Friesenheim

Friesenheim: 1 Jahr Bürgermeister - Erik Weide im Interview

Anja Rolfes
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01. April 2017
Seit einem Jahr sitzt Erik Weide auf dem Chefsessel im Rathaus (links). Er glaubt, dass das »Neue Ortszentrum« (Hintergrund) ein Zugpferd für Friesenheim werden wird.

Seit einem Jahr sitzt Erik Weide auf dem Chefsessel im Rathaus (links). Er glaubt, dass das »Neue Ortszentrum« (Hintergrund) ein Zugpferd für Friesenheim werden wird. ©Anja Rolfes

Er ist im Alltag angekommen. Seit genau einem Jahr ist Erik Weide Bürgermeister von Friesenheim. Ob er hart auf dem Boden der Tatsachen gefallen oder weich gelandet ist, das verrät der 42-Jährige im Gespräch mit dem Lahrer Anzeiger.

Herr Weide, ein Jahr sind Sie am 1. April im Amt – ist Ihnen Friesenheim ans Herz gewachsen?

Erik Weide: Auf jeden Fall. Ich hatte schon vorher ein gutes Gefühl und es hat sich bestätigt.

Umgezogen sind Sie mit Ihrer Familie aber noch nicht? 

Weide: Nein, wir sind noch auf der Suche.

Was ist das Problem?

Weide: Die Immobilienpreise. Viel geht unter der Hand weg. Gute Grundstücke werden kaum verkauft.

Das heißt, Sie suchen nicht mehr nur nach einem fertigen Haus, sondern würden auch neu bauen?

Weide: Genau. Aber es ist nicht einfach, das Passende zu finden, wenn man, wie wir jetzt, in Ottenheim schon in einem schönen Haus wohnt.

Wie ist es, Bürgermeister zu sein? So wie Sie es erwartet haben?

Weide: Schwierige Frage. In manchen Dingen Ja, in anderen Dingen ist es anders. Ich mache mir da allerdings keinen Kopf.

Ein Beispiel, bitte!

Weide: Inhaltlich ist es so, wie ich es mir vorgestellt habe. Der Kampf mit persönlichen Befindlichkeiten ist allerdings größer als gedacht. Sehr positiv ist, wie ich in der Gemeinde aufgenommen wurde. Was mir besonders gefällt: Die jungen Leute, die Schüler hier im Bildungszentrum gleich um die Ecke, winken und grüßen immer
.
Und wie läuft es im Rathaus?

Weide: Sehr gut.

Sie mussten sich ziemlich bald nach Ihrem Amtsantritt um einige große Themen kümmern. Ein schönes war sicher die 1000-Jahrfeier von Friesenheim und Heiligenzell...

Weide: Ja. Es war zwar auch anstrengend, aber es ist toll, wenn man mit so etwas in ein neues Amt starten kann. Man kann sich positiv präsentieren.

Ganz unproblematisch war es dennoch nicht: Regen ohne Ende vor dem großen Fest im Juni.

Weide: Allerdings. Wir mussten einiges dafür tun, damit das Fest reibungslos laufen konnte. Aber es hat geklappt und die drei Tage waren ein tolles Erlebnis.

Ein heikles Thema sind die Flüchtlinge. Ende vergangenen Jahres war klar, für wie viele Friesenheim Wohnraum schaffen muss. Da muss die Gemeinde einiges Geld in die Hand nehmen. Was bleibt dafür auf der Strecke?

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Weide: Bislang ist geplant, das Ganze über eine Kreditaufnahme und eventuell Investoren aufzufangen. Natürlich haben wir bei den Haushaltsberatungen für 2017 manches gestrichen, um den Kredit nicht ausufern zu lassen. Aber man kann nicht sagen, die und die Straße wird deshalb nicht saniert. Zudem sehe ich das positiv. Ich will die Gemeinde voran bringen. Wenn wir die alten Kästen abreißen, haben wir tolle Entwicklungschancen.

Derzeit sanieren Sie aber die alten Häuser wie die Riedmühle in Oberweier.

Weide: Da wird vielleicht ein Wasserhahn ausgetauscht und so. Ich sehe das Ganze über einen Zeitraum von zehn Jahren. Durch Neubauten wollen wir sozialen Wohnungsraum schaffen. Auch der Gemeinderat will das, weil das Thema jahrelang vernachlässigt wurde. Es wurde immer nur für Einfamilienhäuser geplant. Jetzt wollen wir schauen, dass auch größere Einheiten gebaut werden können und dazu unsere Bebauungspläne künftig anders aufstellen. 

Es gibt auch Kritik, dass Sie von Anfang an hätten deutlicher machen sollen, dass der Wohnraum für alle sozial Schwachen geschaffen wird, egal aus welchem Land sie kommen.

Weide: Das habe ich immer gebetsmühlenartig gesagt. Aber wenn es anders angekommen ist, muss ich erst einmal auf mich schauen. Wir bauen keine Flüchtlingsheime, sondern Wohnraum für sozial Schwache mit Wohnberechtigungsschein. Das ist das Ziel. Und klar: Die Flüchtlinge kann man da nicht ganz rausnehmen. 

Wie gehen Sie mit der Angst vor den Fremden in der Bevölkerung um? Denn die gibt es zweifelsohne wie auch der Infoabend im Januar zeigte. Gut 90 Prozent der Wortmeldungen gingen in die ablehnende Richtung.

