Gleichberechtigung: Noch lange nicht am Ziel
Dass Frauen und Männer noch nicht gleichberechtigt sind, darauf machten gestern am Weltfrauentag Aktionen vor dem Rathaus aufmerksam. »Wir sind auf dem Weg, aber noch lange nicht am Ziel«, betonte die städtische Gleichstellungsbeauftragte Regina Geppert.
Gehalt, Frauen werden oft Opfer von häuslicher Gewalt, im Ausland arbeiten viele Frauen für einen Hungerlohn in der Textilindustrie und die Arbeitsbedingungen von Hebammen müssen sich verbessern – um diese Themen ging es unter anderem gestern beim Weltfrauentag vor dem Rathaus. Das Frauennetzwerk Offenburg und Regina Geppert, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, haben das Programm auf die Beine gestellt. Zahlreiche Vereine und Organisationen beteiligten sich mit Infoständen und Aktionen am Weltfrauentag, den es seit 105 Jahren gibt.
»Wir sind auf dem Weg, aber noch lange nicht am Ziel«, sagte Geppert zum Thema Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. »Frauen auf dem Weg« lautet auch das Motto, unter dem die diesjährigen Veranstaltungen rund um den Weltfrauentag stehen (siehe Hintergrund II).
Sprichwörtlich auf dem Weg war eine Frauengruppe vom Weltladen Regentropfen, die mit Schildern durch die Stadt zog. »Mein Wasser ist vergiftet, die Umwelt zerstört. Das macht mich krank! Mein Lohn? Weniger als ein Euro pro Tag«, stand auf einem der Plakate. Auf einem anderen war zu lesen: »Eine Jeans hat bereits 60 000 Kilometer entlang der Wertschöpfungskette zurückgelegt und dabei 30 Kilogramm CO2 ausgestoßen.« Damit machten die Frauen auf die schlechten Arbeitsbedingungen der Textilindustrie im Ausland aufmerksam. In den Fabriken nähen viele Frauen Kleidung zu Hungerlöhnen. »Die Verbraucher haben die Macht«, erklärte eine der Frauen.
Als Straftat anerkennen
Häufig machtlos sind hingegen Frauen, die in Tunesien Opfer von sexueller Gewalt werden, wie Heidi Bange am Stand von Amnesty International informierte. Die Opfer haben oft nur eingeschränkt Zugang zu rechtlicher und psychologischer Beratung oder zu Hilfseinrichtungen. In einer Petition fordert Amnesty International die tunesische Regierung auf, Vergewaltigung in der Ehe als Straftat anzuerkennen, zu verhindern, dass Vergewaltiger und Entführer einer strafrechtlichen Verfolgung entkommen, indem sie ihre Opfer heiraten. Eine weitere Forderung: Einvernehmliche Beziehungen zwischen Erwachsenen außerhalb der Ehe und zwischen Personen des gleichen Geschlechts sollen nicht mehr unter Strafe gestellt werden.
Die jüngsten Besucher waren die vielen Babys und Kleinkinder, die mit ihren Müttern und auch einigen Vätern vors Rathaus gekommen waren. Die »Mother Hood«-Regionalgruppe Ortenau hatte dazu aufgerufen. Die Initiative setzt sich unter anderem für bessere Arbeitsbedingungen für Hebammen und eine bessere Versorgung von Mutter und Kind während Schwangerschaft, Geburt und erstem Lebensjahr ein. Sie fordert eine Eins-zu-Eins-Betreuung durch eine Hebamme und die freie Wahl des Geburtsortes. Die Existenz vieler freiberuflicher Hebammen ist bedroht, weil sie hohe Haftpflichtversicherungsprämien, aktuell 6300 Euro jährlich, bezahlen müssen.
»Hebammen müssen weiter Frauen und Familien betreuen können. Es muss eine Lösung gefunden werden, beispielsweise durch die Gründung eines Haftpflichtfonds, wie es ihn unter anderem in der Schweiz gibt«, erklärte Petra Matern, zweifache Mutter und Gründungsmitglied der »Mother Hood«-Regionalgruppe Ortenau. Um ein Zeichen der Solidarität mit den Hebammen zu setzen, ließen die Mütter und Väter auch rote und gelbe Luftballons in den Himmel steigen – ihr Aufdruck: »Geboren mit der Hilfe meiner Hebamme«.
Auch die Unesco-AG der Klosterschulen setzte mit einem Tanz ein Zeichen, und zwar gegen häusliche Gewalt. Jede vierte Frau in Deutschland hat sie erlebt oder erlebt sie derzeit.
Frauennetzwerk
Diese Vereine und Organisationen sind am Weltfrauentag und den Veranstaltungen dazu beteiligt: Aufschrei, ASF-Ortenau, Amnesty International, Bündnis 90/Grüne, Deutscher Gewerkschaftsbund Ortenau, Diakonisches Werk, Evangelische Erwachsenenbildung Ortenau, Frauen helfen Frauen, Frauen- und Mädchengesundheitszentrum, IG Metall, Katholische Arbeitnehmer-Bewegung, St. Ursula-Heim, Soroptimist International Club Offenburg-Ortenau, Verdi Offenburg, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten.
Veranstaltungen
◼ Heute, Mittwoch, zeigt das kommunale Kino im KiK den Film »Die Frau die singt – Incendies«. Beginn ist um 20 Uhr, der Eintritt kostet fünf Euro. Und darum geht es: Die Geschwister Jean und Smon erfüllen den letzten Willen ihrer verstorbenen Mutter und erfahren so ein erschreckendes Geheimnis.
◼ Freitag, 11. März, Kabarett »Bissfest – Dolce Vita im Sparschwein« ab 20 Uhr im Salmen. Der südländische Wirbelwind Patrizia Moresco schöpft gerne aus dem Vollen, denn sie glaubt an das Leben vor dem Tod, jeder Moment ist kostbar.
◼ Donnerstag, 17. März, 17. Begegnungsplattform Frauen in Offenburg. Los geht es um 19 Uhr in der Buchhandlung Akzente.
◼ Samstag, 19. März, Referat und Diskussion mit Manuela Rukavina, Vorsitzende des Landfrauenrats Baden-Württemberg und Vorsitzende der Verdi-Frauen in Baden-Württemberg. Am Equal Pay Day spricht Rukavina darüber, dass Frauen in Deutschland im Durchschnitt 21,6 Prozent weniger als ihre Kollegen verdienen. In dem Vortrag werden Ursachen und Auswirkungen dieser Ungleichheit beleuchtet und Wege der Veränderung aufgezeigt.