Den Laden selbst schmeißen
Es gibt eine Menge selbst verwalteter alternativer Freizeitprojekte in Deutschland – aber ausgerechnet Minigolf? Der »Kessel« will beweisen, dass das nicht nur kein Widerspruch ist, sondern völlig zwanglos klappen kann.
Offenburg. Es war Eröffnungstag, und »Kessel«-typisch wurde nicht viel Gewese darum gemacht. Zwar war mit Michael Hattenbach ein Offizieller der Stadtverwaltung dabei, aber sonst regierte am Samstag die lässige Hand, auf Neudeutsch: »Chillen danach ist der beste Teil der Arbeit!« Was nicht heißt, dass das »Kessel«–Team die Neueröffnung der Minigolfanlage gegenüber der Baustelle des Stegermatt-Freibades auf die leichte Schulter nähme. »Der Pächter hat aufgehört, es haben sich Interessenten gemeldet, bei denen das Konzept nicht stimmte, dann war da die Idee da, dass es Jugendliche machen sollen – und am Ende musste mal wieder der ›Kessel‹ einspringen«, erläutert ein Helfer lapidar, aber nicht ohne Selbstbewusstsein, wie der selbst verwaltete Jugendkeller in die Verantwortung rutschte.
In der Tat kann das Team stolz sein auf das, was 20 bis 30 Leute in wenigen Wochen geschaffen haben: Unkraut jäten, aufräumen, den Verkaufs-stand auf Vordermann bringen – und sich die Theorie des Minigolfsports anzueignen. »Einige Verantwortliche haben sich schon im letzten Sommer hier getroffen und gespielt«, weiß Sozialarbeiter Marcel Karow. Dem Bedauern über das Ende des Minigolfs an der Stegermattstraße folgte die Idee, den Laden selbst zu schmeißen, vorerst nur über die Sommerferien. »Wir haben uns beim Deutschen Minigolf-Verband informiert: Unsere Bahnen sind von der TBO einwandfrei neu in Beton mit Beschichtung ausgeführt und entsprechen damit einem von drei anerkannten Standards«, so Karow.
Samstag und Sonntag zwischen 11 und 20 Uhr ist die Anlage offen, und neben dem Spaß am Minigolf werben soziale Preise für das Projekt.
Minigolf macht einfach Spaß. »Wir spielen zum ersten Mal seit zig Jahren«, erklären Matze und Inga, »aber wir finden es geil.« Sie sind über den Flurfunk des »Kessel« aufmerksam geworden – im Gegensatz zu Christoph, Hannah, Kerstin und Oscar vom »DPSG Stamm Hildbold« aus Königsdorf bei Köln. »Gestern wäre hier noch zu gewesen?«, wundern sie sich. Sie sind im Pfadfinder-Lager in Urloffen und haben »Offenburg« und »Minigolf« gegoogelt und sind auf die Adresse in der Stegermattstraße gestoßen. Genau wie Jana, Thomas und Michael: Sie waren in der Stadt und haben sich spontan für Minigolf entschieden.
Ganz anders Gabriel Vetter, alter Kessel-Freund, der mit seinem Bekannten Malik und Sohn Emil an einer besonders kniffligen Bahn schier verzweifelt: »Wie hast du das nur in sieben Schlägen geschafft, Emil?«, wundert er sich. Der Junge zuckt lässig die Achseln – Naturtalent! Auch Martin, mit Otis (13 Jahre) auf der Strecke, seufzt: »Da ist noch Luft nach oben.«
»Luft nach oben« ist auch für Marcel Karow noch drin: »Ich kann mir die Einbindung sozialer Vereine vorstellen«, denkt er schon weiter, »so etwas wie ein Sozial-Minigolf, wie der gemeinsame Stand auf dem Weihnachtsmarkt«.