Kleine Schritte zu weniger Plastik
Die Eu verlangt von ihren Mitgliedsstaaten, den Verbrauch von Plastiktüten drastisch zu senken. Kostenlose Plastiktüten gibt es in den Läden und Märkten des Kinzigtals nur noch selten. Sehr viel mehr hat sich seit dem letzten Bericht vom April 2016 aber noch nicht getan.
Dass Plastik gefährlich ist für die Umwelt, wird kaum jemand bestreiten. Und doch wird man täglich damit konfrontiert: im Haushalt, bei Elektrogeräten, an Spielwaren, im Kosmetikbereich, in Kleidungsstücken oder als Tablettenstreifen. Plastik hat zwar viele Vorteile, doch die Entsorgung ist ein großes Problem.
»Das kommt mir nicht in die Tüte« lautete der Titel der Jahrestagung des Ständigen Ausschusses »Hauswirtschaft und Verbraucherthemen« der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands. Jeanette Fischer, stellvertretende Vorsitzende des KfD-Dekanats Offenburg-Kinzigtal, referierte bereits bei der KfD im Kinzigtal. Die Haushälterin im Hausacher Pfarrhaus brachte erschreckende Erkenntnisse mit.
Sechs Prozent des Plastikmülls landet im Meer
Insgesamt würden jährlich 200 bis 250 Millionen Tonnen Plastik weggeworfen, ein Viertel davon in Europa verbraucht, das meiste davon in Deutschland. Allerdings liegen die Deutschen im Plastiktütenverbrauch unter dem EU-Durchschnitt (siehe Hintergrund). Zwischen 1994 und 2011 hätte sich die Abfallmenge pro Jahr fast verdoppelt. »42 Prozent werden recycelt, 52 verbrannt und sechs landen im Meer«, so Fischer. Das bedeute, dass 18 000 Plastikteile pro Quadratkilometer auf dem Meer schwimmen »und in unsere Nahrungskette zurückgelangen«. Bis Plastik verrotte könnten bis zu 500 Jahre vergehen.
»Plastik zu Papier«, forderte die Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac neulich in einer Pressemitteilung. Schalen aus Papier, Pappe oder Holzschliff seien den Plastikverpackungen vorzuziehen. Nicht nur das Umdenken in Sachen Plastiktüten sei erforderlich, sondern ein klares Bekenntnis zu Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen oder Recyclingmaterial für Obst und Gemüse«, sagt Kovac, einzige südbadische CDU-Abgeordnete im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft.
»Papier, Pappe und Holzschliff können wichtigen Beitrag leisten«
Das Bundesumweltministerum sehe die Zukunft der Verpackungen im Mehrweg. Doch Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen und Recyclingmaterialien, die aus hygienischen Gründen oft nicht mehrwegfähig seien, aufgrund einer grundsätzlichen Bewertung eine Absage zu erteilen, hält Kovac für zu kurzsichtig. »Papier, Pappe und Holzschliff können einen wichtigen Beitrag auf dem Weg hin zu einer ökologisch vertretbaren Verpackungspraxis leisten«, machte sie deutlich.
Metzgerei sucht Wege zur Kunststoffvermeidung
Bei der Hausacher Metzgerei von Jürgen und Armin Decker werden die Wurst- und Fleischwaren inzwischen in Papiertüten über die Theke gereicht, was bei den Kunden gut ankomme. Ganz auf Plastik kann jedoch auch hier nicht verzichtet werden. »Die Plastikbecher in unterschiedlichen Größen können aber mehrmals verwendet werden«, erklärt Decker. Zwar werden sie aus hygienischen Gründen von der Metzgerei nicht zurückgenommen, könnten aber im Haushaltsgebrauch mehrfach zur Aufbewahrung von Lebensmitteln und anderen Dingen eingesetzt werden.
