Kurzfristiges Gespräch soll die Windkraft-Wogen glätten
Zwei Stunden diskutierten Bürger, Anwohner und der Rat am Dienstag in der Festhalle Oberwolfach über den Bau von drei Windrädern am Gütschkopf – dann wurde das Thema vertagt: Bis 11. Juli sollen in einem Gespräch mit allen Beteiligten Kompromisse gefunden werden.
»Verbindliche Kompromisse« erhofft sich Bürgermeister Matthias Bauernfeind von einem Gespräch zwischen Schwarzenbruch-Anwohnern, Badenova und Gemeinde, zu dem auch Vertreter der Bürgerinitiative »Radlos« sowie Anwohner angrenzender Bereiche willkommen sein sollen. Am 11. Juli soll es im Gemeinderat Oberwolfach dann erneut um den Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Bau von drei Windrädern auf dem Gütschkopf gehen. Am Dienstag vertagte das Gremium die Entscheidung über den BImSch-Antrag nach gut zwei Stunden intensiver Beratung.
Großes Interesse: Festhalle ist voll besetzt
Das Interesse an der Sitzung fiel erwartet groß aus. Schon die Bürgerfragestunde war einzig vom Thema Windkraft dominiert, bekräftigt durch eine Unterschriftensammlung der BI (siehe Artikel unten).
Kritische Töne aus dem Rat kamen von Martin Welle und Martina Armbruster. Letztere liegt im Krankenhaus, hatte Welle aber gebeten, einen Brief zu verlesen. Darin schrieb sie: »Ich sehe die Sache sehr kritisch. ( . . . ) Es wurde von der ersten Minute an nicht mit offenen Karten gespielt und uns an der Nase herumgeführt.«
Martin Welle wirbt bei Ratskollegen für Aufschub
Welle selbst nahm sich den Vertrag mit der Badenova vor: »Die Badenova versucht, jetzt noch nach altem Recht eine Genehmigung zu bekommen. Warum soll ich jetzt dem Antrag zustimmen und alles aus der Hand geben, nur weil ich nicht 14 Tage warten kann?«, fragte er mit Blick auf die seit mehr als einem halben Jahr überfällige Rückmeldung der Landesministerien zum Schutzradius um das Black Forest Observatory. Das Thema liege inzwischen »bei Herrn Untersteller persönlich«, hatte Bauernfeind gesagt. Eine Antwort sei für die nächsten zwei bis drei Wochen zugesichert. Der Schutzradius ist essentiell für die Arbeit am Flächennutzungsplan. Welle rief den Rat auf, den Antrag abzulehnen und das Thema Windkraft über den Flächennutzungsplan zu regeln. »Dafür habe ich immer geworben und dazu stehe ich.« Das erntete schallenden Applaus.
Monika Luxem-Fritsch beschwichtigt: Vertrag hat keine Fehler
»Für mich hat dieser Vertrag keinen Fehler«, sagte Monika Luxem-Fritsch und stellte fest: »Fakt ist: Es gibt keinerlei Antrag auf Schadensersatz.« Sie könne aber nachvollziehen, dass Bauernfeind auf die Möglichkeit hingewiesen habe. Das Landratsamt werde jeden Einwand prüfen, seitens der Bürger und der Kommunen. »Uns geht hier nichts verloren.«
Erna Armbruster wehrt sich gegen Druck der Zuhörer
»Ich habe heute Abend ein Problem: Da wird eine Druckkulisse auf den Rat aufgebaut, das ist kaum zu ertragen«, sagte Erna Armbruster an die Zuhörer adressiert und erhielt dafür mittellauten Beifall. »Ich ganz persönlich habe von Anfang an kommuniziert: Ich bin für Windkraft.« Daher sei sie dafür, den Antrag weiterzugeben ans Landratsamt. »Dann ist doch noch gar nichts weiter passiert.« Sie wolle das Projekt umsetzen, »wenn’s die Schwarzenbrucher auch mittragen«.
