Modell des alten Friesenheimer Rathauses wird aufpoliert
Vom alten Friesenheimer Rathaus, so wie es in den 1950er-Jahren aussah, existiert noch ein Modell im Maßstab 1:75. Dieses wird nun von Schülern der Kunst-AG der Grundschule Friesenheim grundlegend für die 1000-Jahr-Feier saniert.
Das Piratenschiff »Bläck Elli« thront über dem Dorfbach in Friesenheim und wirbt für das Festwochenende der 1000-Jahr-Feier von Friesenheim und Heiligenzell. Auf dem Gelände der Zimmerei Herzog ragt ein Leuchtturm gen Himmel – an ihm wird noch gearbeitet. Am 16. April wird er als zweiter Werbeträger auf dem Festgelände vor den Toren Heiligenzells aufgestellt. Unterdessen arbeiten an der Grundschule Friesenheim Schüler der Kunst-AG an einem wesentlich kleineren Modell nach historischem Vorbild.
Keines das jedoch neu erschaffen wird, sondern eines, das einst von Zimmermeister Alfred Killius mit Schreinerkollegen Hans Bähr, Reinhold Kiesele und Helmut Wölfle gebaut wurde. Es ist ein Modell des alten historischen Rathauses im Maßstab 1:75, das in den 1950er-Jahren beim Korsofahren und wichtigen Festumzügen bis in die späten 1970er-Jahre vom früheren Radfahrverein »Berglust« Friesenheim zur Schau gestellt wurde. Den Verein gibt es nicht mehr. So gesehen ist auch das Modell selbst schon historisch.
Einen ersten großen Auftritt hatten Friesenheims Korsofahrer damit beim großen Festumzug anlässlich der 60-Jahr-Feier der Feuerwehr Friesenheim am 7. Juli 1952. Auf dem Tragegestell befand sich jedoch nicht nur die Miniausgabe des Rathauses, sondern auch der Stockbrunnen, der heute noch mit dem alten Rathaus ein Ensemble bildet, allerdings wurde dieser bei der Bachsanierung versetzt. Einst stand nämlich der Brunnen direkt am Bach. Und aus der Nachbildung sprudelte auch Wasser. Unter dem Rathaus verbarg man einen Zehn-Liter-Behälter, über eine Verbindungsleitung wurde der Stockbrunnen mit Wasser versorgt. Jene vier, die auserwählt wurden, das Rathaus samt Stockbrunnen mit ihren Fahrrädern durch die Straßen zu manövrieren, hatten es nicht leicht.
"Sah das Rathaus wirklich mal so aus?"
Für viele galt das Modell, dass das Rathaus aus jenen Jahren darstellt, als verschollen. Doch 2011 tauchte es plötzlich wieder auf, völlig ramponiert. Fast wäre es mitsamt dem Stockbrunnen entsorgt worden. Doch Ehren-Oberzunftmeister Heini Kopp brachte das Modell, das der Fasent-Zunft im Dachgeschoss der alten Schule in die Hände fiel, zu Theo Jost, dem letzten Vorsitzenden des Radfahrvereins. Dank Jost erfuhr das Rathaus-Modell eine erste Rundum-Erneuerung und in unmittelbarer Nähe seines Wohnhauses in der Friedenstraße, nämlich im ehemaligen Büro des Lahrer Anzeigers, das mittlerweile privat von einem Mitarbeiter genutzt wird, fand das Modell eine Bleibe. Anfangs wurde es zur Schau gestellt und mancher Passant an der Fensterfront wunderte sich: »Sah das Rathaus wirklich einmal so aus?«, »Schau mal, die haben ein Storchennest aufs Dach gemacht!« oder »Fehlt da nicht was?« Natürlich ähnelt es dem heutigen Rathaus nur noch in Grundzügen. Das historische Gebäude war einst eine Stubenwirtschaft, eine Bäckerei war mal drin, die Gerätschaften der Feuerwehr und sogar eine Wache des Dorfpolizisten nebst Gefängnis. Das Modell weist auch auf kugelbesetzte Zinnen an den Giebelseiten hin, die wurden 1905 angebracht. Die Zinnen mit den Sandsteinkugeln verschwanden bei einer Sanierung 1968 und die einst grünen Klappläden erstrahlen seither in den Gemeindefarben Rot-Gold. Das Storchennest, dass zuvor noch das Rathausdach zierte, wurde entfernt.
Spätestens bis zum großen Festwochenende soll nun das Rathaus-Modell eine grundlegende Renovation erhalten. Unter anderem soll auch das Dach mit Miniatur-Schindeln eingedeckt werden. Begleitet wird das Projekt von dem Leiter der Kunst-AG, dem Friesenheimer Künstler Friedhelm Müller, und dem Mitarbeiter des Lahrer Anzeigers, Wolfgang Schätzle. Beide wünschen sich, wie auch Theo Jost, dass das Modell beim Festumzug gezeigt werden kann und später einen würdigen Platz in einem der beiden Rathäuser findet. Müller will passend zum Modell auch einen »neuen« alten Stockbrunnen erschaffen, allerdings keine Holznachbildung wie bisher, sondern aus Sandstein. Und Schätzle verspricht – augenzwinkernd – einen passenden Storch fürs Storchennest.