Inklusion im Kinzigtal (16)

Hans-Peter Matt: »Barrierefreiheit muss sexy sein«

Claudia Ramsteiner
Lesezeit 3 Minuten
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21. April 2017

Hans-Peter Matt zeigt in seinem Büro die Präsentation, die er für einen Workshop in Hamburg vorbereitet hat. Dort geht es in der kommenden Woche drei Tage lang um die Barrierefreiheit in öffentlichen Freizeitbädern. ©Claudia Ramsteiner

Wenn jeder Mensch mit und ohne Behinderung überall dabei sein kann, dann nennt man das eine gelungene Inklusion. In einer Serie beleuchten wir die Inklusion im Kinzigtal – wo sie gelingt und wo es noch hapert. Heute: Hans-Peter Matt aus Haslach. Dies sollte der letzte Teil dieser Serie sein, es gibt aber nächste Woche noch einen »Nachschlag«.

Ist Barrierefreiheit ein Randgruppenthema, das aus sozialen Gründen den armen behinderten Menschen entgegenkommt? Das ist jetzt mal überspitzt formuliert – und für Hans-Peter Matt völlig inakzeptabel. Mit seinem Beratungsbüro in Haslach-Schnellingen arbeitet er intensiv dafür, dass Barrierefreizeit »sexy« wird. Das heißt: ökonomisch sinnvoll, wirtschaftlich relevant, weil sie eine Infrastruktur schafft, die das Leben für alle ein wenig besser macht. Und vor allem: Weil sie zum Standard wird und dann auch nicht unbedingt teurer ist als die Welt mit Barrieren.

Nehmen wir mal die Dusche. Mittlerweile ist die alte Wannendusche teurer als die barrierefreie Lösung. Und kein Mensch denkt mehr darüber nach, dass eine bodengleiche Dusche etwas mit Behinderung zu tun haben könnte. Sie ist selbstverständlich geworden. »Genauso muss es funktionieren«, sagt Hans-Peter Matt, und dafür arbeitet er mit seinem Beratungsbüro. 

»Ich wäre schon froh, wenn die Integration überall funktionieren würde«

In Deutschland habe man sich den Luxus geleistet, nach dem Zweiten Weltkrieg die Menschen zu separiereen und viel Geld investiert, damit sie in ihren eigenen Einrichtungen  »versorgt« waren. Nach der Exklusion, der Ausgeschlossenheit, kam die Integration: Dass alle Menschen überall dabei sein können. »Ich wäre schon froh, wenn die Integration überall funktionieren würde«, sagt Matt.

Nun arbeitet man endlich an der Inklusion: der selbstbestimmten Teilhabe aller Menschen. Und weil diese in den Kindergärten und Schulen gerade erst begonnen habe, rechne er noch mit zwei, drei Generationen, bis sie wirklich gelebt werde.  Wie neulich Victoria Agüera Oliver de Stahl, die über die Inklusion an den Schulen in Andalusien berichtete, sieht auch Matt südliche Länder wie Griechenland, Italien oder Spanien auf diesem Gebiet viel weiter.

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Der Grund liegt auf der Hand: Weil dort schon vom Kindergarten an nicht separiert wird, wachsen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen miteinander auf. »Und Bürgermeister, Architekten und Ingeneure, für die Menschen mit Handikap in ihrem Umfeld von Kind an etwas völlig Normales sind, denken anders«, sagt der 49-Jährige. Die Barrieren müssten zu allererst aus den Köpfen verschwinden – und nicht erst dann, wenn das Thema im engen Familien oder Freundeskreis akut werde. 

Barrierefreiheit erschließt neue Zielgruppen

Für Hans-Peter Matt ist klar: Der Abbau von Barrieren bringt ökonomische und wirtschaftliche Vorteile, denn »je selbstständiger behinderte Menschen sind, umso weniger Kosten verursachen sie«. Außerdem erschließe die Barrierefreiheit neue Zielgruppen und sei auch für Eltern mit Kinderwagen, für stark übergewichtige, sehbehinderte und natürlich für alte Menschen von Vorteil.

»Wir leben Inklusion«, lautet der Slogan seines Beratungsbüros. Matt sieht sich als »selbstständiger Botschafter und Missionar«. Und wenn er seine Dienstleistung in Rechnung stelle, sei auch dies ein Stück »gelebte Inklusion«, weil sie ihm eine selbstbestimmte Teilhabe am Berufsleben ermögliche.

Lesen Sie am kommenden Mittwoch noch einen Nachschlag zur Serie über die Inklusionsbeauftragten im Ortenaukreis und im Gemeindetag Baden-Württemberg

Zur Person

Hans-Peter Matt

Der gelernte Gas-Wasser-Installateur war 19 Jahre alt, als er vor ziemlich genau 30 Jahren bei einem Autounfall querschnittsgelähmt wurde. Er absolvierte eine Ausbildung zum Industriekaufmann und hängte später noch ein Studium zum Betriebswirt dran. Nachdem die Firma, bei der er angestellt war, in die Insolvenz ging, stand er plötzlich wieder bei der Arbeitsvermittlung. Und die hatte ihm nichts anderes zu bieten als eine Pförtnerstelle im Krankenhaus.
Das war 2003, als Kanzler Schröder die »Ich-AGs« probagierte. Matt gründete ein Beratungsbüro, entwickelte mit Haltegriffen und einem speziellen Waschtisch die ersten Produkte, mit denen er »Klinken putzen ging«. Heute ist er als Berater sehr erfolgreich tätig für Kommunen, öffentliche Einrichtungen (wie beispielsweise der Nationalpark), Hotels und Industrie überall dort, wo es um Barrierefreiheit geht. 
 

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