»Mein Traum hat sich erfüllt«
Am 31. Mai endet eine Ära. Haslachs Bürgermeister Heinz Winkler geht nach 32 Jahren an der Spitze der Stadtverwaltung in Ruhestand. So lange wie er war noch nie ein Bürgermeister Haslachs im Amt. Der scheidende Rathauschef wird am 31. Mai bei einer Feier in der Stadthalle mit vielen Gästen und Weggefährten offiziell verabschiedet. Doch im Rat hat er bereits jetzt Adieu gesagt. Sein Nachfolger Philipp Saar, der am 19. März gewählt wurde, beginnt am 1. Juni.
Herr Winkler, so lange wie Sie, fast 32 Jahre, hat noch kein Bürgermeister in Haslach amtiert. War Bürgermeister Ihr Traumberuf?
Winkler: Das war mein Lebensziel, das hat sich erfüllt. Es ist eine Aufgabe, die viel Zeit braucht und Opfer, auch für die ganze Familie, die daran teilhat. Ohne das Verständnis meiner Frau und der Kinder wäre es sicher nicht gegangen. Das hat meine Frau Bärbel ganz herausragend gemeistert.
Haslach ist ihre Heimat geworden?
Winkler: Wir haben es gut erwischt in Haslach. Wer hat soviel Glück und Freude, dass die beiden erwachsenen Kinder auch noch hier am Ort sind?
Hätten Sie sich das damals im Herbst 1985 vorgestellt, dass Sie hier bis zum Ruhestand Bürgermeister sind?
Winkler: Vorgestellt hätte ich mir das zur damaligen Zeit nicht. Ich habe sicherlich mal an zwei Amtsperioden gedacht. Dass es letztlich so lange passt und die Bürger dich immer wieder bestätigen, war ein ganz besonders glücklicher Umstand. Aber 32 Jahre sind dann jetzt auch genug.
Sie wurden Josef Raus Nachfolger in einer Zeit des Umbruchs, in der viel in Bewegung war. Die Stadtsanierung war in den Startlöchern, nachdem die Innerortsumgehung der B 33 gebaut war.
Winkler: Genau. Die Pläne zur Umgestaltung wurden nochmals gemeinsam am Ratstisch umgearbeitet, sonst wären heute die Parkplätze in der Hauptstraße schräg angelegt. Da bin ich dem damaligen Stadtrat schon dankbar, Begonnenes nochmals zu korrigieren, mit einem neuen Planer und einem veränderten Konzept.
Und dem legendären »Rotterdamer Pflaster«, über das viele immer noch wenig glücklich sind.
Winkler: Ja, aber es ist ja Land in Sicht. Der Gehwegstreifen kommt, auch in der Hauptstraße. Politisch ist das schon manifestiert. Diese Erleichterung für alle, die auf dem Pflaster Probleme haben, wird kommen.
Mit Ihnen begann damals eine goldene Zeit.
Winkler: Ich bin sicherlich auch in eine gute Zeit reingekommen. Gesamtwirtschaftlich ging es uns die letzten 30 Jahre doch enorm gut, mal abgesehen von den zwei »Dellen« in der Konjunktur.
Und auch die waren in Haslach weniger spürbar als andernorts.
Winkler: Die Wirtschaftsstruktur kommt uns hier zugute, die gute Mischung besonders erfolgreicher Mittelständler. Haslach ist ein begehrter Arbeitsplatz und Wohnort geblieben.
Was natürlich auch mit der Arbeit des Bürgermeisters zu tun hat.
Winkler: Das ist einfach auch eine Bestätigung für die kommunalpolitischen Bemühungen. Nehmen Sie das Beispiel Mühlegrün. Als dort das Gewerbegebiet geplant wurde, gab es sicherlich auch Menschen, die dagegen Vorbehalte hatten, in der Talaue Gewerbe anzusiedeln. Vom »Müller-Schorsch« stammt der Ausspruch, die Fläche würde heute nicht ausreichen, um eine Bauernfamilie zu ernähren. Jetzt sichert dies das Auskommen von 700 Familien.
Im Rückspiegel betrachtet: Was sind für Sie herausragende Merkmale der Ära Winkler?
Winkler: Es ist uns gelungen, die kommunale Infrastruktur in Zentren zusammenzufassen. Blaulichtzentrum, Sozialzentrum, Sportanlagen, Einkaufsmeile, das Bildungszentrum oder auch die Einrichtungen zur Kleinkindbetreuung am Schafsteg sind hierfür gute Beispiele. Da haben wir in Haslach schon die Chancen genutzt, aber auch entscheidungsfreudig reagiert, wenn Sie an den Bau der neuen Eichenbach-Sporthalle vor 24 Jahren denken. Dafür wurden die Tennisplätze und der Hartplatz verlegt.