Schwarzenbruch-Vertreter wollen offene Fragen geklärt wissen
»Darauf lassen wir uns nicht reduzieren«, entgegnete Helmut Müller, einer der Sprecher der Schwarzenbruch-Anwohner, auf Armbrusters Frage, ob sie Windkraftbefürworter oder -gegner seien. Schon zuvor hatten er und Thomas Kind auf eine Reihe offener Fragen seitens der Anwohner hingewiesen, auf die es bislang von der Badenova nur widerwillig und ungenügende Antworten gegeben habe. »Bevor diese Sachverhalte nicht geklärt sind, wird es von uns keine Zustimmung geben«, stellte Müller klar.
Mehrheit des Rats folgt Bauernfeinds Vorstoß
Nachdem der Rat mit sieben Neinstimmen Welles Antrag, den BImSch-Antrag direkt für zwölf Monate zurückzustellen, abgelehnt hatte, stimmte das Gremium mit sieben Ja- und einer Neinstimme von Welle für den Vorschlag Bauernfeinds: verbindliches Gespräch, neue Abstimmung am 11. Juli.
»Die Zielsetzung ist, einen Kompromiss zu finden«, sagte Kind für die Schwarzenbrucher. Das sei angesichts der bisherigen Erfahrungen mit der Badenova schwierig und eine Herkulesaufgabe in der kurzen Zeit. »Aber dazu bereit sind wir in jedem Fall im Rahmen der Möglichkeiten.«
Bürgerinitiative »Radlos« sammelt 1515 Unterschriften
1515 Unterschriften habe die BI »Radlos« in den vergangenen drei Wochen gesammelt, sagte Udo Schacher in der Bürgerfragestunde. Allein 1215 davon stammten von Bürgern aus Oberwolfach, Bad Rippoldsau-Schapbach und Hausach in mittelbarer Umgebung der geplanten Windkraftanlagen.
Vier Forderungen seien mit der Unterschrift verbunden, darunter »Wir wollen keine Zustände wie an der Prechtaler Schanze und am Kambacher Eck«, die Berücksichtigung des Artenschutzes sowie die Zurückstellung etwaiger BImSch-Anträge. Schacher wiederholte, die BI sei nicht generell gegen Windkraft, habe aber ein Problem mit den Standorten. Man sei »gegen die Pläne, wie sie die Gemeinde durchsetzen wolle – gegen den Willen der Bürger«.
BI-Mitglied Gustl Geiger monierte, dass Oberwolfach einseitig vorpresche. Raimund Schillinger war wütend über die in Aussicht gestellte Möglichkeit des Schadensersatzanspruchs. Die 900 000 Euro seien zu hoch gegriffen: »Ich möchte an den Rat appellieren, ich flehe Sie an: Stimmen Sie heute diesem Antrag nicht zu.«
Wilhelm Schmider poltert: »Das ist beschämend.«
Wilhelm Schmider (BI) attackierte den Rat, es sei zu viel »im stillen Kämmerlein« nicht öffentlich beraten worden. »Das ist beschämend. Wir werden uns nicht kleinkriegen lassen. Der Friede im Dorf ist gestört – es gibt dann zwei Teile: Links und rechts vom Wolftal.«
»Beschlüsse, die heute getroffen werden, sind nicht schädlich für den Flächennutzungsplan«, entgegnete Bauernfeind Befürchtungen über einen Automatismus für mögliche weitere BImSch-Anträge.
Die Optionen
Drei Entscheidungen zum BImSch-Antrag sind möglich: Zustimmen, ablehnen oder mit Verweis auf das laufende Flächennutzungsplanverfahren zurückstellen.
Unabhängig von Zustimmung oder Ablehnung werde »das Landratsamt abschließend über diesen BImSch-Antrag entscheiden« und die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben prüfen, sagte Bauernfeind. Auch eine Ablehnung durch das Landratsamt sei möglich. Frist für die Rückmeldung nach Offenburg ist der 15. Juli.
Sollte der Rat in der Zusatz-Sitzung am 11. Juli für die Rückstellung des BImSch-Antrags für maximal zwölf Monate stimmen, hofft die Verwaltung auf eine Fristverlängerung. Die Rückstellung nämlich würde das Flächennutzungsplanverfahren tangieren, und damit müsste der gemeinsame Ausschuss von Wolfach und Oberwolfach entscheiden. Für »Ja« oder »Nein« reicht der Beschluss des Oberwolfacher Rats allein.