Lahr

Verschlungene Lebenswege

Herbert Gabriel
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23. Oktober 2014

Sie waren die Protagonisten des Lahrer Erzählsalons am Dienstagabend in der Mediathek (von links): Moderatorin Sabine Frigge und die Erzähler Ottilie Dilger, Uwe Baumann und Heinz Siebold. ©Herbert Gabriel

Das Interesse an »Lahr erzählt« wird immer größer. Beim zweiten Erzählsalon der dreiteiligen Reihe waren am Dienstagabend alle Stühle in der Mediathek besetzt. Die »Begegnungen« fesselten und regten zum Nachdenken an.

Lahr. Wie Begegnungen das Leben beeinflussen, wie Bücher zum Nachdenken anregen und wie von außen beeinflusste Berufswege zur Berufung werden können – das war am zweiten Abend der dreiteiligen Vortragsreihe »Lahr erzählt« in der Mediathek zu erfahren.
Da war Uwe Baumann, ein über die Grenzen Lahrs hinaus bekannter Mann, der von seiner »schicksalhaften Begegnung« mit Literatur zu berichten wusste. Schon mit 16 Jahren war er von Büchern gefesselt, wusste da bereits, dass sie sein Leben bestimmen und ihn zu dem Credo führen würden: »Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.«
Diesen Weg über Höhen und Täler schilderte der rührige 55-Jährige, seinen beruflichen Werdegang von der Bücher-ecke im Seelbacher Lädle bis zu »Momo«, dem Buch von Michael Ende und dem Baumann-Buchladen in Lahr. »Worte aus Büchern herausholen« war eine seiner Erfahrungen und Forderungen, die er anschaulich schilderte; die »Grauen Herren« im Roman sollte man im eigenen Leben benennen.
Der Frage aus dem Zuhörerkreis, ob es nicht zu viele Hochzeiten sind, auf denen er tanzt, entgegnete er, dass es zwar viele seien, er aber nur auf »selbst ausgesuchten« zu finden sei. Um mit dem Versprechen zu schließen, dass er im Laufe der nächsten zwei Wochen bekannt geben werde, welches die nächste sei.
Ein solches Versprechen konnte Ottilie Dilger nicht geben, dafür aber einen Bericht, der bis zum Ende spannend gewesen ist. Nämlich den über Begegnungen in den USA, die durch Zufall entstanden, aber zu einer Lebensaufgabe wurden. Da war der in den Staaten studierende Sohn, der bei einer amerikanischen Familie wohnte und den seine Eltern besuchten. Im Gepäck Vermutungen über ein fremdes Land, dessen Sprache sie kaum beherrschten, aber so freundlich aufgenommen wurden, dass sie am Ende überlegten, dort selbst sesshaft zu werden.
Sieben Häuser haben sie im Hochtal nahe Squaw Valley gebaut, sie teilweise ihren Kindern geschenkt, andere verkauft und vermietet. Und dies alles nur, weil sie von der gastfreundlichen »Begegnung« mit Menschen angetan waren, die sie mit offenen Armen empfingen, selbst im Wohnwagen nächtigten, um ihnen ein Quartier zu bieten.
Warum sie nach diesen »Begegnungen« nicht ganz in die Staaten übersiedelten, wurde die Frau gefragt, die 1938 in Rumänien geboren wurde, über Umwege in Lahr landete und 20 Jahre als Religionslehrerin wirkte. Ihre Antwort erfreute die Herzen der Besucher am Dienstagabend: »Mein Mann ist Schwarzwälder und um keinen Preis der Welt von hier weg zu bekommen.«
Bleibt noch Heinz Siebold, Jahrgang 1950, mit abgebrochenem Studium der Jurisprudenz statt dessen Besuch der Pädagogischen Hochschule mit dem Ziel Realschullehrer zu werden. Was auch reibungslos geklappt hätte, wäre Siebold nicht dem Radikalenerlass zum Opfer gefallen. Kein Wunder für jene Zeit, denn Mitglieder des Marxistischen Studentenbunds Spartakus durften auf keinen Fall in den Schuldienst, zumindest in Baden-Württemberg.
Also blieb statt des auch bei der Bundeswehr gescheiterten »Marsches durch die Institutionen« kein anderer Weg als der in den Journalismus. Dass Heinz Siebold nicht Beamter und Lehrer werden konnte, somit keine Chance hatte, Schülern den rechten Weg zu einem gleichberechtigten Miteinander aller Menschen in einer klassenlosen Gesellschaft zu zeigen, stimmt ihn nach eigenem Bekunden nicht unbedingt traurig.
Seinen Werdegang zu verfolgen, war spannend und zeigte vielen Zuhörern einen bisher verwehrten Einblick in die Zeit, als die 68er-Generation sich aufmachte, die Welt zu verändern und Althergebrachtes wegzufegen. Allein dieser Vortrag war das Kommen wert und machte Appetit auf das, was im November ansteht: »Angekommen, angenommen« – drei Menschen berichten, wie sie ihr Leben meisterten, als Fremde sich fühlend, und wo sie Hilfe und Zuspruch fanden.

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