Offenburg

Ein Leben für die Sozialdemokratie

Anne Junk
Lesezeit 4 Minuten
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23. Februar 2012
Archivfoto - Adolf Geck war Sozialdemokrat durch und durch. Der Vorsitzende der Offenburger SPD gründete 1899 die Zeitung »D’r alt Offeburger«.

Archivfoto - Adolf Geck war Sozialdemokrat durch und durch. Der Vorsitzende der Offenburger SPD gründete 1899 die Zeitung »D’r alt Offeburger«.

In einer großen Serie taucht das Offenburger Tageblatt in die Offenburger Stadtgeschichte ein. In zwölf Folgen stellen wir immer dienstags und donnerstags begleitend zur neuen Dauerausstellung im Ritterhausmuseum spannende und prägende Ereignisse der Jahre 1840 bis 1970 vor. Heute: Die Gecks – eine sozialdemokratische Familie.

Offenburg. August Bebel war ihr Trauzeuge, Rosa Luxemburg kam zum Tee – Adolf und Marie Geck waren mit führenden Persönlichkeiten der deutschen Linken befreundet. In der neuen stadtgeschichtlichen Ausstellung des Museums im Ritterhaus befinden sich Gegenstände und Dokumente aus dem Nachlass der sozialdemokratischen Familie, die weit über Offenburg hinaus gewirkt hat.

Da ist zum Beispiel eine liebevoll gefertigte und ursprünglich wohl gerahmte sozialdemokratische Stickerei. In der Mitte ein Bild des jungen Adolf Geck in einem mit goldenen Blumen verzierten Papierrahmen, rechts und links jeweils eine rote Fahne und dazwischen pflanzliche Applikationen, Farn und Edelweiß. Beides sind recht gegensätzliche Kräuter. Während das Edelweiß gemeinhin für Reinheit, Schönheit und Ehrlichkeit steht, gilt der Farn als geheimnisvolle Zauberpflanze, die sogar unsichtbar machen kann.

Weniger geheimnisvoll ist dagegen die Bedeutung des – natürlich mit rotem Faden gestickten – Verses »Mann der Arbeit aufgewacht und erkenne deine Macht. Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will«. Georg Herwegh, der 1848 für die Freiheit gestritten hatte, schrieb diese Zeilen 1863 anlässlich der Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, aus dem später die SPD hervorging.

Als überzeugter Sozialdemokrat – Geck war der erste Sozialdemokrat, der ins Präsidium der Zweiten Badischen Kammer gewählt wurde – waren Herweghs Verse für ihn Programm. Zudem fühlte er sich zeitlebens den Idealen der Badischen Revolution verpflichtet, für die sich auch seine Vorfahren und sein Vormund Armand Goegg eingesetzt hatten.

Im Bestand des Museums findet sich eine ähnliche Stickerei. In ihrem Zentrum prangt ein Foto August Bebels (1840 bis 1913), umgeben von den obligatorischen roten Fahnen und den pflanzlichen Beigaben und umrahmt von den gestickten Worten »Nicht betteln nicht bitten, nur mutig gestritten, nie kämpft es sich schlecht, für Freiheit und Recht«. Bebel hatte nicht wenig Anteil daran, dass Marie und Adolf Geck zusammenkamen. Er galt als Ehestifter für die beiden und als politischer Wegweiser für die junge Marie Moßmann. Schließlich hatten sich die beiden bei der Diskussion der Thesen von Bebels Werk »Die Frau und der Sozialismus« angefreundet.

So ist es nicht verwunderlich, dass Bebel 1891 der Trauzeuge des jungen Paares wurde. Ein Hochzeitsgeschenk brachte er selbstverständlich mit: einen üppigen bürgerlichen Tafelaufsatz, mit niedlichen Putten und glückverheißender Symbolik schwer beladen. Das Geschenk erfüllte seinen Zweck: Die Ehe war liebevoll, glücklich und fruchtbar.

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Das Paar zog in Gecks Heimatstadt Offenburg. Dieser war damals Vorsitzender der badischen SPD und hatte 1880/81 die Herausgabe des »Volksfreundes« übernommen, der bald zum Parteiorgan der badischen SPD avancierte. Als der »Volksfreund« 1899 nach Karlsruhe umzog, war Geck verärgert und gründete im gleichen Jahr das Wochenblatt »D’r alt Offeburger«. Die Zeitung beschäftigte sich in satirischer Form mit sozialen Alltagsproblemen und kommunalpolitischen Ereignissen. Außerdem wurden Bildungs-, Frauen- und Armutsfragen thematisiert. Der Leitartikel des Wochenblatts war stets im Offenburger Dialekt gedruckt.

1933 hebelte die Notverordnung »Zum Schutz von Volk und Staat« den Verfassungsschutz für die Presse aus. »D’r alt Offeburger« durfte nun nicht mehr erscheinen.

Die Geschäftsführung hatte nicht selten Marie Geck übernehmen müssen, da Adolf als sozialdemokratischer Landtags- und Reichstagsabgeordneter oft auf Reisen war.

Daneben verfasste Marie auch eigene journalistische Beiträge, engagierte sich in der Kommunalpolitik und war als erste Frau vollwertiges Mitglied des Offenburger Armenrats. 1923 wurde sie zur Bezirksrätin ernannt.

Hintergrund:

Das kleine, angeschlagene Teekännchen stammt aus dem Besitz der linksradikalen Revolutionärin Rosa Luxemburg (1871-1919), die freundschaftlich mit der Familie Geck verbunden war. Nach der Ermordung Rosa Luxemburgs erhielt zunächst ihre Berliner Kampfgenossin Mathilde Jacob das Kännchen als Andenken.

Diese schenkte es später Rotraud Weckerle-Geck, die es mit nach Offenburg brachte. Obwohl es mehrfach beschädigt ist, hütete sie es lange Jahre wie eine Kostbarkeit. Auf Umwegen gelangte es in den Bestand des Museums. Rosa Luxemburg trank bei ihren Besuchen bei den Gecks Tee aus diesem Kännchen. In seiner Bescheidenheit und einfachen Zweckmäßigkeit steht das Kännchen für seine ehemalige Besitzerin, die ihr Leben lang gearbeitet, die familiären und geschäftlichen Dinge zusammengehalten und gleichwohl die Zeit für ein außergewöhnliches politisches und soziales Engagement erübrigt hat.

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