Fischbach: »Wir kriegen die Pflegereform hin«
»Die Neufassung des Pflege-Begriffs wird uns gelingen.« Diese Prognose wagte Ingrid Fischbach, Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, gestern bei ihrem Besuch beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Lahr.
Lahr. Weg von der »Minuten-Pflege« und einer defizit-orientierten Betrachtung des Patienten und hin zu einem Pflege-Begriff, der stärker die Potenziale und Bedürfnisse des Patienten ins Blickfeld nimmt – das ist der Kern der von der Großen Koalition geplanten Pflege-Reform. Das inzwischen 20 Jahre alte System der drei Stufen soll ersetzt werden durch eine Einteilung in fünf Pflegegrade je nach Beeinträchtigung, die auch Demenz und psychische Erkrankung stärker berücksichtigt.
Die Große Koalition werde diese Reform in dieser Legislaturperiode hinkriegen, versicherte Ingrid Fischbach, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, bei ihrem gestrigen Besuch beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Lahr. Die Umsetzung brauche allerdings Zeit. »Die Patienten haben es verdient, dass wir ein System einführen, bei dem man nicht ständig nachbessern muss«, meinte sie. Der neue Pflege-Begriff soll daher erst zum 1. Januar 2017 greifen.
Praxis-Test
Der MDK ist an den Vorbereitungen maßgeblich beteiligt. Denn im Rahmen einer Erprobungsphase testen mehrere Gutachter derzeit die neue Begutachtungs-Systematik in der Praxis. Die Ergebnisse fließen in eine Studie ein, die von der Uni Bremen ausgewertet wird. Eine erste Zwischenbilanz zeige jedoch, dass das neue System dem MDK sehr entgegenkommt, meinte dessen Geschäftsführer Erik Scherb. Man dürfe die Komplexität der Umstellung nicht unterschätzen; immerhin seien bis zu 200 000 Pflegefälle pro Jahr zu begutachten. Und man müsse Übergangsregelungen organisieren für die, die jetzt schon eine Pflegestufe haben.
Insgesamt werde die Pflegereform dem Bund rund sechs Milliarden Euro Mehrkosten jährlich bescheren, so Fischbach. Der Versicherungsbeitrag wird daher um 0,5 Prozentpunkte steigen müssen.
Weiteres Gesprächsthema war die Belastung der Pflegeeinrichtungen durch die Bürokratie. Vor allem die Kontrollpraxis macht ihnen zu schaffen. Derzeit läuft ein Modellprojekt, wobei in vier Einrichtungen die Prüfer von MDK, Heimaufsicht und Gesundheitsamt statt jeweils einzeln nun zusammen zur Prüfung kommen. Zudem müsse es das Ziel der Politik sein, den Umfang dessen, was zu dokumentieren ist, zu reduzieren, meinte CDU-Bundestagsabgeordneter Peter Weiß.
Insgesamt, so Fischbach, müsse es Ziel der Politik sein, dafür zu sorgen, dass Pflege in einem anderen Licht wahrgenommen wird. Dass so viele Pflegefachkräfte irgendwann »die Brocken hinschmeißen«, liege weniger an einer schlechten Bezahlung als daran, dass ihre Arbeit von vielen Menschen nicht wirklich wertgeschätzt wird.
Ein weiteres Thema des Gesprächs war die Aufgabe des MDK bei der Qualitätssicherung im Rettungswesen.