Hand in Hand zum Menü
Der Gast kann selten den Koch bei der Arbeit beobachten – der Lahrer Anzeiger schon. In der Serie »Topfgucker« haben wir erst einen Koch besucht, der den öffentlichen Blick kennt. Jetzt sind die Küchen von fünf gastronomischen Betrieben in Friesenheim dran. Heute geht es in den »Ochsen« in Friesenheim.
Der »Ochsen« hat Tradition. Mario Bähr (47) ist bereits die achte Generation, die das Landgasthaus in Friesenheim führt. Da musste er ja fast zwangsläufig Koch werden, oder? »Nein«, winkt er ab. »Ich hätte auch etwas anderes machen können. Aber ich wollte es so.« Er lacht. »Das Erste, was ich als Kind gesehen habe, war der Bereich hinter der Theke. Da wächst man in den Betrieb rein.«
Den Beruf erlernt hat er allerdings in Oberkirch. »Mein Vater war zwar auch Koch, aber bei dem durfte ich nur gucken«, sagt er verschmitzt lächelnd. Mal in diesem Gasthaus, mal in jenem Restaurant den Kochlöffel geschwungen, so wie es viele seiner Kollegen tun, hat er jedoch nicht. »Nach der Bundeswehr musste ich in den elterlichen Betrieb einsteigen.« Der Vater war krank geworden. 2000 übernahm er dann den »Ochsen«, zusammen mit seiner Frau Gabi, die sich um Organisation und Service von Gasthaus und Hotel kümmert, während er für die vielen Kleinigkeiten hinter den Kulissen und natürlich die Küche zuständig ist.
»Traditionell badisch, ohne Schnickschnack«, so beschreibt Bähr das, was auf die Teller kommt. Da kann zum Beispiel eine Markklößchensuppe gelöffelt oder ein Tafelspitz gegessen werden. Bis im Mai 2009 kochte er alles alleine. »Dann wurde es auf Dauer einfach zu viel«, erinnert er sich. Da traf es sich gut, dass Eddy Scherrer (46) gerade eine neue Stelle suchte. Den Koch kannte Bähr bereits. Die Chemie stimmte. Seitdem arbeiten die zwei Hand in Hand in der Küche.
»Jeder hat sein Revier«, erklärt Bähr. »Ich annonciere.« Das heißt: Er schaut, welche Bestellungen reingehen, gibt das an Scherrer weiter und kümmert sich darum, dass die richtigen Speisen am richtigen Tisch in der richtigen Reihenfolge im richtigen Zeitrahmen landen. Beilagen und Gemüse fallen ebenfalls in sein Ressort. Den Rest erledigt der zweite Mann in der Küche. »Er arbeitet selbstständig«, lobt Bähr. »Sonst würde es nicht funktionieren.«
»Frisch schmeckt besser«
Scherrer ist auch für die Vorbereitungen zuständig. Sechs Tage die Woche können Gäste im »Ochsen« essen, montags bis samstags, ab 17 Uhr. Etwa zwei Stunden vorher legt der Koch los. Das Gemüse muss geschnitten, die Soßen angesetzt, das Fleisch pariert werden. Letzteres bedeutet: Das Fleisch wird von Sehnen, Häuten und Fett befreit, also küchenfertig gemacht. Alles wird aus frischen Zutaten zubereitet. Kein Päckchen aufgerissen. »Frische Knochen, frische Kräuter – das schmeckt einfach ganz anders«, findet Scherrer.
Und weil alles frisch sein soll, wird auch »fast jeden Tag« eingekauft. Etwa um neun macht sich Bähr morgens dafür auf den Weg. Gegen 13 Uhr hat er dann alles besorgt. Wirklich alles? Haut das mit den Mengen immer hin? »Ja«, sagt er. »Das klappt. Ich weiß, wie viele Tische reserviert sind und mit der Zeit kennt man seine Kundeschaft.« Seine Erfahrung ist: »Unter der Woche haben wir viele Geschäftsleute. Die essen ein bisschen anders als die Pärchen am Wochenende, schätzen auch mal etwas Deftigeres.«
Apropos deftig: Darauf hat der Chef derzeit selber Appetit. Wenn die Tage kürzer und kälter werden, würde er sich gerne mal wieder eine »Rinderroulade« schmecken lassen, »schön geschmort mit Senf und Zwiebeln«, schwärmt er. Die Roulade soll deshalb auch auf die saisonale Karte kommen, die es neben den Standardgerichten gibt. Was da drauf sonst noch angeboten wird, überlegen sich Bähr und Scherrer immer zusammen. Neben der eigenen Lust aufs Leckere spielen natürlich vor allem, wie der Name schon sagt, die Jahreszeiten eine Rolle – beispielsweise Spargel im Frühjahr »oder jetzt dann die Kürbiszeit«, sagt Bähr.
Wer einen so zeitfressenden Berufsalltag hat, der muss Spaß daran haben. Und dass den Mario Bähr hat, das strahlt er aus. »Ich mag die Action, wenn das Bon-Brett voll hängt und es gut läuft.«
Mein Küchentipp
»Wenn die Salatsoße oder Fleischbrühe doch einmal ausnahmsweise versalzen ist, kann man sie noch retten, wenn man eine rohe Kartoffel schält und sie etwa drei Stunden hineinlegt.«
Mario Bähr, »Ochsen« Friesenheim