Souveräner Auftritt der Favoriten
Einen langen, aber sehr interessanten Abend erlebten rund 300 Besucher am Dienstag bei der OT-Podiumsdiskussion mit den Fischerbacher Bürgermeisterkandidaten. Bemerkenswert: Bei den Sachthemen herrschte weitgehend Einigkeit bei den Favoriten Thomas Schneider und Claudia Schmid.
»Ihr seid wie ein altes Ehepaar – man sollte euch beide wählen können«, sprach der Fischerbacher Ulrich Müller am Dienstag vielen anderen Besuchern in der Brandenkopfhalle aus der Seele. Die beiden Favoriten für die Bürgermeisterwahl am Sonntag in Fischerbach, Thomas Schneider und Claudia Schmid, hinterließen bei der Podiumsdiskussion des Offenburger Tageblatts einen sehr guten Eindruck. Beide überzeugten mit großem Sachverstand und Wissen auf verschiedenen Gebieten. Wer von beiden am Sonntag, 2. Oktober, die Nase vorn haben wird, ließ sich nicht ausmachen – zumal bei den Sachthemen große Einigkeit herrschte. Wie Gespräche in der Pause und nach der mehr als dreistündigen Veranstaltung zeigten, erwarten auch die meisten Besucher ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Der Redaktionsleiter des Offenburger Tageblatts Wolfgang Kollmer moderierte den Abend, der mit einer kleinen Verspätung begann, da sich Bürgermeisterkandidat Martin Haas aus Wolfach verspätet hatte. Schließlich waren aber doch alle drei Bewerber auf dem Podium vereint und stellten sich den – teilweise auch sehr kritischen Fragen – des Redaktionsleiters.
Im Unterschied zur Kandidatenvorstellung am Freitag machten auch mehrere der insgesamt rund 300 Besuchern von der Möglichkeit gebrauch, Fragen an die Kandidaten zu stellen, und Moderator Kollmer achtete darauf, dass diese auch präzise beantwortet wurden. Zu Beginn und am Ende der Podiumsdiskussion durften die Kandidaten in Schnell-Fragerunden ihre Spontanität beweisen, anschließend fühlte Kollmer ihnen zu verschiedenen Themenblöcken wie Finanzen und Investitionen, regenerative Energien und Landwirtschaft sowie Bürgernähe und Führungsstil auf den Zahn.
Rathausumbau: Pläne sollen abgespeckt werden
Finanzen/Investitionen: Besteht die Gefahr, dass sich Fischerbach angesichts der hohen Investitionen der vergangenen Jahre übernimmt? Wollte Moderator Wolfgang Kollmer von den Kandidaten wissen. Claudia Schmid räumte ein, dass der Schuldenstand zwar hoch sei – er resultiere aber daraus, dass die Gemeinde viele Immobilien erworben habe, die sie auch wieder veräußern könne. Thomas Schneider erinnerte zudem an die Hochbehälter-Sanierung, die sich ebenfalls auf den Schuldenstand des Eigenbetriebs ausgewirkt habe. Dass nach der Friedhofumgestaltung eine Gebührenerhöhung zu erwarten sei, dementierte Claudia Schmid nicht – es gebe für diesen Bereich eine Kostendeckungsgrenze und werde die Differenz zu groß bekomme die Gemeinde Probleme bei der Bewilligung von Zuschüssen aus dem Ausgleichsstock, so ihre Begründung.
Auf die Frage nach dem notwendigsten Projekt – unabhängig von Fördertöpfen, nannte Martin Haas die Rathaussanierung, Thomas Schneider hingegen die Brandenkopfhalle. Claudia Schmid führte neben der Halle auch den Erhalt der Infrastruktur, besonders der Wasser- und Abwasserkanäle an. Schmid und Schneider waren sich aber darin einig, dass es hinsichtlich des laufenden Landessanierungsprogramms sinnvoller sei, zunächst das Rathaus in Angriff zu nehmen. Das Mehrgenerationenhaus könne parallel angegangen werden, da eine Investorin die Baukosten übernehme, so Schmid. Ebenfalls einig waren sich Schmid und Schneider darin, dass die Umbaupläne fürs Rathaus deutlich abgespeckt werden sollen.
Kandidaten gegen drittes Windrad auf dem Nillkopf
Regenerative Energien: Auch die Probleme um das Kalt-Wärmenetz im Neubaugebiet »Sonnenmatte« waren am Dienstag Thema. »Ich habe die Bewohner im Neubaugebiet besucht und war überrascht, wie positiv die Stimmung ist«, schilderte Thomas Schneider. Er sieht in der Misere auch positive Aspekte – bei künftigen Projekten lasse sich von den Erfahrungen profitieren. Claudia Schmid, die im Vorstand der Bürgerenergiegenossenschaft ist, betonte, dass vor einem Einsatz dieser Technik beispielsweise im neuen Baugebiet »Oberer Wiesenrain« genau geprüft werden müsse, ob sich die Technologie dafür eigne – und dann müsse man »ganz genau und richtig rechnen«.
