44-Jähriger wegen gefährlicher Fahrweise vor Gericht
Zu dichtes Auffahren, Blenden mit Fernlicht, Überholen und anschließendes abruptes Abbremsen – dies alles warf die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor. Am Ende der Verhandlung verurteilte ihn das Offenburger Amtsgericht wegen Nötigung zu 2100 Euro Geldstrafe und verhängte einen Monat Fahrverbot.
Wie unterschiedlich ein und dieselbe Situation bewertet werden kann, zeigte sich einmal mehr vor dem Offenburger Amtsgericht: Laut Strafbefehl soll der 44-jährige Angeklagte am 19. Mai dieses Jahres gegen 22.30 Uhr auf der B 3 von Offenburg kommend in Richtung Hofweier unterwegs gewesen sein. Da ihm der vor ihm fahrende Pkw mit einem 24-Jährigen am Steuer und dessen Mutter auf dem Beifahrersitz zu langsam unterwegs gewesen sein soll, habe er den Vorausfahrenden mit dichtem Auffahren und Lichthupe zum schnelleren Fahren versucht zu bewegen. Als dies nicht funktionierte, soll der Angeklagte den Geschädigten überholt und anschließend bis auf Schrittgeschwindigkeit heruntergebremst haben.
Zur Polizei geflüchtet
Nachdem der junge Mann ihn daraufhin überholt hatte, soll ihm der Beschuldigte weiter hinterhergefahren sein, obwohl er die Bundesstraße in Richtung Hofweier verließ. Erst als der 24-Jährige in der Nähe des dortigen Polizeipostens anhielt, habe sich der Angeklagte entfernt. Aufgrund des Kennzeichens konnte der Halter des Wagens schnell ermittelt werden. Ein paar Tage später hat sich dieser selbst für eine Gegenanzeige wegen Nötigung entschieden: »Eigentlich fühle ich mich von ihm genötigt«, gab er noch einmal im Amtsgericht zu Protokoll.
Alles ein Versehen
Das Fahrzeug mit den Geschädigten ist laut seiner Aussage von der B 33 kommend auf seine Spur aufgefahren, sodass er stark abbremsen musste. Vor lauter Schreck sei er wohl mit der Hand an die Lichtanlage am Lenkrad gekommen, das Licht sei ausgefallen. Da es ihm nicht gelang, das Licht wieder anzubekommen, habe er notdürftig das Fernlicht angemacht. Ein paar hundert Meter weiter habe er dann angehalten und die Lichtanlage noch einmal überprüft. Dabei seien wohl die Lichter immer wieder an- und ausgegangen, ähnlich einer Lichthupe. »Das war eine heftige Stresssituation.«
Bei der Weiterfahrt habe der Pkw des Geschädigten jedoch »grundlos sehr langsam« gemacht und ihn förmlich zum Überholen gezwungen. Als der 24-Jährige dann auch noch Lichthupe gegeben habe, habe er sich gut vorstellen können, dass dieser sich »wahrscheinlich von mir genötigt gefühlt« haben müsse. Da habe er ein Handzeichen zum Rausfahren gegeben. »Ich wollte die Sache mit ihm klären.« Doch der Geschädigte sei einfach vorbeigefahren. Er natürlich hinterher, bis nach der Abzweigung Hofweier, wo der junge Mann dann doch angehalten habe. Als er gerade dabei gewesen sei auszusteigen, habe der Geschädigte Gas gegeben und sei weggefahren. Nun sei es ihm »zu blöd« geworden und er habe sich auf den Heimweg gemacht, so der Beschuldigte.
Direkt daneben gefahren
Der junge Mann und seine Mutter bekräftigten im Gerichtssaal die Vorwürfe des Strafbefehls: »Sein Fahrverhalten hat in uns große Angst ausgelöst.« Wichtig war ihnen in diesem Zusammenhang noch ein weiterer Aspekt: Beim ersten »versuchten Überholvorgang« sei der Angeklagte längere Zeit direkt neben ihnen gefahren, von einem Handzeichen hätten sie nichts mitbekommen. »Wir hatten Angst, dass er uns abdrängt, zumal Gegenverkehr herrschte und er sich auch erst im letzten Moment zurückfallen ließ.«
Da sich hier die Aussagen der Geschädigten von denen des 44-Jährigen und seiner Lebensgefährtin (»Wir haben normal und ohne Gegenverkehr überholt«) doch erheblich unterschieden und da Sohn und Mutter als glaubwürdig eingestuft wurden, verurteilte Richterin Marion Weber den Angeklagten schließlich zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 35 Euro (2100 Euro) und einem Monat Fahrverbot. Dass die Geschädigten zunächst keine Anzeige erstatten wollten, wertete auch Rechtsreferendarin Lisa Köster als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft als Indiz, dass die Nötigung alleine vom Angeklagten ausgegangen sein muss.
Rechtsanwalt Michael Hummel (Offenburg) äußerte dagegen »berechtigte Zweifel«, dass es sich um eine bewusste Nötigung gehandelt habe und plädierte auf Freispruch für seinen Mandanten, zumal der sich noch nie etwas zuschulden kommen habe lassen: »Niemand macht doch bewusst das Licht auf einer Bundesstraße aus, da muss doch etwas anderes gewesen sein.«