Zum Gedenktag von Buch und Bier
Ein Bierbrauer zum Buch
Philipp Ketterer ist Geschäftsführer der Hornberger Familienbrauerei Ketterer.
Welches Verhältnis haben Sie zu Büchern?
Philipp Ketterer: Bücher finde ich faszinierend. Sie sind zwar nüchtern betrachtet (und das bin ich gerade) nur eine Aneinanderreihung von Wörtern aus einer Auswahl von 26 Buchstaben. Dennoch kann von ihnen eine unglaubliche Kraft aus gehen. Bücher können Wissen und Meinungen transportieren, sie können den Leser zutiefst berühren, verschiedenste Emotionen hervorrufen, zum Nachdenken anregen, den Horizont erweitern und Impulse zum Handeln geben. Ein gutes Buch macht seinen Verfasser unsterblich, weil es seine Wirkung auch nach dem Tod des Autors weiter entfalten kann. Dieser Gedanke hat mich einmal so fasziniert, dass ich vor Jahren einmal begann, sporadisch Notizen zu machen mit der vagen Idee, diese irgendwann zu einen irrwitzigen Bestseller-Roman werden zu lassen – inspiriert von Tommy Jauds Bestseller »Vollidiot«. Sehr wahrscheinlich wird das eine launige Idee bleiben.
Haben Sie ein Lieblingsbuch?
Ketterer: Nein. Am liebsten verschenke ich aber das Buch »Jungbrunnen Bier«, das wohlgemerkt nicht von Bierbrauern. sondern von einem Mediziner verfasst wurde.
Lesen Sie regelmäßig?
Ketterer: Ich lese berufsbedingt regelmäßig viele Fachzeitschriften. An Büchern lese ich am liebsten Sachbücher. Dabei habe ich mir angewöhnt, die Essenz schriftlich festzuhalten. In den letzten Jahren habe ich für lange Autofahrten auch Hörbücher schätzen gelernt. Mein erstes war »Ich bin dann mal weg« von Hape Kerkeling, das ich während langer Läufe einer Marathon-Vorbereitung 2007 gehört habe. Das hatte schon fast etwas Spirituelles. Meistens lese ich mehrere Bücher gleichzeitig, weil ich meine Neugierde zu einem neuen Buch nicht zügeln kann und angefangene erst einmal wieder liegen bleiben. Beim Bier passiert mir das nicht. Da genieße ich schön nacheinander jedes Glas bis zum letzten Schluck.
Trinken Sie Bier beim Lesen?
Ketterer: Nicht zwingend. Abends passt es aber manchmal ganz gut, Wissen aus einem Buch förmlich aufzusaugen und den virtuellen um einen wahrhaftigen Genuss zu ergänzen.
Halten Sie ein Reinheitsgebot auch für Bücher angebracht?
Ketterer: (lacht) Da man Bücher zwar regelrecht verschlingen kann, sie aber im Wortsinn besser doch nicht essen sollte, braucht es hierfür kein Reinheitsgebot. Über das Internet kann man sich heute gut im Vorfeld über Bücher informieren, bevor man sich zum Kauf oder zur Leihe entschließt. Beim Bier bin ich ein Verfechter und großer Fan des Reinheitsgebots, das auch genügend Spielraum lässt, wirklich außergewöhnliche Biere zu brauen.
Was, glauben Sie, ist schwieriger: ein gutes Buch zu schreiben oder ein gutes Bier zu brauen?
Ketterer: Außergewöhnliche Qualität abzuliefern ist in allen Bereichen nicht einfach. In Deutschland gibt es rund 1300 Brauereien, die 5000 verschiedene Biere brauen. Dem gegenüber stehen jährlich zigtausend Neuveröffentlichungen auf dem deutschsprachigen Büchermarkt. Das nährt meine Vermutung, dass Bierbrauen schwieriger sein muss. Lassen Sie sich nicht durch die kurze Zutatenliste beim Bier (Wasser, Malz, Hopfen und Hefe) täuschen: Beim Brauprozess laufen sehr viele komplexe Reaktionen ab, was Bier zu einem wertvollen und faszinierenden Getränk mit 8 000 natürlichen Inhaltsstoffen macht – deutlich mehr als bei Wein oder grünem Tee. Ähnlich große Hochachtung wie vor Bier hätte ich daher vermutlich nur vor einem 8000 Seiten starken Buch – das wiederum von der Faszination des Biers handeln müsste.