Man könne die Plastikbehälter zwar zum Befüllen wieder mitbringen – aber sie dürfen aus hygienegesetzlichen Gründen nicht hinter der Theke befüllt werden, erläutert Armin Decker. Das Papier, in dem Wurst und Fleisch eingewickelt werden, ist (noch) mit Kunststoff beschichtet. »Es würde sonst aufweichen«, sagt Armin Decker, man sei aber stetig auf der Suche nach Besserungen.
Plastiktüten nur gegen Geld
In den Edeka-Märkten wird schon lange für Plastiktüten Geld verlangt. »Viele kaufen entweder Papiertüten oder Stofftaschen oder bringen den eigenen Einkaufskorb mit«, sagt Wunnibald Lehmann vom Edeka-Markt Lehmann in Haslach. »Wir bieten den Kunden zahlreiche ökologisch vorteilhafte Alternativen für den Transport ihrer Einkäufe, wie Baumwolltaschen, Permanenttaschen oder Non-Woventaschen, die aus recycelten PET-Flaschen hergestellt werden«, berichtet Christhard Deutscher, Geschäftsbereichsleiter Unternehmenskommunikation der Edeka-Südwest in Offenburg.
»Bereits im Januar haben wir als Vorreiter im deutschen Markt die erste recycelte Tiefkühltragetasche in Deutschland eingeführt«, so Deutscher. Nicht zuletzt von der lokalen Kundennachfrage hänge ab, welche Tragetaschen in den Märkten angeboten werden. »Mit Tüten wird immer sparsamer umgegangen«, findet er. Entscheidend für die Ökobilanz einer Tasche sei die Art der Nutzung. »Wir setzen auf Mehrweg statt Einweg«, stellt der Geschäftsbereichsleiter klar.
Ganzheitlicher Ansatz auch für Fleisch, Wurst, Obst und Gemüse
Für Edeka würde zudem der ganzheitliche Ansatz zählen, deshalb werde die Überarbeitung der sogenannten Knotenbeutel für den Transport von Fleisch-, Wurst-, Obst- und Gemüse mit einbezogen. Verpackungen von Lebensmittel seinen zudem im Blick. »Gemeinsam mit unserem Partner für Nachhaltigkeit WWF, haben wir uns das Ziel gesetzt, bei allen Eigenmarken-Verpackungen den ökologischen Fußabdruck deutlich zu reduzieren und Produktverpackungen umzustellen«, erklärt Deutscher.
Bei Rewe gibt es schon seit längerer Zeit gar keine »normalen« Plastiktüten mehr – auch nicht gegen Geld. »Manche Kunden beschweren sich schon noch«, sagte eine Kassiererin erst diese Woche.
»Rekord« bei Verpackungsmüll
Die Deutschen verbrauchen im Schnitt etwa 70 Plastiktüten pro Jahr und liegen damit weit unter dem EU-Durchschnitt von 198 Stück. Nach dem Willen der EU soll der Verbrauch noch stärker sinken: bis Ende 2019 auf maximal 90, bis 2025 auf 40 Tüten pro Kopf und Jahr. Ein Schritt in diese Richtung war die Vereinbarung, die Handelsvertreter und Bundesumweltministerium im vergangenen April unterzeichnet haben, nach der Plastiktüten nicht mehr kostenlos abgegeben werden (wir berichteten).
»Laut einer aktuellen Statistik des Umweltbundesamtes (UBA) produzieren die Deutschen immer mehr Müll: Im Jahr 2014 fielen hierzulande 17,8 Millionen Tonnen Verpackungsmüll an. Damit liegt Deutschland bei der Pro-Kopf-Menge in Europa an der Spitze, wie die Europäische Umweltagentur (EEA) ermittelte. Laut Angaben des UBA ist zwischen 1996 und 2014 die Menge an Verpackungsabfällen generell um mehr als 30 Prozent gestiegen. In privaten Haushalten sind es vor allem Verpackungen für Getränke, Nahrungsmittel und Haustierfutter, die den Großteil des Verpackungsmülls ausmachen«, heißt es in einer Pressemitteilung der CDU-Bundestagsabgeordneten Kordula Kovac.