Dialog der Choräle und Psalmen
Ein besonderes Konzert hat die Einwohnergemeinschaft Hildboltsweier mit dem »Konzert der Religionen« angeboten. Das Erlebnis, »wie die anderen Gott loben und singen«, führte am Samstagabend ausgesprochen viele Menschen in die St.-Martins-Kirche.
Offenburg. Der Termin stand, das muss in diesen Tagen vielleicht extra betont werden, seit langer Zeit fest. Bereits einmal haben sich im Kinzigtal Juden, Christen und Muslime getroffen, um die religiöse Musik der jeweils anderen Glaubensgemeinschaft kennenzulernen. Die Einwohnergemeinschaft Hildboltsweier holte die Veranstaltung, die viel mehr war als ein Konzert, am Samstagabend nach Offenburg und in die St.-Martins-Kirche.
Pfarrer Eberhard Murzko erinnerte in seinen Begrüßungsworten an die Friedenserklärung verschiedener Religionen in Offenburg vom 18. Dezember 2014. Juden, Christen und Moslems stünden »auf den gleichen Beinen« – interessanterweise, das führte der evangelische Schulpfarrer im Kinzigtal, Hans-Michael Uhl, aus, auch im ursprünglichen Zugang zur Musik im Gottesdienst, der von größter Skepsis geprägt war.
Alle drei großen Religionen des Wortes waren in ihren Anfängen mit der Konkurrenz heidnischer Kulte konfrontiert, die mit Musik, Tanz und buntem Gepränge lockten. Betont nüchtern, ganz auf das Wort konzentriert, gestaltete man dagegen das Lob des einen Gottes – lediglich die heiligen Texte, sei es Tora, Bibel oder Koran, wurden mit kunstvollem und feierlichem Gesang hervor gehoben.
Rabbiner in Begleitung
Das Judentum als die älteste Religion machte den Anfang: Rabbiner Moshe Navon, am Klavier von seiner Frau Miriam und an der Violine von seinem Sohn Eli begleitet, sang das jüdische Glaubensbekenntnis »Schema jissrael«. Kurt Weills Vater Albert komponierte die Melodie zum Wechselgesang »Hallël«, den der Kammerchor Offenburg (Leitung Reinhardt Bäder) abwechselnd mit Solist Denis Lecoq anstimmte. Will man Musik beschreiben, was naturgemäß fast nicht möglich ist, so erinnern die ruhigen, eher schnörkellosen Choräle, ganz ähnlich wie die stärker rhythmisierten religiösen Gesänge des Chors der DITIB Türkisch-Islamischen Gemeinde Haslach unter der Leitung von Imam Mücahit Güzel, am ehesten an gregorianische Gesänge oder die Litaneien, die vor allem vor den II. Vatikanischen Konzil auch die katholische Messe bestimmten.
Nach einer Koran-Rezitation in arabischer Sprache sang der Chor in Türkisch, am Anfang und zu Ende von der Langflöte Ney, gespielt von Imam Adem Peker aus Eberbach, ein Programm von mehreren Werken, darunter innige Gebete wie »Mein Leben für deinen Weg« oder »Ich liebe dich zum Anbeten« oder fast poetische Titel wie »Nachtigallen in der Morgenröte«. Sie haben sich im türkisch-osmanischen Reich entwickelt, wobei sie nach wie vor nicht in der Moschee, sondern vielmehr bei religiösen Familienfeiern erklingen.
Der reichen und zu einer ganzen Kunstform gewachsenen Schatz der Kirchenmusik, aus dem der Kirchenchor der katholischen Gemeinde Heilig Geist unter der Leitung von Martin Drews exemplarische Werke aus vielen Epochen vortrug, verdankt sich der Reformation. Martin Luther selbst habe, so erklärte Pfarrer Uhl, ganz bewusst das bisher verpönte Volkstümliche, die »schönen und harmonischen« Melodien, in den Gottesdienst eingebaut.
Hiervon nahmen zunächst die Katholiken, später die Juden und die mit dem Westen in Berührung gekommenen Osmanen Anregungen auf – ein Zugeständnis an den Kunstgenuss, das den »alten« Juden, Christen und Moslems vermutlich unisono ein Stirnrunzeln entlockt hätte!
Ein Glied verbindet alle drei großen Wortreligionen, und das sind die Psalmen. Und so endete das Konzert auch mit einem gemeinsam in Hebräisch, Deutsch und Türkisch gesungenen Kanon nach Psalm 133.
HINWEIS: Organisator Thomas Rothkegel hat die Einwohnergemeinschaft und alle anderen Interessierten zum nächsten Konzert am Samstag, 7. Februar, eingeladen. Im Rahmen des Schwerpunktes »Mittelmeer« erklingt die arabische Oud, ein Saiteninstrument.