Ein Verleger zum Bier
Wendelinus Wurth verlegt Bücher im Gutacher Drey Verlag.
Welches Verhältnis haben Sie zu Bier?
Wendelinus Wurth: Mein Lieblingsgetränk ist eigentlich Schwarztee, aber ich trinke auch Wein und Bier. Während ich Tee das ganze Jahr über und zu jeder Tageszeit trinke, gibt es für Wein eher die Winterszeit und die Zeit nach Mittag. Bier ist in der Sommerzeit angesagt, vor allem wenn es schön heiß ist, dann ist ein Weizenbier auf jeden Fall besser als Wein oder Tee.
Haben Sie ein Lieblingsbier?
Wurth: Am liebsten trinke ich Guinness, auf meinen Irlandreisen habe ich mir daran einen Narren getrunken. Aber in Deutschland wird es selten richtig serviert, eiskalt mit einer dünnen Schicht Schaum. Ersatzweise liegt mir da das dunkle Weizen von Ketterer, das kommt im Trinkgefühl an ein Guinness heran.
Trinken Sie regelmäßig Bier?
Wurth: Ja, in der Fastenzeit alkoholfreies, das ja besser ist als gar kein Bier. Alkoholfreien Wein soll es zwar geben, aber ich mag ihn mir nicht vorstellen. Im Sommer ist Bier unerlässlich gegen den Durst.
Lesen Sie beim Biertrinken?
Wurth: Nein, allenfalls wenn ich mich müde trinken will. Zum Lesen, denke ich, gehört allenfalls Wein, aber am besten ist da doch Tee, davon kann man ja auch viel trinken, ohne dass man die Konzentration verliert. Im Gegenteil, lässt man ihn kurz ziehen, dann fördert er sie eher.
Halten Sie ein Reinheitsgebot auch für Bücher angebracht?
Wurth: Das wäre keine schlechte Idee. Nur, welche Kriterien sollte ein Buch denn erfüllen? Das festzulegen stelle ich mir schwierig vor. Wenn man aber sieht, was in Deutschland unter den jährlich 80 000 Titeln alles auf den Markt kommt, dann gibt es mit Sicherheit Bücher, die nicht sein müssen. Zum Beispiel die vielen Lebensratgeber: Die meisten wiederholen, was längst bekannt ist – alter Wein in neuen Schläuchen. Ein Sprichwörterbuch ist mit Sicherheit die bessere Investition.
Was, glauben Sie, ist schwieriger: ein gutes Bier zu brauen oder ein Buch zu schreiben?
Wurth: Bier zu brauen kann man lernen, das ist ein Beruf. Das Tüpfelchen auf dem i macht dann das gewisse Etwas, den Unterschied im Vergleich zu einem durchschnittlichen Bier aus. Bücher zu machen ist auch ein Handwerk, das man erlernen kann. Das Tüpfelchen auf dem i besteht darin zu spüren, ob ein Stoff ankommt und ihn an die Leser zu bringen. Ein Buch zu schreiben ist wieder etwas anderes. Auch da kann man das Handwerkliche lernen. Da gibt es viele mehr oder weniger seriöse Schulen. Und dem einen oder anderen Buch merkt man dann auch an, dass es nach erlernten Gesetzmäßigkeiten gestrickt ist. Darüber hinaus gibt es Naturtalente, die einfach einen Drang in sich spüren, die schreiben müssen und sich nicht um Regeln scheren. Deren Bücher können auch den geübten Viel-Leser noch überraschen, weil sie nicht so vorhersagbar sind wie die Produkte der Schreibschulen. Es ist wohl beim Brauer wie beim Schreiber so, dass das, was über den Durchschnitt hinausgeht, etwas mehr braucht als nur Handwerk.