»Huse jazzt 2015«: Wohlfühl-Abend für echte Musik-Genießer
Stets für Überraschungen gut: Bei »Huse jazzt« sollte der leidenschaftliche Musikfan alljährlich dabei sein. Tönende Perlen und Läufe von Klarinetten, Saxofon, Piano und Hammond-Orgel und mehr – das gab’s am Samstag.
»Huse jazzt« vermag den regelmäßigen Besucher nach 13 Jahren noch zu überraschen. Das Kinzigtäler Jazzfestival ist ein Aushängeschild nicht nur der kulturell so regen Stadt unter der Burg, sondern der Region wie das Begriffspaar andeutet. Erstaunlich, welche Spitzenmusiker und Formationen die Macher verpflichten können. Das Festival und seine Atmosphäre mit vielen fachkundigen Hörern haben sich einen exzellenten Ruf erarbeitet.
Trotz eines über die Jahre durchgängigen Konzepts sind immer Überraschungen drin. Da mag im Vorfeld der ein oder andere die Abwesenheit eines Dauergasts, der Klarinettistin Annette Maye, betrauert haben – um dann in der »Eiche« einem faszinierenden Zauberer auf der Klarinette, dem Russen Alexander Rodin zu begegnen und in die faszinierende Klangwelt der Formation »Wolga-Klezmer« einzutauchen. Die so reiche Musik der osteuropäischen Juden zählt zu den Konstanten des Festivals. Zum festen Ritual zählt die Eröffnung mit der Bigband des Hausacher Schulzentrums »United Sound«. Dass die Schüler mit dabei sind, ist kein übertriebener Lokalpatriotismus. Sie haben den Auftritt verdient.
Zur stilistischen Konstante des Festivals zählt der Standort Burgschänke als Heimat der Dixie-, Swing- und New Orleans-Formationen. Das Earl Dudley Jazz Trio verwöhnte die Liebhaber dieser Stilrichtungen mit kleinen musikalischen Juwelen, die durch die Knoblauch-Schwaden, die den Raum durchzogen, hindurchtönten.
Viele Ausnahme-Musiker
Zeitlich nicht weit entfernt sind die »Jitterbug Bites« angesiedelt, die im Gebrauchtmöbelhaus »Guck rein« auftrat. Bei der Trend- und Tanzmusik der 40er- und frühen 50er-Jahre war es schwer, still zu halten. Allzu vertraut sind die musikalischen Standards, die dank einer Bläserformation und Sängerin reichlich mit Variationen versehen wurden.
Zurück zu den Ausnahme-Musikern, die »Huse jazzt« Jahr für Jahr schmücken. Da gab’s neben Alexander Rodin noch einige mehr. Getrost kann man den jungen Wolfacher Saxofonisten Moritz Grübel dazuzählen, ein Zerberus der Improvisation. Im Marktcafé floss seine Musik im Trio »Triptychon« durch die Hausacher Vorfrühlingsnacht. Gelegentlich summt leise eine Kaffemaschine mit, doch die Gemälde, die Triptychon zeichnet, tragen weit fort in einen großen, unverstellten Raum.
Gleich daneben findet sich im Café Armbruster der nächste faszinierende Ohren-Schmaus. Thomas Bauser, ein junger Ausnahme-Organist auf der legendären Hammond B 3 und sein Quartett begeisterten auch beim neuerlichen Gastspiel ihr Publikum. Da blieb manch’ uneingeweihter Hörer länger dabei als im Vorfeld gedacht, und einer schwärmte, dass er kaum einen Orgelspieler mit derart ausgefeilter Pedaltechnik vernommen habe. Wer den ganzen Abend hier verweilte, hat nichts falsch gemacht.
Mega-Arrangements
Das lässt sich auch von den Ratskeller-Besuchern behaupten. Dort war das Martin-Schrack-Trio zu Gast, der Bandleader ein leibhaftiger Professor für Jazzpiano – doch sowas von unakademisch, herrlich frei – Jazz vom Allerfeinsten. Der Ratskeller gehörte für vier Stunden zu den feinsten Adressen im Land.
Der weite Ausflug in den Hausacher Osten, die Blume, lohnte sich diesmal dank des Saxofon-Quintetts »Sax nochmal«. Höchst spielerisch, wie dieses Quintett sich seines Materials bedient. Beispiele: Mega-Arrangements des Beatles-Hits Michelle oder des »Blood, Sweat and Tears«-Songs »Spinning wheel«. Zurück im Zentrum lohnte auch die Stippvisite im Löwen, wo »Manfred Junkers Journey« unter den Wolken des Kneipen-Neuanstrichs große Gemälde entwarfen. Und schließlich der abschließendeSchritt zu den »Sidesteps«, deren »leichte« Musik zur lockeren Fusion zwischen Jazz und Pop wird, ohne eine eigenwillige Größe der Arrangements zu übersehen. Und neu bei »Huse jazzt«: Blechissimo verkürzte als Überraschungsband macherorts die Pausen.