"Schneewittchen"-Theater in der Grundschule Allmannsweier
Rund 70 Kinder der Klassen eins bis vier kamen in Allmannsweier am Freitag in den Genuss einer besonderen Märchenvorführung. Wer bisher davon ausgegangen war, dass »Schneewittchen« nur mit größerem Personalaufwand auf die Bühne gebracht werden kann, sah sich durch Julia von Maydell und Gülcan Cerdik schnell eines Besseren belehrt.
Die beiden studierten Schauspielerinnen waren zur Vorführung eigens aus Berlin angereist. »Schneewittchen« ist eines ihrer Projekte, das sie in Kooperation mit »Märchenland«, dem 2004 gegründeten Deutschen Zentrum für Märchenkultur (Berlin), umsetzen. Kurz gesagt: Hier dienen Märchen etwa als Basis gemeinsamer Wurzeln der Völker, wodurch Kinder an Themen wie Integration, aber auch Literatur herangeführt werden. Im Ried gastierte die Aufführung zudem im Rahmen des laufenden deutsch-französischen Märchenfestivals, eine weitere Verknüpfung mit der Märchenwelt.
Verbindendes wurde bereits in der Einleitung deutlich, als Cerdik (Schneewittchen) die Kinder nach ihren Herkunftsländern fragte. Da in Schwanau ganz verschiedene Nationen wohnen, kam eine bunte Mischung zusammen. Cerdik selbst wurde in München geboren, studierte in Berlin, wo sie nun auch Kinder in dem Fach unterrichtet. Ihre Familie stammt aus der Türkei. Julia von Maydell ist gebürtige Rumänin, kam mit ihren Eltern im Alter von sechs Jahren nach Deutschland. Der Bezug zum Märchen sei, »dass Schneewittchen ihr Land verlassen musste, obwohl sie nicht einmal wusste, warum«.
In 45 Minuten gelang den beiden Frauen ein wahres Kunststück. Die wesentlichen wie wichtigsten Elemente des »Schneewittchen«-Stoffs wurden ebenso kompakt wie modern, ebenso vielschichtig wie unterhaltsam aufbereitet. Das reichte von der gleichermaßen eitlen wie zickigen Königin (von Maydell) über das spielerische, strebsame Schneewittchen (Cerdik) bis hin zu zwei zählbegeisterten Zwergen (von Maydell, Cerdik). Geschickt wurden pantomimische Elemente in die Darstellungen eingebaut, unterhaltsame wie ernsthafte Aspekte der Geschichte herausgearbeitet.
Mitgefühl gezeigt
Was nicht nur die Darstellerinnen, sondern auch die Lehrer völlig überraschte, waren die Reaktionen der Kinder. Wenn die Zwerge ihren bekannten Zählvers sangen, gingen sie begeistert mit, buhten aber ebenso die böse Königin lautstark aus, wenn sie einen feigen Anschlag auf Schneewittchen verübte. Wenn sich Schneewittchen unwohl fühlte, kam unmittelbar aus der ersten Schülerreihe die mitfühlende Frage: »Bist du vielleicht schwanger?« Eine doch erstaunliche Formulierung, wohlgemerkt von Grundschülern. Nach der Vertreibung der Königin und der Verlobung von Prinz und Schneewittchen donnerte der Applaus für die begeisternde Vorstellung auf. Sofort wurden die Darstellerinnen umringt, mit Dank ebenso wie mit Fragen überhäuft.
Ebenso begeistert waren auch die Lehrkräfte. »Dass sich Kinder zwischen Klasse eins und vier für den Stoff nach wie vor begeistern können, so gefesselt waren, war schön«, zeigte sich Annegret Jäger beeindruckt. Susanne Moßmann ergänzte: »In Berlin, haben uns die Darstellerinnen erzählt, fragen die Kinder öfters, ob das ein Film sei. Hier sind die Kinder enorm mitgegangen. Das hat Frau von Maydell und Frau Cerdik sehr ergriffen.«