Und die »schwärzesten« Stunden in Ihrer Amtszeit?
Winkler: Eine der schlimmsten Veranstaltungen, die ich in Haslach erlebte, war erst kürzlich die öffentliche Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten in der Stadthalle. Zwei solchen Kandidaten ein öffentliches Podium bieten zu müssen und dazu gute Miene zum bösen Spiel zu machen, war wirklich zum Fremdschämen.
Das Zweite, woran ich denke, ist eine Episode, die relativ lang zurückliegt. Es war am 27. September 1998 die Abstimmung zum Rathausstandort. Ich war im Briefwahlvorstand und bei der Auszählung dieser Stimmen war der »Fürstenberger Hof« weit vorn. Ich war völlig fertig, bis das Ergebnis der anderen Wahlbezirke vorlag. Eine ganz schwere Stunde.
Und besonders schöne Momente im Rückblick?
Winkler: Stadtratssitzungen sind für mich immer ganz besonders. Ich bin in jede Sitzung gern gegangen und froh, dass auch nach kontrovers diskutierten Punkten alle hinter den Entscheidungen standen, egal welcher Überzeugung sie vorher waren. In Haslach gab es nie Anfeindungen wie andernorts, selbst bei dem ewigen Thema B-33-Umfahrung.
Sie waren immer eher der Gestalter und Visionär als ein Verwalter. Welche Vision konnten Sie nicht mehr verwirklichen?
Winkler: Eine Jugendkunstschule und andere kulturelle Projekte vielleicht. Haslach mit dieser großen Tradition von Malern hätte das gut zu Gesicht gestanden.
Meine große Sorge ist, wie sich solch eine Kleinstadt weiter entwickelt mit Blick auf Veränderungen im Handel beispielsweise. Was können unsere Geschäfte tun, um zentrale Einkaufsstadt zu bleiben, und wo finden unsere Betriebe noch Möglichkeiten, zu erweitern, um die Arbeitsplätze hier im Kinzigtal zu erhalten?
Es fällt schwer, sich Sie als Ruheständler vorzustellen. Wie gehen Sie das an?
Winkler: Ich gehe jetzt ab Sommer auf einer neuen Straße mit vielen Abzweigungen. Konkrete neue Aufgaben habe ich nicht. Die neue Zweisamkeit werde ich sicher genießen, meine neue Rolle annehmen und darauf achten, dass ich sie auch einhalte. Meine jüngste Errungenschaft ist ein E-Mountainbike. Damit werden wir beschaulich Touren genießen. Einen längeren Urlaub hingegen werden wir sicher vorerst nicht planen. Eine Woche Berlin zum deutschen Turnfest ist gebucht, weil Tochter Ellen als Choreografin mitmacht.
Ein kleines Fazit zum Schluss?
Winkler: Ich bin mächtig stolz auf meine Mitarbeiter im Rathaus. Du kannst als Bürgermeister die Richtung vorgeben, aber die Mitarbeiter müssen konstruktiv und motiviert mitziehen. Dann kommen häufig deutlich bessere Lösungen zum Tragen als erwartet. Haslach wünsche ich, dass die Stadt so weltoffen und tolerant bleibt wie ich das erlebt habe. Denken Sie nur an den Moscheebau oder die jahrezehntelang gelebte Ökumene. Schon die Tatsache, dass ein evangelischer Schwabe hier Bürgermeister werden konnte, sagt doch alles. Den Haslachern wünsche ich, dass sie weiterhin visionär denken und ihre Heimat stiftenden Traditionen pflegen.
- Heinz Winklers Abschiedsrede am Ende seiner letzten Ratssitzung als Bürgermeister gibt es als Live-Mitschnitt heute Abend auf der Facebook-Seite des Offenburger Tageblatts Kinzigtal.
Ein Schwabe in Baden
Heinz Winkler wurde am 17. Oktober 1954 in Fluorn (Landkreis Rottweil) geboren. Der seit 1977 mit Auszeichnung diplomierte Verwaltungswirt (FH) war bis 1982 in Diensten der Stadt Sulz am Neckar, anschließend Stadtkämmerer in Bad Krozingen.
Im Oktober 1985 wurde er bei sechs Bewerbern schon im ersten Wahlgang mit 53,1 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Bürgermeister Josef Rau gewählt. Er wurde 1993 (92,7 Prozent), 2001 (96,4 Prozent) und 2009 (95,4 Prozent) bestätigt. Seit 1999 ist Haslachs Bürgermeister für die Freien Wähler im Kreistag. Er ist seit 1978 verheiratet. Bärbel und Heinz Winkler haben zwei erwachsene Kinder, Ellen und Andreas.