Sandra Boser besucht Dinglinger Haus
Grünen-Landespolitikerin Sandra Boser hat das evangelische Kinder- und Jugendhilfezentrum Dinglinger Haus besucht, um mit Vertretern der Einrichtung über das Thema Inklusion und das Bestreben der Landesregierung zu diskutieren, sonderpädagogische Einrichtungen zu erhalten.
Seit der Unterzeichnung der Behindertenrechtskonvention im Jahr 2007 ist der Weg in die Inklusion vorgezeichnet. Menschen mit Behinderungen sollen in allen Lebensbereichen in der Mitte der Gesellschaft verankert werden. Das gilt auch für den Bildungsbereich, in dem Baden-Württemberg nach wie vor auf das Nebeneinander der Regelschule und sonderpädagogischer Einrichtungen setzt. Spätestens zu Beginn des Schuljahrs 2015/2016 soll aber ein neues Schulgesetz erlassen werden, das Eltern die Wahlfreiheit garantiert.
Wie es genau aussehen soll, ist noch unklar, die Diskussion um Inklusion im schulischen Bereich ist emotional besetzt. Sonderpädagogische Einrichtungen fürchten um ihren Fortbestand, Regelschulen stemmen sich gegen die Aufnahme von behinderten Kindern und führen das Fehlen geeigneter Lehrkräfte sowie die mangelnde Lehrerversorgung ins Feld. Die allgemeine Verunsicherung wurde auch beim Besuch der Landtagsabgeordneten Sandra Boser am Montag im Dinglinger Haus spürbar.
Die Politikerin spricht sich klar für die Wahlfreiheit der Eltern aus sowie für eine gesetzliche Regelung, die noch in der laufenden Legislaturperiode kommen soll. »Inklusion kann aber nicht die Lösung für alle sein«, so Boser. Baden-Württemberg solle auch weiterhin als einziges Bundesland Sonderpädagogen ausbilden und eine gezielte Förderung in entsprechenden Einrichtungen ermöglichen.
Genau darum geht es auch ihren Gesprächspartnern: Wolfgang Klink, Leiter des Sprachheilzentrums im Dinglinger Haus, Holger Henning, Leiter des Heilpädagogisch-Therapeutischen Heims, Volker Euftachi, Leiter der Schule für Erziehungshilfe, und Joachim Becker, Vorsitzender des Verwaltungsrats.
Frühe Intervention
Wichtig sei es, die individuelle Problemstellung der betroffenen Kinder zu erkennen und möglichst früh zu ihrem Wohl zu intervenieren, so Klink. Er verweist auf die Kompetenz des eigenen Hauses, das mit rund 220 Mitarbeitern bis zu 234 Kinder und Jugendliche betreut: »Wenn sie zu uns kommen, sind Elternhaus und Pflegeeltern, Kindertagesstätte und Schule gescheitert.«
Es bedürfe einer intensiven Betreuung und Förderung, die im inklusiven Bereich nicht mehr zu leisten sei. Man kooperiere aber seit rund einem Jahr mit der Schutterlindenbergschule, der Grundschule Mietersheim und der Werkrealschule Seelbach. Ab dem kommenden Schuljahr soll ein Versuch gestartet werden, in dem Gruppen von fünf bis sechs Kindern in Klassenverbände der Regelschule integriert werden sollen.
Bei allen Bestrebungen in Richtung Inklusion muss Klink zufolge aber auch darauf geachtet werden, dass Kinder und Jugendliche nicht in Versuchslaboren traumatisiert werden, dass die in Regelschulen eingesetzten Kollegen nicht vom fachlichen Austausch mit anderen Sonderpädagogen abgetrennt werden und dass die Durchlässigkeit der Systeme in beide Richtungen offen bleibt.