"Windräder bringen Wandertourismus in Gefahr"
Der Schwarzwaldverein, der Westwegfonds und die Schwarzwald Tourismus GmbH sehen durch die zunehmende Zahl der Windkraftanlagen auf den Höhenkämmen den Westweg und damit wichtige Teile des Schwarzwaldtourismus in Gefahr.
Auf den windhöffigen Höhen des Schwarzwalds werden zunehmend Standorte für Windkraftanlagen ausgewiesen und genehmigt. Dies treibt dem Präsidium des Schwarzwaldvereins, der Geschäftsführung der Schwarzwald Tourismus GmbH und den Mitgliedern des Westwegfonds die Sorgenfalten auf die Stirn. Georg Keller, der Präsident des Schwarzwaldvereins, sein Stellvertreter Werner Hillmann, der Vorsitzende des Westwegfonds Bürgermeister Manfred Wöhrle und der Geschäftsführer der Schwarzwald Tourismus GmbH Christopher Krull hatten gestern zu einem Pressegespräch ins Hausacher Rathaus eingeladen, um die Gründe dafür zu erläutern.
Prüfung alle drei Jahre
Mit dem Bau der Windenergieanlagen sei die Qualifizierung des Westwegs als Qualitätswanderweg in Gefahr. Die strengen Kriterien werden alle drei Jahre geprüft und sind nun gerade zum vierten Mal erfüllt worden. Geplant sei außerdem eine Zertifizierung auf europäischer Ebene, um die Attraktivität der Wanderregion Schwarzwald zu stärken.
Mehrere Beeinträchtigungen, die die Windräder mit sich bringen, werden in Zukunft empfindliche Punktabzüge mit sich bringen und könnten dafür sorgen, dass das Gütesiegel des mehr als 125 Jahre alten Fernwanderwegs verloren geht, mahnte Georg Keller:
◼ Der mit den Windenergienalagen einhergehende teilweise straßenähnliche Ausbau der Waldwege könne so gravierend sein, dass die geforderte »Naturnähe der Wegbeschaffenheit« nicht mehr erfüllt sei.
◼ Abschnitte mit »intensiv genutztem Umfeld«, wozu auch eine Massierung von Windrädern (ab fünf Anlagen) zählt, darf nach den Zertifizierungsregeln nur fünf Prozent der Gesamtstrecke des Westwegs ausmachen. Die Frage, für welche Fläche diese »Massierung von fünf Anlagen« gilt, konnte Georg Keller nicht beantworten, das sei ein »freier Rechtsbegriff«.
◼ Gerade der Ortenaukreis gehe sehr restrektiv mit einem TÜV-Gutachten über die Gefahren des Eisabwurfs um und fordert eine »Umleitung auf unattraktive Wege« im Winterhalbjahr von Oktober bis April. Der Ortenaukreis fordere in einem »völlig übertriebenen Sicherheitsdenken« sogar eine Abschrankung. »Das ist dem Wanderer nicht zu vermitteln, dass er bei schönstem Wetter einen Umweg mit Ab- und Aufstieg auf sich nehmen muss«, sagte Werner Hillmann. Zumal es mit einer Art Ampelanlage, die den Weg nur bei Eisgefahr sperrt, oder mit einer Flügelbeheizung bei Kälte bereits technische Abhilfen gebe, die allerdings Geld kosten. »Das muss den Betreibern als Genehmigungsverpflichtung auferlegt werden«, so Hillmann.
»Die Wanderwege und der Tourismus waren zuerst da«, beklagte Christopher Krull, der die Windkraftanlagen für einen »volkswirtschaftlichen Nonsens« hält. 25 Prozent der Gäste im Schwarzwald kämen nicht mehr, wenn die Zahl der Windräder weiter zunimmt, stellte er eine Zahl in den Raum.
Weitere Wege betroffen
»Wir stellen eine verstärkte Konzentration im Mittleren Schwarzwald fest«, verwies Werner Hillmann auf die sechs Windräder zwischen Farrenkopf und Huberfelsen, weitere vier seien zwischen Kreuzsattel und Hohenlochen geplant, und auch andere Höhenwege des Schwarzwaldvereins seien betroffen wie der Kandelhöhenweg und Querweg Lahr-Rottweil sowie der Mittelweg im Bereich Fohrenbühl. Der Forderung des Schwarzwaldvereins, bisher unberührte Gebiete am Schwarzwald-Westrand und insbesondere in den Kamm- und Gipfellagen von Windrädern freizuhalten, sei in keiner Weise entsprochen worden.
Die Forderung, dass im Landesplanungsgesetz Kommunen die Möglichkeit eröffnet wird, in den Regional- und Flächennutzungsplänen »Vorranggebiete für Landschaft, Erholung und Tourismus« ausweisen zu können, habe der Schwarzwaldverein bereits 2012 in der Anhörung zur letzten Änderung des Landesplanungsgesetzes erhoben. Seither sei nicht geschehen, klagte Georg Keller.
Die Forderungen
Der Westwegfonds, der Schwarzwaldverein und die Schwarzwald Tourismus GmbH fordern:
◼ einen angemessenen und pragmatischen Umgang mit dem TÜV-Gutachten.
◼ technische Vorkehrungen, die einen Eisabfall oder einen Eiswurf vermeiden.
◼ keine Sperrung des Westwegs von Mitte Oktober bis Mitte April, damit verbunden keine Winterumlegungen für den Westweg oder andere Fernwanderwege des Schwarzwaldvereins.
◼ die frühzeitige Zusammenarbeit mit dem Schwarzwaldverein in Bezug auf die Planungen entlang der Höhenwege.
◼ Kommunen die Möglichkeit zu eröffnen, in den Regional- und Flächennutzungsplänen »Vorranggebiete für Landschaft, Erholung und Tourismus« ausweisen zu können.