Landwirtschaftsminister spricht in Gutach über Kartellrecht
Einen bangen Blick richten die Privatwaldbesitzer im Kinzigtal auf den 15. März – wenn das Urteil in Sachen Kartellrecht erwartet wird (siehe »Hintergrund«). Viele drängende Fragen richteten sie am Freitagabend im dicht besetzten Gutacher Feuerwehrhaus an den Landwirtschaftsminister Peter Hauk.
»Das Bundeskartellverfahren wird eine historische Zäsur darstellen für die Waldbesitzer, Landesforstverwaltung und Sägeindustrie: Das klassische Einheitsforstamt baden-württembergischer Prägung wird so nicht erhalten werden können«: Landwirtschaftsminister Peter Hauk drückte sich deutlich aus beim Gespräch im dicht besetzten Feuerwehrgerätehaus. Die Landtagsabgeordnete Marion Gentges hatte ihn auf Bitten der FBG und der CDU Gutach ins Kinzigtal gebracht.
Er sagte aber auch zu: »Die Landesregierung lässt die Privatwaldbesitzer nicht hängen.« Man habe auch nicht einfach abgewartet, sondern Pläne erarbeitet, die man je nach Ausgang des Verfahrens aus der Schublade ziehen könne. Und man wolle die Waldbesitzer einbinden in die Entscheidungsfindung. Das ließen sich diese nicht zweimal sagen und sparten nicht mit Forderungen und Fragen an den Minister.
◼ Jürgen Lehmann, Vorsitzender der FBG Gutach: »Die Anforderungen der Bevölkerung an den Wald werden immer größer, die Auflagen an die Bewirtschaftung immer detaillierter. Und gleichzeitig stellt sich die Vollkostenrechnung für die Beratung und Betreuung künftig so dar, als handle es sich bei der Bewirtschaftung des Waldes ausschließlich um ein wirtschaftliches Handeln zu unserem eigenen Nutzen.«
Peter Hauk: Derzeit subventionieren wir die Privatwaldbesitzer mit der Personalgestellung. Es wird auch künftig eine Entlastung geben. Sie wird wohl komplizierter und bürokratischer, aber sie lässt sich regeln. Das Ziel ist, in allen Waldbesitzarten für eine optimale Waldpflege zu sorgen. Es darf keine Verlierer geben und keine weiße Flecken in der Beratungs- und Betreuungslandschaft. Noch hoffe ich, dass die Vollkostenberechnung kompensiert wird.
◼ Jürgen Schmid, Vorsitzender der FBG Haslach: »Früher haben wir den Antrag auf Hanglagenförderung mit zwei Kreuzen erledigt. Wenn Sie etwas ändern, machen Sie’s einfach. Wir hören immer wieder, die EU erlaubt’s nicht und sehen dann, in Bayern und in Österreich geht’s – in der selben EU!«
Peter Hauk: Wir waren auf einem guten Weg mit den Hangneigungszuschüssen. Ich weiß nicht, warum das nicht gelungen ist. Es gibt aber noch eine Chance, das zu ändern.
◼ Peter Wälde, Landwirt und stellvertretender Bürgermeister in Gutach: »Ganz gleich, wie das Urteil im Kartellverfahren lauten wird: Man muss jetzt dringend Fakten schaffen und nicht weiter streiten.«
Peter Hauk: Möglicherweise sollten wir schon noch prozessieren – aber gleichzeitig in die Umsetzungsphase gehen.
◼ Jürgen Wälde, Vollerwerbslandwirt in Gutach: »Die Tierhalter kommen bei der Förderung, die nur noch an der Fläche festgemacht wird, zu kurz. Die Bürokratie kostet viel zu viel Zeit. Ich muss mich doch bei der Antragsstellung auf fünf Jahre verpflichten – warum genügt dann in den nächsten vier Jahren nicht einfach ein Kreuz: Gleich wie im letzten Jahr«?Peter Hauk: Ich zweifle, ob es gelingt, die Kopplung von Fläche an die Tierhaltung zu erreichen, da sind zu viele LÄnder dagegen. Aber zumindest bei der zweiten Säule der Förderung sollte nicht ein Flächentatbestand, sondern ein Rauhfuttertatbestand zugrundegelegt werden.
◼ Michael Eh vom Hausacher Sägewerk Streit: Die institutionalisierte Förderung der Waldbesitzer durch die Förster ist etwas ganz Existenzielles. Wir unterstützen das.
Peter Hauk: Ich kann nicht versprechen, dass wir dann noch überall Staatsförster haben zur Betreuung. Aber es wird die Verpflichtung geben, dass es überall einen gibt, der berät. Wir werden das wettbewerbsneutral machen müssen, etwa durch Ausschreibung von Dienstleistungen.
◼ Frank Werstein, Forstrevierleiter in Gutach: Die Landwirte identifizieren sich mit dem, was wir gemeinsam bewegen. Wo bleibt bei einer Ausschreibung für einen kurzen Zeitraum die Kontinuität und die Verbundenheit mit den heimischen Strukturen?
Peter Hauk: Wer heute gute Arbeit abliefert, braucht keine Angst vor Wettbewerb zu haben.
◼ Martin Moser, Vollerwerbslandwirt in Gutach: »Wir sind sehr gut mit dem Förster auf der Fläche gefahren. Das muss eine unabhängige Person sein. Wenn wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, geht vieles den Bach runter.«
Peter Hauk: Das ist auch unsere Zielsetzung (Beifall).
Einen weiteren Bericht zum Thema Offenhaltung der Landschaft und BZ-Verfahren in Gutach lesen Sie auf der Hornberg-Gutach-Seite
Waldbesitzer blicken mit Sorge auf den 15. März
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Verkündung seines Ergebnisses im Rechtsstreit des Landes Baden-Württemberg gegen das Bundeskartellamt zur Rundholzvermarktung für den 15. März angekündigt. Der Richter hat sich kritisch zur Änderung des Bundeswaldgesetzes geäußert, bei der die staatlichen Dienstleistungen von der Anwendung des deutschen Wettbewerbsrechts ausgenommen wurden. Das Gericht stellte klar, dass hier durch eine pauschale Ausnahmeregelung europäische Regelungen ins Gegenteil umgekehrt würden.
Inwiefern europäisches Wettbewerbsrecht im baden-württembergischen Verfahren direkt anwendbar ist, blieb noch offen. Das Bundeskartellamt hatte argumentiert, dass auch im Bereich von Reviertätigkeiten, forsttechnischer Betriebsleitung und Forsteinrichtung der Handel zwischen EU-Staaten potenziell beeinträchtigt und damit europäisches Recht anzuwenden sei. Das Land hatte dem widersprochen.
Das Ministerium Ländlicher Raum befürchtet, der Wald werde durch die Entscheidung des Bundeskartellamts unter ein rein ökonomisches Regime gestellt. Die Gemeinwohlziele des Landes und der Erhalt der Lebensgrundlage Wald könne nicht anders erreicht werden als durch eine einheitliche Forstverwaltung, Forsteinrichtung und forsttechnische Betriebsleitung (im Kommunalwald). Diese müssten auch künftig als hoheitliche Aufgaben dem Land vorbehalten bleiben.
Das Gericht vertritt die Auffassung, dass auch diese Tätigkeiten unternehmerische Eigenschaften haben und damit dem Wettbewerbsrecht unterliegen. Die Waldbauern blicken mit Sorge auf den 15. März – noch ist aber gar nicht sicher, dass an diesem Tag wirklich ein Urteil gesprochen wird.
Quelle: Forstkammer Baden-Württemberg