Wir sprachen mit Suvat und Nalan Yegin aus Hausach über den Ramadan. Suvat Yegin kam 1980 als 14-Jähriger nach Hausach, er ist der zweite Vorsitzende des Türkischen Kulturvereins in Hausach. Seine Frau Nalan lebte bis zur Heirat 1987 in Frankreich.
Was bedeutet Ihnen der Ramadan?
Suvat Yegin: Der Ramadan hat viele Bedeutungen. Das Fasten ist ein Befehl von Gott. Wir sollen in dieser Zeit auch der Armen gedenken und uns Gedanken machen, wie Armen Menschen leben.
Nalan Yegin: Ramadan bedeutet aber nicht nur Fasten, sondern auch fünfmal täglich beten und die Abkehr vom Bösen. Der Körper gesundet ja auch durch das Fasten, aber das steht eher im Hintergrund.
Dass Fasten auch dem Körper gut tut, kann ich nachvollziehen. Aber in der Sommerhitze 18 Stunden lang nichts trinken kann doch nicht gesund sein?
Nalan Yegin: Es ist im Koran so geschrieben. Gott hilft uns dabei.
Suvat Yegin: Der Mensch kann alles, wenn er will.
Sie haben drei erwachsene Töchter. Wie haben Sie das mit Ihren Kindern gehalten? Ab wann mussten die mitfasten?
Suvat: Mussten? Die Kinder wollten das. Die haben danach gefiebert, mit uns zu fasten.
Schon von klein auf? Mussten Sie da nicht eher bremsen?
Suvat: Selbstverständlich müssen junge Menschen nicht nur geistig, sondern auch körperlich dazu bereit sein. Wir haben das so gehalten, dass sie zunächst nicht den ganzen Monat, sondern nur ein, zweimal in der Woche mitgefastet haben. Es ist nicht so, dass wir unsere Kinder zu etwas zwingen. Meine jüngste Tochter beispielsweise beharrt darauf, ein Kopftuch zu tragen. Von mir aus braucht sie das nicht, meine Frau trägt auch kein Kopftuch. Aber es ist ihr Wille.
Wie sieht bei Ihnen das abendliche Fastenbrechen aus? Gibt es da ein besonderes Essen?
Suvat: Bisher haben wir uns zum Iftar immer im Verein versammelt. Drei bis vier Familien haben sich jedes Wochenende zusammengetan und für alle gekocht. Leider hat das Interesse daran nachgelassen, dieses Mal findet das zum ersten Mal nicht statt. In der Moschee in Haslach gibt es die Möglichkeit noch. Und am Schluss wird auch bei uns im Verein noch gemeinsam gefeiert.
Nalan: Man sollte auch Arme einladen, aber die gibt es hier gar nicht. Wir essen zu Hause, mit unserer Tochter, manchmal auch mit Verwandten. Aber es ist gefährlich, abends zu viel zu essen. Es gibt meistens Suppe, Salat, solche Dinge.
Das Spenden für Arme gehört aber auch zum Ramadan?
Nalan: Ja, man sollte etwa den Tagesbedarf für eine Person spenden. Wer krank ist und nicht fasten kann, der holt das nach. Wenn das nicht geht, etwa chronisch Kranke, spenden dafür mehr.
Und wohin spenden Sie?
Suvat: Das geht in die Türkei und wird dort für die Armen verwendet. Wenn das überall jeder machen würde, dürfte es eigentlich keine Armen mehr geben.
Sie arbeiten in der Firma Richard Neumayer. Wie geht das Fasten während der schweren Arbeit?
Suvat: Ich arbeite jetzt schon mehr als 30 Jahre bei Neumayer und habe noch immer während des Fastens voll gearbeitet. In diesem Jahr wird es besonders schwer, weil wir ausgerechnet während des Ramadans die längsten Tage haben. Und für mich beginnt der Ramadan auch gleich mit der Nachtschicht. Um 21.30 Uhr, wenn wir zusammen essen könnten, bein in der Firma. Und nach der Schicht ist die Sonne schon wieder aufgegangen. Der einzige Vorteil ist, dass ich während der Arbeit etwas essen und trinken kann.
Wie reagieren denn Ihre Arbeitskollegen aufs Fasten?
Suvat: Die Arbeitskollegen kennen das längst, wir sind ja viele Türken bei Neumayer. Da gibt es überhaupt keine Probleme.
Ist das nicht sehr schwer, in der Vesperpause zu verzichten, wenn andere essen und trinken?
Suvat: Das macht mir nichts aus. Natürlich ist es nicht leicht, sonst wäre es ja auch kein Opfer. Einmal im Jahr kann man doch etwas für Gott tun und sich ein bissle anstrengen.
Und wie geht das mit dem fünfmal beten?
Nalan: Daheim geht das gut. In der Türkei ruft die Moschee zum Gebet, hier schauen wir halt auf die Uhr. Es gibt einen Plan, der auf unsere Region abgestimmt ist. Um 3.59 Uhr ist das Ende der Essenszeit, eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang ist das erste Gebet.
Suvat: In der Türkei ist das auch während der Arbeit möglich. Hier geht das nicht. Ich hole das halt nach der Arbeit nach.
Muslime im Allgemeinen und Türken im Besonderen bekommen in letzter Zeit viel Gegenwind. Leiden Sie darunter?
Suvat: Zum Glück hier in Hausach überhaupt nicht, hoffentlich bleibt das so. Aber in den Medien bekommen wir das natürlich mit, und wir leiden auch darunter. Jeder soll doch leben, wie er will, solange er niemanden damit schadet.
Nalan: Und gute und böse Menschen gibt es überall.