»Ich sehe die Zukunft in solchen Netzen –die Frage, welche Technik es wird, muss geprüft werden«, befand auch Schneider. Martin Haas sprach sich für den Einsatz von Solarkollektoren und der Nutzung von Wasserkraft aus. Auf die Frage, wie die rund 500 000 Euro Mehrkosten für das Pilotprojekt ausgeglichen sollen, räumte Schmid ein: »Der Erlös aus der Betriebserlaubnis für die Windräder soll helfen, das Kalt-Wärmenetz zu finanzieren.« Schneider sagte: »Überall, wo etwas Neues gemacht wird, passieren auch Fehler. Positiv ist, dass die Genossenschaft neben dem kranken auch ein gesundes Bein hat. Dadurch sind die Mehrkosten zumindest nicht existenzbedrohend.«
Zum Thema Windkraft gab es aber auch mehrere kritische Wortmeldungen aus dem Oberen Hintertal. Schmid und Schneider versprachen sich dafür einzusetzen, dass es bei den geplanten zwei Windrädern auf dem Nillkopf bleibt – weitere seien lediglich auf dem Brandenkopf denkbar.
Zimmer nach unten verlegen
Bürgernähe: Claudia Schmid würde große Projekte im Vorfeld öffentlich diskutieren, hofft künftig aber auch auf größeres Interesse an den Gemeinderatssitzungen. Applaus gab es für Thomas Schneiders Vorschlag, das Bürgermeisterzimmer ins Erdgeschoss zu verlegen, um an den Bürgern näher dran zu sein. Darüber hinaus würde er »alle Spielräume nutzen, die die Gemeindeordnung bietet«, um Bürger bei Sitzungen mehr zu Wort kommen zu lassen. Kollmer wollte wissen, wie die Unruhen um Amtsinhaber Armin Schwarz den Wahlkampf beeinflusst haben. »Ich habe es für mich ausgeblendet und mein Ding gemacht«, schilderte Schmid. Er sei von sehr vielen Bürgern darauf angesprochen worden, schilderte Schneider, die Mehrzahl habe das Handeln von Schwarz kritisch gesehen. Er stellte klar: »Ich habe mein Meinung, will die aber zurückhalten.«
Fragen der Bürger
Mehrgenerationenhaus: nur ein Prestigeobjekt für Betuchte?
Claudia Schmid: »Es ist sicher kein Prestigeobjekt, wenn sich eine Gemeinde dem demografischen Wandel annimmt. Es ist etwas Neues – wieso sollen wir hier nicht Vorreiter sein?«
Thomas Schneider: »Ein Ziel ist, dass man die Wege kürzer hält, für eine Zeit, in der man keine langen Wege mehr machen kann.«
Wie sieht der Wille zur interkommunalen Zusammenarbeit aus?
Thomas Schneider: Ich freue mich, dass Hausach ein Bad für uns baut – auch für den Tourismus wäre das Kinzigtalbad wichtig. Das ist ein Projekt, wo sich die interkommunale Zusammenarbeit bewähren muss.«
Claudia Schmid: Auch ein gemeinsamer Tourismusverbund ist notwendig. Ganz wichtig ist auch das Thema Gewerbeflächen. Wir sollten ein interkommunales Gewerbegebiet an richtiger Stelle wieder aufleben lassen.«
B-33 -Umfahrung: Wie stehen die Kandidaten zur Bündeltrasse?
Claudia Schmid: »Ich denke, ein Tunnel wird nicht kommen. Aber ich bin sicher, es gibt sinnvolle Lösungen.«
Thomas Schneider: »Wir müssen merken, dass das kein Haslacher Problem ist, sondern auch ein Fischerbacher Problem. Was nutzt die schönste Sonnenterrasse, wenn sie schalldurchflutet ist?
Wie wichtig ist für Sie die Clubhaussanierung des FC Fischerbach?
Claudia Schmid: »Die Sanierung der Umkleideräume ist sehr sehr wichtig. Das könnte schon im nächsten Jahr gemacht werden – aber nicht die große Sanierung mit Erweiterung. Bei bestimmten Dingen wie der überdachten Zuschauertribüne muss man sich fragen: muss das sein?«‹
Thomas Schneider: Die Duschen sind ein Muss. Sinnvollerweise erledigt man die Duschen und die Umkleiden in einem Schritt. Ich war überrascht, dass das nicht schon erledigt ist – wir hatten dafür schon vor zwei Jahren Geld im Haushalt. Im Oktober wird der Gemeinderat darüber beraten, welche Projekte von ›muss sein‹ bis ›wäre schön‹ abgearbeitet werden.«
Gut informiert
Zur Bürgermeisterwahl in Fischerbach hat das Offenburger Tageblatt ein umfangreiches Wahlpaket geschnürt. Alle Berichte zur Wahl stehen gesammelt unter www.bo.de/bm-fischerbach in einem Dossier im Internet. Mittelbadische Presse.TV stellt alle Bewerber in Videos von jeweils 60 Sekunden vor. Liveberichterstattung vom Wahlabend am 2. Oktober gibt es auf www.bo.de, Facebook und Twitter sowie bei Hitradio Ohr. Das Offenburger Tageblatt berichtet am 4. Oktober ausführlich vom Wahlausgang.