Moschee-Streit ebbt nicht ab
Die Übergabe einer Unterschriftenliste gegen eine Moschee an der Ecke Römer-/Vogesenstraße hat die vor der Kommunalwahl durch die Lahrer CDU-Fraktion angestoßene Debatte neu entfacht. Sie ist von gegenseitigen Schuldzuweisungen aber auch – und das ist neu – von Verständnis geprägt.
Lahr. 1174 Protestnoten gegen den Bau einer Moschee am Standort Römer-/Vogesenstraße, hat die Lahrerin Ulla Steiner an Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller (SPD) übergeben (der Lahrer Anzeiger berichtete bereits am Montag). Er nehme diese Unterschriften als »Willensbekundungen« ernst, »aber ich bin mir auch darüber bewusst, dass man gegen jeden Standort Unterschriften bekommen kann, wenn man sich nur entsprechend anstrengt«, spielte das Lahrer Stadtoberhaupt gestern auf das Sankt-Florians-Prinzip an: Eine Moschee ja, aber nicht vor der eigenen Tür. Einen Alternativstandort an der Ecke Römer-/Martin-Luther-Straße schloss das Stadtoberhaupt kategorisch aus: Der Platz werde für eine Schulerweiterung vorgehalten.
Steiners Gründe
Immer wieder betont die Petentin, dass es nicht darum gehe, den Neubau einer Moschee in Lahr zu verhindern, sondern man »bitte die Stadtverwaltung, einen anderen, besser geeigneten Standort für das türkisch-islamische Kulturzentrum mit Moschee zu finden«, so die Rechtsanwaltsekretärin. Drei Gründe dafür führt Steiner auf: Erstens befinde sich das Grundstück zu nah an der dichten Wohnbebauung, zweitens sei das Grundstück mit 3750 Quadratmetern zu klein, drittens befürchtet sie vom Betrieb ausgehenden Lärm und Verkehr.
Hasan Babur, der Vorsitzende der Islamischen Gemeinde Lahrs, hatte gegenüber dem Lahrer Anzeiger bereits am Sonntag seine Verärgerung über Steiners Unterschriftenaktion zum Ausdruck gebracht. Schließlich habe man sich im Vorfeld mehrmals zu mehrstündigen und in seinen Augen von Vertrauen geprägten Gesprächen getroffen. Dass die den Verlautbarungen zufolge anfangs noch gute Atmosphäre zwischenzeitlich in das Gegenteil umgeschlagen und von gegenseitigen Schuldzuweisungen geprägt ist, bestätigte gestern ein Telefonat zwischen Steiner und dem Lahrer Anzeiger: Nicht er, sondern sie habe Grund dazu, sauer zu sein, betonte die Initiatorin der Unterschriftenaktion mit dem Verweis auf einen E-Mail-Schriftwechsel zwischen ihr und Babur, den sie als Beleg anführt.
Babur wiederum stellte gestern klar, sich durch die Unterschriftensammlung nicht verunsichern zu lassen und erneuerte seinen Wunsch, noch in diesem Jahr einen Bauantrag für das muslimische Gotteshaus zu stellen. Am 26. September wollen er und sein Architekt sich mit OB Müller, dem Ersten Beigeordneten Guido Schöneboom und Baubürgermeister Tilman Petters zu einem Gespräch treffen.
Die Petition Steiners aber bedeutet Wasser auf die Mühlen Ilona Rompels: Die CDU-Fraktionsvorsitzende des Gemeinderats hatte für ihren Vorschlag, Bürger über einen Moscheestandort mitentscheiden zu lassen, vor der Kommunalwahl scharfe Kritik geerntet. An einen Baubeginn in diesem Jahr glaubt Rompel nun nicht mehr, und anders als ihr FDP-Kollege Jörg Uffelmann sieht sie den vor der Sommerpause vom Gemeinderat gefassten Standortbeschluss auch nicht als unumkehrbar an – »sollte sich herausstellen, dass das Grundstück ungeeignet ist«. Dem OB wirft sie vor, das Verfahren »durchpeitschen« zu wollen, dabei wäre die »Stadtverwaltung gut beraten, die Befürchtungen ernst zu nehmen und eine andere Gangart einzulegen«.
Für Irritationen sorgte die Unterschriftenaktion bei Dorothee Granderath: Steiner hatte bei der Kommunalwahl 2014 auf grüner Liste für den Gemeinderat kandidiert und ist auch Parteimitglied. Frühe Äußerungen Steiners zur Moscheedebatte seien »noch in einer Form erfolgt, die ich nicht so recht akzeptieren konnte«, so Granderath. Am Ende habe Steiner jedoch »versucht, den Ball flach zu halten«. Die künftige Moschee muss Granderath zufolge geprüft werden wie jedes andere Bauprojekt. Eine wie auch immer anderweitig geartete Motivation möchte sie ihrer Parteifreundin nicht unterstellen.
Hirsch: »Mit uns nicht!«
Die gesammelten Einwände zu respektieren, dafür sprach sich gestern auch SPD-Fraktionschef Roland Hirsch aus: »Die vorgetragenen sachlichen Argumente werden in die Bewertung mit einfließen. Sollte sich allerdings ein Vorurteil dahinter verbergen, muss ich klar sagen: Mit uns nicht!«
Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Eberhard Roth, machte gegenüber dem Lahrer Anzeiger auf »das Recht der Bürgerschaft, solche Aktionen zu starten«, aufmerksam. Gleichsam hob er auf die Verantwortung des Gemeinderats ab, die Frage, ob und wo eine Moschee gebaut werden soll, »aus gesamtstädtischer Sicht zu beantworten«.
Lukas Oßwald, Stadtrat der Linken, hält den gewählten Bauplatz grundsätzlich für geeignet. In der Unterschriftenaktion sieht er stattdessen das Ergebnis einer verfehlten Informationspolitik durch die Stadtverwaltung, der er mangelnde Transparenz in ihren Entscheidungsprozessen vorwirft. Diebezüglich gebe er Ilona Rompel sogar recht, so Oßwald.