Weide: Meinen früheren Beruf kennt jeder. Wo viele Nationen und sozial Schwache zusammenkommen, gibt es Störungen. Aber was für Störungen sind das? Aus meiner Erfahrung mal ein Hausstreit, mal ein betrunkener Ehemann. Da ist nicht gleich der soziale Frieden im ganzen Wohngebiet gefährdet. Das versuche ich zu vermitteln. Dazu haben wir unser soziales Konzept. Darüber soll die Integration laufen. Meine Forderung an die Politik oben ist: Das Einwanderungsgesetz sollte unterscheiden, für wen wir kämpfen, dass er bleibt, und wen wir wieder heimschicken. Hier in Friesenheim kümmern wir uns um die Menschen, die kommen. Im April und Mai werden das weitere 50 sein. 

Mehr Bürgernähe hatten Sie im Wahlkampf versprochen. In die Kategorie gehört wohl der Flüchtlingsinfoabend. Wäre es nicht auch beim Thema Ortschaftsrat Friesenheim sinnvoll gewesen, erst die Bürger zu hören und dann abzustimmen?

Weide: Das war der Vorschlag der Verwaltung. Aber für eine Bürgerversammlung brauche ich den Beschluss des Gemeinderats und der hat bekanntlich anders entschieden.

Ein schöner Termin war doch sicher die Einweihung der Außenanlagen des »Neuen Ortszentrum« (NOZ)Mitte März. Glauben Sie, das Konzept geht auf und Friesenheim bekommt tatsächlich eine Art Mitte oder erfährt gar eine Belebung des Handels?

Weide: Auf jeden Fall. Wobei Friesenheim schon eine Mitte hat – und eine ganz tolle. Rathaus, Seniorenheim, Kirche, Schule, Kindergarten, Friedhof – alles auf einem Fleck. Besser kann man es nicht haben. Die Hauptstraße stört vielleicht ein bisschen, aber gerade sie sorgt für die Belebung, die das NOZ braucht. 

Stichwort Gewerbe: Wie läuft es mit der Werbung für den Standort Friesenheim? Sind neue Firmen in Sicht?

Weide: Es läuft gut. Wir tun auch einiges dafür. Wir bauen die Werbetafel an der B 3. Wir haben eine Wirtschaftsförderin. Wir arbeiten mit der WRO zusammen. Wir haben den runden Tisch der Gewerbetreibenden. Und wir haben einige Anfragen, die kurz vor dem Abschluss stehen.

Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Welche Aufgaben sehen Sie da auf sich zukommen?

Weide: Mehrere. Thema Feuerwehr: Ziel ist es, einen neuen Feuerwehrbedarfsplan zu erstellen, in dessen Rahmen auch die Standortfrage beleuchtet wird. Damit wurde ein Gutachter beauftragt. Das Konzept ist fertig. Die Betrachtungen aus dem Gutachten werden einfließen. Das wird mich eine Weile beschäftigen. Ebenso wie das Thema Grundschule-Konzept. Es geht darum, aus der Einrichtung im Kernort eine Ganztagsschule zu machen. Die Frage ist, ob in offener oder gebundener Form. Und schließlich: Was Friesenheim dringend braucht, ist ein Gemeindeentwicklungskonzept. Damit startet man eigentlich. Aber die Verwaltung ist zum Beispiel beim Thema Flüchtlinge so gefordert, dass dafür bislang keine Zeit ist. Das kann ich erst beginnen, wenn die anstehenden Pflichtaufgaben erfüllt sind. Das Konzept wird die Gemeindeverwaltung etwa ein dreiviertel Jahr stark einbinden. 

Was ist heute, nachdem Sie ein Jahr im Amt sind, Ihre Vision für Friesenheim?

Weide: Das Zusammenwachsen der Ortsteile. Aber das haben schon viele probiert.

Dagegen dürfte ein Umzug mit der Familie leichter zu organisieren sein...

Weide: (lacht) Bestimmt!

Zitat

Von April bis April

Positive Momente waren ...
... es eigentlich zu viele, um sie alle zu nennen. Natürlich die 1000-Jahrfeier. Ansonsten die Momente, in denen man erfolgreich Maßnahmen umgesetzt hat wie der Startschuss für die Erschließung des Baugebiets ›Auf der Mühl‹ nach einer langen Hängepartie, die Heimfahrt nach mancher Gemeinderatssitzung, in der gute Beschlüsse gefasst wurden. Und dann die vielen Momente mit den Menschen. Als imposantes Beispiel sei hier die Primiz von Tobias Streit in Schuttern genannt oder die gemeinsame Ausfahrt mit dem RSC Friesenheim.

Richtig geärgert hat mich ...
... die Jagdverpachtung, die durch die verschiedenen persönlichen Befindlichkeiten und das Streben nach dem eigenen Vorteil für viel Frust gesorgt hat.

Hintergrund

Wahl 2016

Drei ernsthafte Kandidaten und ein Nein-Sager gingen 2016 ins Rennen um den Chefsessel im Rathaus. Der erste Wahlgang am 24. Januar brachte keinen Sieger: Erik Weide (Ottenheim) kam auf 45,21 Prozent, Julian Christ (Stuttgart) auf 34,61 Prozent, Rafael Mathis (Kippenheim) auf 19,42 Prozent. Mathis gab auf. Da waren es nur noch zwei »richtige« Kandidaten? Nein, Thomas Braun (Oberschopfheim) tauchte auf. Das Ergebnis am 14. Februar: Weide 54,58 Prozent, Christ 43,16 Prozent, Braun 1,88 Prozent.

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