»Ich kenne mich hier gut aus«
»Zwei Stunden mit...« nennt sich die Reihe zur Bürgermeisterwahl am 12. Oktober in Wolfach, in der das Offenburger Tageblatt einen Blick auf die Menschen hinter der Bewerbung wirft. Für die Treffen dürfen sich die Kandidaten einen Ort oder eine Beschäftigung aussuchen – egal, ob es ein Spaziergang, das Hobby oder ein Besuch auf dem Spielplatz. Heute: ein Porträt über Wolfram Alster aus Frankfurt.
Eigentlich ist alles bereit für den Porträt-Termin mit Wolfram Alster. Doch dann spinnt die Technik. Der Wurm ist drin und das Gespräch über den Internetdienst »Skype« kann nicht stattfinden. »Dann rufe ich Sie eben an und wir unterhalten uns«, sagt der 39-Jährige, der Bürgermeister von Wolfach werden möchte.
Derzeit ist Alster viel unterwegs. »Ich möchte alle Beratungstermine in diesem Jahr über die Bühne bringen«, sagt er mit Blick auf den möglichen Amtsantritt am 1. Januar. Alster ist Selbstständig und berät Verkehrsunternehmen bei Ausschreibungen. Davor war er für die Deutsche Bahn tätig.
Dass er kommunalpolitisch keine Erfahrung hat, könne er kompensieren: »Ich weiß wie Politik funktioniert.« Sein Engagement im Bundesvorstand des Verbands der Taxi-, Mietwagen- und Personenverkerhsunternehmen sowie in einem neuen Verband der Eisenbahn- und Verkehrsunternehmer helfe ihm ebenfalls. »Außerdem bin ich mir nicht zu schade nachzufragen, wenn ich etwas nicht weiß« – Wolfach habe schließlich eine professionelle Verwaltung.
Als Rathauschef möchte Alster seinem Credo treu bleiben und »Menschen gleichberechtigt behandeln«. Der in Frankfurt geborene Kandidat ist überzeugt: »Man kommt so weiter, als wenn man die Menschen unter Druck setzt.« Vorgesetzte müssten die Ideen der Belegschaft aufgreifen, Leuten Aufgaben zuweisen und ihnen etwas zutrauen. »Das fehlt immer mehr in Deutschland«, bemerkt Alster.
Ganz oder gar nicht
Salopp sagt Alster über Alster, dass er ein »bekennender Faulpelz« sei, erklärt aber sogleich: »Ich stehe auf Entschleunigung. Die Zeit ist zu schnelllebig geworden.« Deshalb habe er als Selbstständiger die Arbeitszeit reduziert, denn er lege großen Wert auf seine Freizeit. Sollte er die Wahl gewinnen, werde er wieder voll einsteigen. »Ich mache die Dinge ganz oder gar nicht.«
Alster beschreibt sich als häuslichen Menschen, der gern kocht und im Kräutergarten ist. »Ansonsten bin ich eher introvertiert.« Über Musik könne er aber wochenlang referieren. Zu seinen Lieblingsgenres gehört Jazz, er hört Katie Melua, Leonard Cohen und Jorge Campo.
Derzeit liest er drei Bücher und ist ein echter Sammler: »Ich habe etwa 20 000 Bücher«, berichtet der 39-Jährige, der seit Anfang des Jahres eine Immobilie für seine Eltern, sich und seine Freundin rund um Wolfach sucht. Eine Bedingung: Seine Bücher müssen unterkommen.
Sowohl er als auch seine Eltern fühlen sich mit dem Schwarzwald verbunden. »Meine Eltern machen seit 45 Jahren hier Urlaub und kommen immer öfter«, sagt er. Er selbst sei, abgesehen von beruflichen Terminen, schon 40 Mal hier gewesen – »sei es in Wolfach, Hausach oder Hornberg. Ich kenne mich hier gut aus«. Nun will die Familie in ein Mehrgenerationenhaus ziehen, am liebsten nach St. Roman oder Halbmeil. »Es sieht auch schon so aus, als hätten wir etwas gefunden«, verrät der Kandidat.
Bei einem seiner Aufenthalte ist er auf die Idee gekommen, sich für das Amt zu bewerben. »Ich habe lang überlegt und mir vorgenommen, es durchzuziehen«, erinnert er sich. Ein Konzept habe er bereits aufgestellt, will aber nicht ins Detail gehen. Nur so viel: »Ich habe ein klares Bild, wie sich die Stadt entwickeln soll. Dafür bin ich bereit, dreieinhalb Amtszeiten zu investieren.« Dann wäre Alster 67.
Am Telefon verrät der 39-Jährige, was er in den ersten 100 Tagen als Schultes machen möchte: »Ich werde jeden der städtischen Mitarbeiter persönlich kennenlernen, um zu hören, was die Menschen beschäftigt.« Auch mit den Bürgern möchte er eng zusammenarbeiten.
Einen Wahlkampf mit Vorstellungsrunden und Hausbesuchen wird Alster nicht führen. Er komme ohnehin ins Gespräch mit den Menschen. Und: »Sollte ich es nicht schaffen, bin ich niemandem böse. Ich werde trotzdem herziehen«, unterstreicht er gegen Ende des Telefonats.